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Nebelschleier

Titel: Nebelschleier
Autoren: Gmeiner-Verlag
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genannt werden. Der alte Mann streckte ihm eine schwielige Hand hin.
    »Kennste mich noch? Früher habt ihr immer bei uns aufm Hof gspielt, obwohl des eichentlich verboten war, ihr Lausbubn!«
    Das musste der alte Motschmann sein, dem einer der größten Höfe im Dorf gehörte und vor dem er als Kind mächtig Respekt hatte, weil der sich immer unglaublich aufspulte und rumbrüllte, wenn er jemanden auf seinem Gelände entdeckte.
    »Sie sind der Herr Motschmann, oder?«
    »Reschpekt! Des hätt ich fei net gedacht, dass du mich alten Krauter noch erkennst!«, er senkte vertrauensvoll seine Stimme. »Gell, du bist e Kommissar? Dann is des da ja was Interessants für dich«, er deutete in Richtung Grotte. »Ob den wohl einer da nuntergstoßen hat?«
    »Das werden die Kollegen hier schon herausfinden.«
    »Kannst dene ja e paar Tipps geben!«, kicherte der alte Motschmann.
    »Ich bin hier im Urlaub, Herr Motschmann, und ich bin froh, dass mich das hier mal nichts angeht.«
    Inzwischen war die Zuschauergruppe auf etwa 20 Leute angewachsen, viele, die aus dem Dorf gekommen waren, und auch ein paar Touristen waren darunter. Angermüller hielt sich hinter all den anderen, die er mit seinen fast zwei Metern ohnehin überragte. Außerdem kannte er solche Art Szenerie zur Genüge und riss sich nicht darum, grässliche Details zu erfahren. Es war eh nicht viel zu erkennen, da im Hintergrund der Grotte alles mit weißen Planen abgedeckt war. Ein ziemlich dicker Mann in Zivil, dessen Kopf zwischen seinen Schultern zu verschwinden schien, stand in der Mitte des Geschehens. Eine Lesebrille baumelte an seinem linken Ohr und am rechten telefonierte er mit dem Handy. Zwischendurch gab er den Leuten um sich herum seine Anweisungen, ab und an warf er einen Blick in Richtung der Schaulustigen. Plötzlich ging ein Raunen durch die Umstehenden. Die Plane war angehoben worden und ganz deutlich war jetzt ein Rollstuhl zu erkennen. Drei Beamte kamen herzu und schleppten das offensichtlich schwere Gefährt zu einem auf dem Weg bereitstehenden Transporter.
    »Haste des gsehn?«, flüsterte der alte Motschmann beeindruckt. »Des is doch der Rollstuhl vom Steinleins Bernhard!«
    »Ja, des isser!«, bestätigte Angermüllers Mutter ebenfalls flüsternd. »Was da wohl gschehn is? Georg, siehst du denn a nix?«
    »Nein, tut mir leid, aber das ist alles gut abgedeckt.«
    Marga, die ein paar Meter weiter weg stand, streckte sich auf die Zehen, wie überhaupt jedermann versuchte, einen Blick auf den geheimnisvollen Fund zu ergattern. Was fanden die Menschen daran nur so interessant? Wäre er auch so voller Sensationslust und Neugier gewesen, wenn er nicht seinen Beruf gehabt hätte, fragte sich Angermüller? Wahrscheinlich musste man verstehen, dass hier in Niederengbach das Leben wirklich ziemlich ereignislos war und auch so ein Unglück eine willkommene Abwechslung darstellte.
    Ganz in Gedanken hatte er seinen Blick auf dem Dicken ruhen lassen, der immer noch seine Lesebrille lässig mit einem Bügel am Ohr baumeln ließ, als er plötzlich den Eindruck hatte, dass dieser angestrengt zurückschaute. Nun setzte er sich in Bewegung, und zwar genau in seine Richtung, ja, er kam direkt auf ihn zu.
    »Grüß Gott! Können Sie sich ausweisen?«
    »Wie bitte?«, fragte Angermüller irritiert und angelte in seiner Gesäßtasche nach dem Portemonnaie mit seinen Papieren. Deutlich erkannte er unter dem ziemlich engen Jackett des Mannes die Beule, die seine Dienstwaffe unter der linken Schulter in den Stoff drückte. Neugierige Blicke hefteten sich auf Angermüller, und seine Mutter sagte aufgebracht: »Mei Sohn is bei der Polizei, was wolln Sie denn von dem?«
    Kommentarlos fasste ihn der Dicke, der bestimmt einen Kopf kleiner war als Angermüller, am Arm.
    »Kommen Sie bitte mal mit!«
    Was waren das denn für Bräuche? Angermüller wurde sauer. Wo war er hier eigentlich? Waren das die Methoden der bayerischen Kollegen? Er wollte sich gerade gegen diese Art der Behandlung aufs Schärfste verwahren, da sprach ihn der andere an.
    »Mensch, Schorsch? Kennst mich nimmer?«
    Irritiert sah Angermüller sein Gegenüber an: ein gebräuntes Gesicht, in dem die hellen, kleinen Augen, die von dicken Brauen überspannt wurden, fast zwischen den fleischigen, roten Wangen verschwanden, das weißgraue Haar dicht und lockig – irgendwie kam der Mann ihm schon bekannt vor.
    »Ich bin der Rolf – Bohnsack, Rolf. Ich hab mich schon e bissle verändert, geb ich zu«, er deutete
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