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Nathanael

Titel: Nathanael
Autoren: K Landers
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Rhythmus.
    Plötzlich griffen Hände aus dem Feuer nach ihr, um sie in den feurigen Schlund zu ziehen. In Panik schlug und trat Tessa nach ihnen. Ihr kriegt mich nicht! Nein! Niemals!
    Schweiß rann von ihrer Stirn. Sie versuchte sich vom Rand wegzurollen, als der Boden unter ihr nachgab. Ihre Beine fanden keinen Halt und sie rutschte. Jetzt hing sie am Rand der Spalte.
    Da waren sie wieder, die Hände der Hölle, die nach ihr schnappten. Tessa stöhnte und keuchte, während sie ihre Angreifer durch Tritte abzuwehren versuchte. In ihrer Verzweiflung krallten sich ihre Finger in die weiche, heiße Erde. Ihr lädierter Ellbogen drohte nachzugeben.
    Ihre Bemühungen, neuen Halt zu finden, kosteten sie all ihre Kraft. Lange würde sie das nicht durchstehen. Der Schmerz am Hals und im Ellbogen brachte sie fast um. Aber noch lebte sie und gab nicht auf.
    Als sie sah, wie Nathanael dem Gefallenen den Todesstoß versetzte, mobilisierte das noch einmal all ihre Kräfte und sie zog sich über den Rand in Sicherheit. Erschöpft rollte sie zur Seite und blieb schwer atmend liegen. Sie wollte sich aufrichten, aber der überwältigende Schmerz in ihrer Brust ließ sie stöhnend zurücksinken.
    Plötzlich verebbte der Schmerz und eine ungewohnte Leichtigkeit erfasste sie, als würde sie in Nathanaels Armen hinauf zum Himmel fliegen. Doch dann sah sie sich in ein Feuer stürzen, das ihr das Fleisch von den Knochen fraß. Tessa wollte sich wehren, aber ihre Muskeln gehorchten ihr nicht.
    Ihr Körper war wie gelähmt, ihr Geist dagegen wacher als zuvor und wollte seine Hülle verlassen. Ihre Seele war im Begriff, in die Hölle zu fahren.
    «Nein!», schrie Tessa, aber aus ihrer Kehle drang nur ein Stöhnen.
    Nathanael rannte zu Tessa, die mit starrem Blick auf dem Boden lag. Ihr Puls war schwach, aber sie lebte noch. Verzweifelt bettete er ihren Kopf in seinen Schoß. Ihr Körper zuckte durch das Engelsfeuer in ihrem Innern wie unter Stromstößen.
    «Nathanael», flüsterte sie und ein gequältes Lächeln huschte über ihre Lippen. Sanft streichelte er ihr Gesicht. Die Gewissheit, dass sie im Sterben lag und ihre Seele sich bereits auf die Reise zu Luzifer begeben hatte, schnitt sich wie ein Messer durch seine Eingeweide bis zum Herzen.
    Sie streckte den Arm aus, um sein Gesicht zu berühren.
    «Nathanael», flüsterte sie erstickt und strich über seinen Mund. «Steven … hat den Pakt … geschlossen.»
    Er legte ihr seinen Finger auf die Lippen. «Das ist jetzt unwichtig. Sprich nicht, es strengt dich zu sehr an», flüsterte er.
    «Aber … ich muss dir … noch etwas sagen …» Mit einer Geste bedeutete sie ihm, sich tiefer über sie zu beugen, als ihre Stimme versagte. Nathanael folgte ihrer Aufforderung und hielt sein Ohr dicht über ihrem Mund.
    «Ich liebe dich, Nathanael.»
    Er zog sie noch enger in seine Arme.
    «Und ich liebe dich. Ich war so dumm und wollte es nicht wahrhaben. Die ganze Zeit habe ich mich dagegen gewehrt. Bitte verzeih mir, dass ich dich habe einschlafen lassen. Aber es geschah nur aus Angst um dich ... Doch es war ein Fehler. Ich hätte dich niemals allein lassen dürfen.»
    «Scht.» Sie legte ihm den Finger auf den Mund.
    Er sah sie kämpfen und verlieren. Ihr Blick wurde starr und ihr Atem kam nur noch stockend. Er presste ihren reglosen Körper an sich.
    «Warum hast du das zugelassen, Gott?», schrie er.
    Ihr Herz schlug immer langsamer. Gleich würde es ganz aufhören zu pochen. Ohne sie verlor alles seinen Sinn. In seiner Verzweiflung wehrte er die Hand ab, die sich plötzlich auf seine Schulter legte. Er wollte keinen Trost.
    «Es tut mir leid.»
    Die vertraute Stimme ließ ihn aufhorchen. Als er aufsah, begegnete er Michaels Blick, in dem zum ersten Mal Mitgefühl lag. Doch das versöhnte ihn nicht mit dem Schicksal. Im Gegenteil, sein ganzer Zorn entlud sich über seinem Vater.
    «Bist du nun zufrieden?», schrie er.
    Michael hockte sich neben ihn und seufzte. «Ja, du hast den Auftrag erfüllt …»
    «Genau das war dir doch immer nur wichtig, dass ich alles ausführe, was du von mir verlangst. Aber welchen Preis ich dafür zahle, hat dich nie interessiert!»
    Er strich Tessa zärtlich eine Strähne ihres roten Haares aus der Stirn. «Ich liebe sie», sagte er leise.
    Michael atmete tief ein und fuhr sich über das Gesicht.
    «Du kannst ihr Leben bewahren, wenn ihre Liebe zu dir stark genug ist. Als Blutengel darf deine Seele mit der deiner Partnerin verschmelzen. Deine Kraft wird zu ihrer.
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