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Nelson, das Weihnachtskaetzchen

Nelson, das Weihnachtskaetzchen

Titel: Nelson, das Weihnachtskaetzchen
Autoren: Hannes Steinbach
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Tränen.
    »Mir auch, Papa. Mir auch.«
    Dann waren die Enkelkinder dran. Arthur drückte die beiden fest an sich. Sie waren so groß geworden. Es schmerzte ihn, sie in ihrer Entwicklung nicht begleitet zu haben. So viel Zeit war verloren gegangen, und alles nur wegen eines so unnötigen Streits.
    Schließlich löste er sich und sah sie alle fassungslos an. »Aber woher …? Ich meine, wieso …?«
    Die Sprache versagte ihm. Wieso habt ihr das getan?, wollte er fragen. Wieso beschert ihr mir dieses Weihnachtsfest, obwohl wir doch seit Jahren nicht mehr miteinander sprechen und es die ganze Zeit über nicht geschafft haben, uns zu versöhnen?
    »Da gibt es jemanden, der den Anstoß dazu gegeben hat«, sagte Anna. »Ein Weihnachtsengel sozusagen.«
    In diesem Moment öffnete sich die Küchentür, und Liselotte trat ein. Sie strahlte übers ganze Gesicht. Nun war Arthur völlig verdattert.
    »Liselotte? Bist du nicht in Spanien?«
    Sie schenkte ihm ein warmes Lächeln. »Ich hatte keine Lust auf Palmen. Nicht an Weihnachten. Außerdem gab es noch ein Rätsel, das ich lösen musste. Vorher konnte ich nicht fliegen.«
    »Ach ja? Was denn für ein Rätsel?«
    »Wohin Nelson verschwunden ist«, sagte sie. »Er war ja nicht einfach weitergezogen, wie es eine streunende Katze macht. Da steckte mehr dahinter, und das wollte ich herausfinden. Entschuldige bitte meine Neugierde, Arthur.«
    »Aber nein, das ist doch nicht schlimm.« Er lächelte. »Du hast also die Wahrheit herausgefunden?«
    »Ja. Als ich nach meinem letzten Auftritt als Märchenerzählerin nach Hause fahren wollte, bin ich auf dem Weg zur Straßenbahn über ein Suchplakat gestolpert. Es hing an einem Baum unterm Fernsehturm. Nelson war darauf abgebildet. Es gab also tatsächlich einen Besitzer, der nach ihm suchte. Ich habe gleich die Telefonnummer vom Plakat gewählt, und die Frau am anderen Ende, Dorothee Grünberg, hat mir dann eine sehr erstaunliche Geschichte erzählt.«
    »Warum hast du denn nichts gesagt?«, fragte Anna ihren Vater. »Ich habe mich ja ganz schrecklich benommen, als du mir Nelson vorstellen wolltest. Das wollte ich nicht.«
    »Natürlich wolltest du das nicht«, sagte Arthur. »Das Ganze hat mich einfach kalt erwischt. Deshalb bin ich wieder gegangen. Ich wollte in Ruhe über alles nachdenken.«
    »So etwas Ähnliches hatte ich mir schon gedacht«, sagte Liselotte. »Deshalb bin ich zum Wannsee rausgefahren, um mir einen Reim auf das Ganze machen zu können.« Sie wirkte nun ein bisschen zerknirscht. »Tut mir leid, Arthur. Du musst mich wirklich für eine penetrante Person halten. Verzeihst du mir?«
    »Ob ich dir … verzeihe? «
    Er lachte laut und nahm sie in den Arm. Es war eine impulsive Umarmung, doch dann spürten sie plötzlich die Nähe des anderen. Arthur löste sich verlegen. Er lächelte Liselotte an.
    »Ich danke euch allen, dass ihr hier seid«, sagte er. »Es ist eine wunderschöne Weihnachtsüberraschung für mich. Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen. Danke.«
    Alle taten das wortreich und lachend ab. Dennoch war die Wärme im Raum zu spüren. Sie teilten Arthurs Glück.
    Während sich Anna und die anderen wieder dem Essen zuwandten, zog Arthur Liselotte nach nebenan, um ihr etwas zu überreichen.
    »Ich habe noch ein Geschenk für dich«, sagte er. »Das wollte ich dir schon auf dem Weihnachtsmarkt geben.«
    Er holte eine in Füllpapier eingepackte Krippenfigur hervor.
    Es war die Marienfigur, die er nicht verkaufen wollte. Sein Meisterwerk. Erwartungsvoll übergab er das Bündel Liselotte, die es vorsichtig öffnete.
    »Oh Arthur«, hauchte sie, als sie die Figur ausgepackt hatte. Dann blickte sie auf, lächelte glücklich, beugte sich vor und gab ihm einen Kuss auf den Mund.
    Auch das war ein Impuls gewesen, einer, der sie offenbar selbst überraschte, denn sie senkte verlegen den Blick. Arthur war plötzlich befangen, wenn er auch ein warmes Gefühl in seiner Brust spürte.
    Sie wurden von Anna erlöst, die mit einer Suppenschüssel ins Zimmer trat.
    »Das Essen ist fertig«, sagte sie. »Es gibt Hochzeitssuppe und danach Karpfen mit Petersilienkartoffeln.«
    »So, wie es bei uns immer Tradition war«, sagte Arthur.
    »Du hast doch nichts dagegen?«
    »Nein, ganz im Gegenteil. Es ist wunderbar.«
    Alle nahmen am Tisch Platz. Arthur blickte zufrieden in die Runde. »Ich habe gar keine Geschenke für euch«, sagte er. »Hätte ich das nur geahnt …«
    »Wir haben auch nichts für dich, Opa«, rutschte es Max
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