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Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Titel: Nemesis 04 - In dunkelster Nacht
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Schweiß gebadet auf dem schmalen Bett in meinem Zimmer –
    eine Berührung hatte mich auffahren lassen. Es war Judith, die sich weit über mich gebeugt hatte, sodass ihr Gesicht sich ganz dich vor dem meinen befand. Sie streichelte mit dem Handrücken besorgt meine Wange.
    Noch immer tobte der Schmerz hinter meiner Stirn, zusätzlich verspürte ich wieder das dumpfe Pochen in meinem Hinterkopf, für das wahrscheinlich die Gehirnerschütterung verantwortlich war – laut Ellen das Mindeste, was ich von der Schlägerei mit dem dicken Wirt davongetragen hatte. Im ersten Moment blickte ich instinktiv auf Judiths Handgelenke, um mich davon zu überzeugen, dass daran keine Marionettenschnüre befestigt waren. Selbstverständlich war dort nichts, aber ein ungutes Gefühl, das mir aus meinem Traum in die Realität gefolgt war, blieb, und ich hatte das Gefühl, dass hier irgendetwas nicht stimmte, dass Judith sich auf seltsame Weise verändert hatte, ohne dass ich in der Lage gewesen wäre, diese Veränderung, die ich irgendwo im unscheinbaren Detail witterte, zu beschreiben. Blinzelnd versuchte ich Judiths Blick zu erwidern und beschämt über meine eigenen Gedanken so etwas wie ein entschuldigendes Lächeln in meine Züge zwingen, aber mein Versuch scheiterte kläglich. Judiths nur umso besorgteres Stirnrunzeln verriet mir, dass meine verzweifelte Grimasse mich eher noch bemitleidenswerter erscheinen ließ.
    »Das genügt!«, hörte ich Carl mit schroffer Stimme sagen. »Bring den Simulanten auf die Beine.« In der nächsten Sekunde stach blendendes weißes Licht in meine Augen. Erschrocken hob ich die Hand und kniff die Augen schnell wieder zu. Der Wirt hatte den Handscheinwerfer an sich genommen und hielt ihn direkt auf mein Gesicht gerichtet. »Hoch mit dir, Jungchen!«
    Da war noch etwas gewesen. Der Dicke hatte es in der anderen Hand gehalten, aber ich hatte nur einen winzigen, wenig aufschlussreichen Blick darauf erhascht, ehe der Althippie die Taschenlampe in seiner Linken zu einem individuell auf mich zugeschnittenen Folterwerkzeug umgemünzt hatte. Etwas kleines Silbernes ... Marias verchromte Pistole!
    »Was ... ist mit Maria?«, fragte ich in flüsterndem Ton.
    Meine eigene Stimme klang mir fremd in den Ohren – sie war zu hell, fast schon kindlich.
    »Hat sich 'ne Kugel durch den Kopf geblasen, die Irre«, antwortete Carl, dessen Anteilnahme an diesem Umstand sich, gelinde gesagt, hörbar in Grenzen hielt. »Zum Glück hielten die beiden Damen hier es für eine gute Idee, immer noch betroffen in den Hof zu starren, als ich schon auf dem Weg zur Treppe war.«
    Mutig öffnete ich die Augen zwei, drei Millimeter weit und blinzelte dem Wirt entgegen. Carl lächelte herablassend. Seine unterwürfige Ängstlichkeit war wieder einer widerlichen Überheblichkeit gewichen, die mich aber nicht wie zuvor nur ärgerte, sondern in diesem Fall tatsächlich beängstigte. Der Wirt hatte eine Schusswaffe!
    Ich verfluchte Ellen insgeheim für ihre unglaubliche Dummheit, ihn aus den Augen gelassen zu haben, nur um eine Tote auf dem Pflaster ausgiebig zu betrachten.
    Betroffenheit und Schrecken hin oder her – das hätte nicht passieren dürfen!
    »Ich war als Erster bei ihr.« Carl rümpfte angewidert die Nase. »Kein schöner Anblick ... Ihr Kopf sah aus, wie 'ne geplatzte Melone. Die Knarre lag ein Stück neben ihr.«
    »Wie lange war ich ohnmächtig?«, wandte ich mich noch immer in fast flüsterndem Tonfall an Judith. Ich hörte, wie meine Stimme zitterte. Mein Herz gab sich gar nicht erst die Mühe, nach meinem Erwachen wieder einen normalen Rhythmus anzunehmen, sondern hämmerte weiter in zunehmender Panik von innen auf meine Brust ein.
    »Nicht sehr lange«, antwortete Judith kopfschüttelnd.
    »Vielleicht zehn Minuten. Du hast die meiste Zeit etwas vor dich hin gesummt. Eine Melodie. Man konnte dich einfach nicht aufwecken, so etwas habe ich noch nie erlebt.«
    »Ich schon«, schaltete sich Ellen, die irgendwo außerhalb meines Blickwinkels stand, mit tonloser Stimme ein. »Für mich sah das so aus, als wärest du ein Junkie, der sich den Goldenen Schuss gesetzt hat. Du warst völlig weggetreten, nicht mehr von dieser Welt.«
    »Vielleicht ist er ja ein Junkie,«, schnaubte Carl verächtlich und grinste hässlich, »so dünn und blass, wie er ist.«
    »Es gibt keine Einstiche an den Armen oder anderswo.«
    Die Ärztin trat neben Judith und maß mich mit einem müden, abgeschlagenen Blick, und ich hatte den Eindruck,
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