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Neonazis in Nadelstreifen

Neonazis in Nadelstreifen

Titel: Neonazis in Nadelstreifen
Autoren: Andreas Andrea und Speit Roepke
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verliert die NPD in Mittelfranken eine zentrale Organisationsstruktur. Der Kameradschaftsbund Hochfranken warnt, Ralf Ollert stehe für einen »Wischi-Waschi-Kurs«, solange er die Partei in Bayern führe, würden keine »Wahlkämpfe und Frondienste für die NPD -Bayern« mehr zugesagt. Eine beunruhigende Entwicklung für den Landesverband. Es darf jedoch erwartet werden, dass die Aktivitäten der Kameradschaften wegen dieser Auseinandersetzungen mit der Partei nicht zurückgehen werden. Die NPD selbst wird die Wahlkampfkostenrückerstattung für den Ausbau ihrer Netzwerkstrukturen nutzen.
    Schon kurz nach der Landtagswahl hatte Sascha Roßmüller die interne Zerstrittenheit des »nationalen Parteienlagers« als ein selbst verursachtes Problem ausgemacht. »Es zeigt sich einmal mehr, dass konkurrierende Wahlantritte nationaler (Nationaldemokraten), rechtskonservativer (Republikaner) und landsmannschaftlich-konservativer Parteien (Bayernpartei) ernstzunehmende Erfolge massiv erschweren«, betonte er – und dachte an die Parteioptionen. Auch bei dem Bundesparteitag in Bamberg einige Monate zuvor war schon grundsätzlich über das Weiterbestehen des Wahlbündnisses mit der DVU und die weitere Zusammenarbeit mit den Kameradschaften gestritten worden.
    Im Bamberger Hegelsaal im Mai 2008 mussten die Parteitagsgäste lange auf eine Stellungnahme zu den Wahlabsprachen mit der Deutschen Volksunion warten. Der NPD -Bundeschef Udo Voigt und der DVU -Bundesvorsitzenden Gerhard Frey hatten 2005 im »Deutschland-Pakt« vereinbart, wann und wo ihre Parteien bei Wahlen antreten sollten. 2009 stehen jedoch mehrere Wahlen an, da werden neue Wünsche wach. Vor allem jüngere NPD -Mitglieder fordern, dass die DVU in Thüringen antreten solle. In dem Bundesland ist die NPD dank gut gewachsener Kameradschaftsstrukturen mittlerweile wesentlich stärker als die DVU verankert. Dem Parteitag lag deshalb auch ein Antrag des Landesverbandes Thüringen vor, im dem der »Parteivorstand« aufgefordert wurde, »sich mit den zuständigen Gremien der DVU ins Benehmen zu setzen, um auch für die Zukunft Wahlabsprachen zu treffen, damit konkurrierende Wahlantritte von NPD und DVU verhindert werden können«. Das klang höflich und war doch ein Kampfansage an die Partei von Gerhard Frey. Weniger freundlich forderte der Kreisverband Hamburg-Altona per Antrag in Bamberg ungeniert, den »Deutschlandpakt mit der DVU neu zu verhandeln«. Anträge, die sich auch gegen die Bundesführung richteten, denn diese ließ offen, ob nachverhandelt werden könnte. Aber in Bamberg offenbarte sich auch, dass interne Absprachen längst getroffen worden waren. Das zeigte sich, als am Ende des Parteitags der Hamburger DVU -Funktionär Matthias Faust im Grußwort seiner Partei ohne viele Worte erklärte, die DVU sei Neuverhandlungen der Wahlabsprachen gegenüber nicht abgeneigt – und erhielt dafür großen Applaus. Udo Voigt hob gegenüber der Presse hervor, er sei sicher, dass die NPD in Thüringen kandidieren werde.
    Zuspruch suchte Udo Voigt im Hegelsaal auch, als er zu dem Verhältnis der NPD zu den »Freien Kameradschaften« Stellung nahm. Er war sich bewusst, dass seine Ausführungen besonders zu den »Autonomen Nationalisten« ( AN ) genau verfolgt werden würden. Denn quer durch Partei und Kameradschaften befürchten Kader einerseits, dass diese Kameradschaftsstrukturen mit ihrer massiven Gewalttätigkeit die mühevoll aufgebaute Verbürgerlichungspolitik der NPD karikieren könnten. Andererseits bejubeln viele Aktivisten die AN für ihre militante Aktionen. Innerhalb der Kameradschaftsszene haben sich die »Autonomen Nationalisten« zu vitalen und aggressiven Strukturen entwickelt. »We will rock you« ist in dieser Szene aus bundesweit etwa 500 Neonazis kein bloßer Slogan. Nicht nur ihr Name ist vom politischen Gegner entliehen, auch ihr Outfit – dunkle Kappen, Outdoorjacken und Kapuzenpullover – haben sie von der linken Szene kopiert. Sie hören außer Rechtsrock auch Hardcore und Hip-Hop-Musik und greifen linke Aktionsformen auf. Als »Schwarzer Block« erscheinen sie bei NPD -Aufmärschen. Oft kann ein Außenstehender erst an einem kleinen Button mit der Aufschrift »Autonome Nationalisten« erkennen, welcher Gesinnung der Betreffende anhängt.
    Erstmals tauchten »Autonomen Nationalisten« 2002 auf. Linkes Outfit und autonome Aktionsformen kopierten Neonazis nach 1945 schon öfters. Der Mitbegründer der »Freien Kameradschaften«, Christian Worch aus
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