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Nathanael

Titel: Nathanael
Autoren: K Landers
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Tessa entschied sie abzuhören.
    Neben unbedeutenden Werbeanrufen, die sie per Knopfdruck löschte, war auch als Letztes eine Nachricht von Steven darunter. Sie war versucht, auch diese zu löschen, doch ihre Neugier überwog.
    «Tessa, ich bin’s, Steven. Ich komme früher zurück. Wir müssen miteinander reden. Melde mich, wenn ich gelandet bin.»
    Oh, nein, das nicht auch noch! Sie hatte alles gesagt, er konnte sie nicht überzeugen, bei ihm zu bleiben.
    Doch dann beruhigte sie der Gedanke, dass er nicht wusste, wo sie sich befand. Es sei denn, Ernest würde es verraten. Was wäre, wenn er hierher käme? Das Datum der Nachricht lag bereits zwei Tage zurück. Gut möglich, dass er ihren Aufenthaltsort schon kannte.
    Tessa fluchte, weil sie nicht eher ihre Mailbox abgerufen hatte. Sie pfefferte das Handy aufs Kissen, das noch die Mulde enthielt, die Nathanaels Kopf hinterlassen hatte. Wo steckte er nur? Sie musste ihm dringend sagen, dass Steven womöglich hier auftauchen konnte.
    Sein Handy. Verdammt, sie wusste seine Nummer nicht, sondern hatte nur ein Mal sein Handy benutzt. Vielleicht würde Cynthia ihr seine Nummer geben.
    Tessa lief zur Tür. Als sie die Klinke in die Hand nahm, klopfte es.
    «Besuch für dich», erklang Cynthias rauchige Stimme, bevor sich die Tür öffnete. Tessa wollte protestieren, denn ihr stand nicht der Sinn nach Besuch, auch nicht von Ernest, doch da schwang die Tür bereits auf.
    Tessa beschlich ein ungutes Gefühl, als Cynthia mit einem hintergründigen Lächeln auf den Lippen vor ihr stand. Die Prophetin trat einen Schritt beiseite, um für die Männergestalt Platz zu machen, die sich aus dem Halbdunkel des Flurs schälte.
    «Steven!»
    Tessa wich zurück. Zwar hatte sie nach seiner Mailboxansage mit ihm gerechnet, aber nicht so schnell. Sie fröstelte unter seinem starren, kalten Blick. Festen Schrittes und mit finsterer Miene trat er auf sie zu. Etwas Bedrohliches ging von ihm aus, wie von einem Raubtier auf Beutezug. Aber Tessa dachte nicht daran, sich davon einschüchtern zu lassen, und hielt seinem Blick stand.
    «Hast du etwa deinen neuen Lover erwartet? Wie heißt er noch gleich … Nathanael? Da muss ich dich leider enttäuschen.»
    «Ich lass euch mal allein», sagte Cynthia und schloss hinter Steven die Tür, bevor Tessa protestieren konnte.
    «Warum bist du hierher gekommen, Steven? Es gibt nichts mehr zu sagen, es ist aus zwischen uns. Ich möchte bitte, dass du gehst. Sofort!»
    Tessa stemmte die Hände in die Hüften, straffte die Schultern und wich keinen Deut zurück, als er noch einen Schritt näher kam und jetzt so dicht vor ihr stand, dass sie seinen Atem auf ihrem Gesicht spüren konnte.
    «Warum so feindselig? Du wolltest doch, dass wir Freunde bleiben. Ich bin nur gekommen, um noch einmal in Ruhe mit dir zu reden.»
    Sein Lächeln wirkte aufgesetzt und erreichte seine Augen nicht.
    «Worüber denn? Das ist vergebene Liebesmüh. Ich werde nicht mehr zu dir zurückkehren.»
    Er seufzte und schüttelte den Kopf. Eine Weile schwieg er und sah zur Seite. Sie sah, wie sich seine Kiefermuskeln anspannten.
    «Tessa, du hast doch nicht wirklich geglaubt, dass ich das einfach so hinnehme? Ich lasse mich nicht abservieren! Von niemandem!», fuhr er sie an. Seine Hände umfassten ihre Schultern und sie befürchtete schon, er würde sie schütteln. Aber er tat es nicht.
    Der vertraute Duft seines exklusiven Aftershaves drang in ihre Nase. Sie hatte ihn eigentlich immer gemocht. Doch heute stieß sie die süßliche Nuance darin ab. Steven stieß sie ab. Unverhohlener Zorn loderte in seinen Augen, der ihr galt.
    Sie sah zu ihm auf. Seine grauen Augen waren kalt wie Stahl.
    «Lass mich los», forderte sie und wand sich aus seinem Griff. «Worüber willst du wirklich mit mir reden? Doch nicht über unsere Beziehung? Sie war dir nie wirklich wichtig, sondern nur dein Erfolg.»
    «Ich habe dich anscheinend unterschätzt, Tessa. Gut, so muss ich dir nichts mehr vormachen. Ich bin nicht hier, um mit dir zu reden, sondern um dich zu entführen.»
    Tessa wich erschrocken zurück. «Das wagst du nicht. Nathanael …»
    «Um den kümmern sich schon andere, der wird dir nicht wieder beistehen», fiel er ihr ins Wort. «Komm jetzt. Du wirst erwartet.»
    Er packte ihren Arm und wollte sie mit sich ziehen, aber Tessa riss sich mit aller Kraft los. Sie durfte das Engelsghetto nicht verlassen. Nur hier war sie sicher. Was Nathanael anbetraf, hoffte sie, dass Steven bluffte. Sie verbot sich,
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