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Nelson sucht das Glück

Nelson sucht das Glück

Titel: Nelson sucht das Glück
Autoren: Alan Lazar
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nach etwa einem Jahr hatte sie das Gefühl, wegen all der unschönen Erinnerungen an Don dort einfach nicht mehr leben zu können. Dabei fürchtete sie, Nelson könne eines Tages nach Hause kommen, und sie wäre nicht mehr da, weil sie weggezogen war.
    Während ihre Ehe in die Brüche gegangen war, hatte Kateys Karriere als Pianistin geboomt, und im Grunde hatte das eine mit dem anderen zu tun. Oft, wenn sie abends allein zu Hause war, übte Katey für ihre Konzerte, weil sie nichts anderes zu tun hatte, und so wurde das Klavierspiel noch viel mehr als früher zum Ventil ihrer Gefühle. Diejenigen, die ihre Musik hörten, bemerkten das, auch wenn sie die Ursache der Leidenschaft in ihrem Spiel nicht kannten.
    Immer öfter hatten Kateys Auftritte sie nach Kalifornien geführt, wo es in San Francisco und Los Angeles eine besonders lebhafte Kulturszene gab, die sie mit offenen Armen empfing. Als ihr Agent den Vorschlag gemacht hatte, an die Westküste zu ziehen, war sie zunächst gegen die Idee gewesen. Insgeheim wusste sie, dies lag daran, dass sie immer noch befürchtete, Nelson würde nach Hause zurückkehren und sie nicht mehr vorfinden. Doch nach sechs Monaten der Unentschlossenheit und einiger Überzeugungsarbeit ihrer Freunde hatte sie die Entscheidung getroffen, umzuziehen. Sie liebte das sonnige Wetter in Kalifornien, weil es ihr gute Laune machte, und so hatte sie all ihre Kraft zusammengenommen und den großen Schritt gewagt.
    Und es war eine gute Entscheidung gewesen, nach L. A. zu ziehen, denn ganz gewiss war sie ohne die ständigen Erinnerungen an ihre gescheiterte Ehe glücklicher. An einem sonnigen Tag war das Licht in Los Angeles strahlend und weiß, ein Farbenspiel, das Katey sonst nirgendwo gesehen hatte. Manchmal, wenn sie durch die riesige Stadt fuhr, konnte sie allein durch das Licht, das alles durchflutete, in einen Zustand der Verzückung geraten. Regentage gab es hier selten. Jeder, der hier lebte, schien immun gegen all die Belastungen des Lebens zu sein, und so klang auch in Katey der Schmerz, den sie nach dem Verlust von Don und Nelson empfunden hatte, allmählich ab.
    Nelson hätte am liebsten ununterbrochen an Katey geschnuppert, als sie endlich wieder zusammen waren. In vielerlei Hinsicht roch sie genauso wie früher. Doch da war auch ein Baustein in dem komplexen Gebäude ihrer Duftmoleküle, der neu war. Er konnte nicht genau erkennen, was es war. Seine Nase zuckte, als sich dieser Geruch, der ganz tief aus ihrem Körper zu kommen schien, über die anderen Bestandteile legte, als wollte er sie abrunden. Es war ein Duft, den er an einem Mann noch nie gerochen hatte, erst recht nicht an Evan, der in etwa so alt war wie Katey.
    Was Nelsons bemerkenswerte Nase erschnüffelte, war etwas, das Katey selbst nicht riechen konnte und das doch Ausdruck der Gefühle und Gedanken war, die Katey in jenen Jahren fast ständig durch den Kopf gingen. Als sie Don geheiratet hatte, hatte sie angenommen, sie würden schon bald Kinder bekommen. Damals hatte sie daran nicht allzu viele Gedanken verschwendet, weil sie ihre leidenschaftlichen Gefühle für ihren Ehemann genoss und in der Zeit ihre Karriere eine erste Blüte erlebte. Doch für Katey hatte gar kein Zweifel daran bestanden, dass sie eines Tages Kinder von Don zur Welt bringen würde. Mit seiner Untreue hatte er all das zunichtegemacht. Nachdem er ausgezogen war, war das Thema zunächst für sie nicht mehr aktuell gewesen, doch während sie allmählich auf die vierzig zuging und sich in Los Angeles niederließ, fielen ihr mehr als je zuvor die vielen Babys und Kleinkinder auf, denen sie auf der Straße begegnete. Oft hörte sie das Kichern von Kindern in dem Park, wo am Wochenende ihr Aerobic-Unterricht stattfand. Ihr war bewusst, wie sich das Leben ihrer Freundinnen veränderte, als sie, eine nach der anderen, Babys bekamen. Auf einmal war der Kinderwunsch eine sehr konkrete und bewusste Überlegung für Katey.
    Kurz war ihr sogar die Idee gekommen, allein ein Kind großzuziehen, doch sie machte sich Gedanken darüber, wer dann auf ihren Nachwuchs aufpassen sollte, wenn sie auf Tournee war. Die Erinnerungen an eine Kindheit, die sie teilweise ohne Vater erlebt hatte, brachten sie von dieser Idee wieder ab. Nach ihrem Umzug nach Los Angeles war sie mit einigen Männern ausgegangen, doch es dauerte, bis sie wirklich jemanden gefunden hatte, von dem sie glaubte, er könnte der Richtige sein. Sie hatte Evan eines Morgens in dem Postamt kennengelernt.
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