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Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)

Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)

Titel: Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
Autoren: Arne Dahl
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Politik einkehren zu lassen.

6 – Die Blindheit

Blindekuh
Gnesta – Den Haag, 15. Juli
    Das bärtige Kellerwesen mit dem kugeligen Haarschopf erinnerte hier im Unterholz eher an einen Troll. Es bewegte sich erstaunlich sicher zwischen den Bäumen, als sei es hier zu Hause. Es sah aus, als würde es einem inneren Kompass aus längst vergangenen Zeiten folgen. Als sich der Wald jenseits des letzten Pappelhains lichtete, hielt es abrupt an.
    Die Familie, die ihm durch den Wald gefolgt war, blieb direkt hinter ihm stehen. Sie sahen bestimmt nicht genau das, was er sah, aber das, was sie sahen, war großartig. Der kleine Waldsee glitzerte in der Sonne und zauberte unzählige Lichtreflexe auf die kleine verfallene Hütte. Nichts erinnerte mehr an den entsetzlichen Abend vor gut einer Woche.
    »Wahnsinn«, sagte die neunjährige Isabel.
    »Ich will baden«, sagte der fünfjährige Miguel.
    »Nacktbaden!«, rief Jorge Chavez laut und rannte zum See. Die Kinder folgten ihm mit einem ziemlich zappeligen Laufstil. Sara Svenhagen ertappte sich bei der Frage, woher sie den wohl hatten. Wessen Genpool machte sich da bemerkbar?
    Während sich Jorge, Isabel und Miguel in das dunkle Wasser des Sees stürzten, ging das Kellerwesen zu einer alten grünen Wasserpumpe und legte seine Hand darauf. Strich dann sanft darüber.
    »Die Steine, wo ich als Kind gespielt habe«, sagte Janne dumpf.
    Sara ging zu ihm und sagte: »Du kannst wieder hierher ziehen.«
    Janne schüttelte langsam den Kopf.
    »Nein, ich gehöre nicht in die Provinz. Ich fühle mich wohl in Hornstull. Aber eine eigene Wohnung wäre schön.«
    »Wir kümmern uns darum. Wenn du möchtest. Du wirst genug Geld dafür haben.«
    Janne ging weiter zum Erdkeller und legte die Hand auf die Tür, von der die Farbe abblätterte.
    »Ja, verflucht«, flüsterte er. »Lauter Erinnerungen, von denen ich nicht wusste, dass sie noch existieren.«
    »Ich habe dein Buch gelesen«, sagte Sara.
    Janne lächelte schief und fuhr sich durch den kugeligen Haarschopf.
    »Oh weh«, entgegnete er.
    »Es ist gut«, sagte Sara. »Bizarr, aber gut. Du hast noch viel zu erzählen.«
    Janne drehte sich um und sah sie direkt an.
    »Eines nur.«
    »Ja?«
    »Darf ich euch ab und zu besuchen kommen?«
    Sara Svenhagen beobachtete ihre ausgelassen planschende Familie und schmunzelte. Dann antwortete sie: »Wenn du nicht zu lange bleibst.«
    Janne lachte laut und ging zum See. Er zog sich aus und stürzte sich ins Wasser.
    *
    Paul Hjelm saß schon ziemlich lange allein in der Neuen Kathedrale, bevor die Mitglieder der Opcop-Gruppe nach und nach eintrudelten, mehr oder weniger erschöpft. Schließlich fehlten nur noch zwei.
    »Navarro?«, fragte Hjelm.
    »Krankgeschrieben«, antwortete Angelo Sifakis. »Sechs gebrochene Rippen. Ich wusste gar nicht, dass man sich so viele Rippen brechen kann.«
    »Er hat fünfhundert Menschen das Leben gerettet«, sagte Hjelm. »Ich glaube, er denkt adamitisch.«
    Niemand konnte fragen, was er damit meinte, weil in diesem Moment ein Mann mit prägnanten Dellen auf der Glatze mit ausladenden Schritten den Raum betrat und verwundert den imposanten Konferenzraum betrachtete.
    »Aha«, sagte Arto Söderstedt. »Adrian Marinescu in Zivil. Ich dachte schon, du wärst ein Olm.«
    Marinescu legte nachdenklich den Kopf schief und ging an seinen Platz in der Kathedrale. Ohne Headset und Morgenmantel erkannte ihn keiner so ganz wieder.
    »Olm?«, wiederholte er und setzte sich.
    »Schwanzlurche, die nur in Sloweniens und Kroatiens Höhlensystemen vorkommen«, referierte Söderstedt. »Sie sind blind und sterben, wenn sie ihre Höhlen verlassen.«
    »Sehr witzig«, sagte Marinescu. Und schmunzelte.
    »Und wie geht’s unseren verletzten Helden?«, fragte Hjelm. »Corine?«
    »Tja«, sagte Corine Bouhaddi aus ihrem Mumienverband. »Kopfschmerzen, aber das ist mir die plastische Chirurgie wert. Es kann jedenfalls nicht schlimmer als vorher aussehen.«
    »Wahnsinn, mit welcher Kraft der zugetreten hat!«, murmelte Marek Kowalewski aus einer ähnlichen Bandagierung. »Meine Vorderzähne sind alle futsch.«
    »Warum, zum Teufel, haben die nationalen Einsatzkräfte keine kugelsicheren Westen getragen?«, fragte eine Stimme aus den hinteren Regionen der Kathedrale. Es war Kerstin Holm.
    »Der Rechtsmediziner hat drei Geschosse in Ciprians Hinterkopf im Obduktionsbericht erwähnt«, sagte Hjelm, »Darunter ein Schuss aus nächster Nähe. Waren wirklich drei nötig?«
    »Mensch, das war doch
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