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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Laienbruder,

    Des sich der Patriarch so gern zum Stöber
    Bedient?
    NATHAN.
    Kann sein! Beim Patriarchen ist
    Er
    allerdings.
    TEMPELHERR. Der
    Pfiff
    ist gar nicht übel:

    Die Einfalt vor der Schurkerei voraus-
    Zuschicken.

    93
    NATHAN.
    Ja, die dumme; - nicht die fromme.
    TEMPELHERR. An
    fromme
    glaubt kein Patriarch.
    NATHAN. Für
    den

    Nun steh ich. Der wird seinem Patriarchen

    Nichts Ungebührliches vollziehen helfen.
    TEMPELHERR.
    So stellt er wenigstens sich an. - Doch hat

    Er Euch von mir denn nichts gesagt?
    NATHAN. Von
    Euch?

    Von Euch nun namentlich wohl nichts. - Er weiß

    Ja wohl auch schwerlich Euern Namen?
    TEMPELHERR. Schwerlich.
    NATHAN.
    Von einem Tempelherren freilich hat

    Er mir gesagt …
    TEMPELHERR. Und
    was?
    NATHAN.
    Womit er Euch

    Doch ein für allemal nicht meinen kann!
    TEMPELHERR. Wer
    weiß?
    Laßt doch nur hören.
    NATHAN. Daß
    mich
    einer

    Bei seinem Patriarchen angeklagt …
    TEMPELHERR.
    Euch angeklagt? - Das ist, mit seiner Gunst -

    Erlogen. - Hört mich, Nathan! - Ich bin nicht

    Der Mensch, der irgend etwas abzuleugnen

    Imstande wäre. Was ich tat, das tat ich!

    Doch bin ich auch nicht der, der alles, was

    Er tat, als wohlgetan verteid’gen möchte.

    Was sollt’ ich eines Fehls mich schämen? Hab

    Ich nicht den festen Vorsatz ihn zu bessern?

    Und weiß ich etwa nicht, wie weit mit dem

    Es Menschen bringen können? - Hört mich, Nathan! -

    Ich bin des Laienbruders Tempelherr,

    Der Euch verklagt soll haben, allerdings. -

    Ihr wißt ja, was mich wurmisch machte! was

    Mein Blut in allen Adern sieden machte!

    Ich Gauch! - ich kam, so ganz mit Leib und Seel’

    Euch in die Arme mich zu werfen. Wie

    Ihr mich empfingt - wie kalt - wie lau - denn lau

    Ist schlimmer noch als kalt; wie abgemessen

    Mir auszubeugen Ihr beflissen wart;

    Mit welchen aus der Luft gegriffnen Fragen

    Ihr Antwort mir zu geben scheinen wolltet:

    Das darf ich kaum mir itzt noch denken, wenn

    Ich soll gelassen bleiben. - Hört mich, Nathan! -

    In dieser Gärung schlich mir Daja nach,

    Und warf mir ihr Geheimnis an den Kopf,

    Das mir den Aufschluß Euers rätselhaften

    Betragens zu enthalten schien.
    NATHAN. Wie
    das?
    TEMPELHERR.
    Hört mich nur aus! - Ich bildete mir ein,

    94

    Ihr wolltet, was Ihr einmal nun den Christen

    So abgejagt, an einen Christen wieder

    Nicht gern verlieren. Und so fiel mir ein,

    Euch kurz und gut das Messer an die Kehle
    Zu
    setzen.
    NATHAN.
    Kurz und gut? und gut? - Wo steckt
    Das
    Gute?
    TEMPELHERR.
    Hört mich, Nathan! - Allerdings:

    Ich tat nicht recht! - Ihr seid wohl gar nicht schuldig. -

    Die Närrin Daja weiß nicht was sie spricht -

    Ist Euch gehässig - sucht Euch nur damit

    In einen bösen Handel zu verwickeln -

    Kann sein! kann sein! - Ich bin ein junger Laffe,

    Der immer nur an beiden Enden schwärmt;

    Bald viel zuviel, bald viel zuwenig tut -

    Auch das kann sein! Verzeiht mir, Nathan.
    NATHAN. Wenn

    Ihr so mich freilich fasset -
    TEMPELHERR.
    Kurz, ich ging

    Zum Patriarchen! - hab Euch aber nicht

    Genannt. Das ist erlogen, wie gesagt!

    Ich hab ihm bloß den Fall ganz allgemein

    Erzählt, um seine Meinung zu vernehmen. -

    Auch das hätt’ unterbleiben können: ja doch! -

    Denn kannt’ ich nicht den Patriarchen schon

    Als einen Schurken? Konnt’ ich Euch nicht selber

    Nur gleich zur Rede stellen? - Mußt’ ich der

    Gefahr, so einen Vater zu verlieren,

    Das arme Mädchen opfern? - Nun, was tut’s?

    Die Schurkerei des Patriarchen, die

    So ähnlich immer sich erhält, hat mich

    Des nächsten Weges wieder zu mir selbst

    Gebracht. - Denn hört mich, Nathan; hört mich aus! -

    Gesetzt; er wüßt’ auch Euern Namen: was

    Nun mehr, was mehr? - Er kann Euch ja das Mädchen

    Nur nehmen, wenn sie niemands ist, als Euer.

    Er kann sie doch aus Euerm Hause nur
    Ins
    Kloster
    schleppen.
    - Also - gebt sie mir!

    Gebt sie nur mir; und laßt ihn kommen. Ha!

    Er soll’s wohl bleibenlassen, mir mein Weib

    Zu nehmen. - Gebt sie mir; geschwind! - Sie sei

    Nun Eure Tochter, oder sei es nicht!

    Sei Christin, oder Jüdin, oder keines!

    Gleichviel! gleichviel! Ich werd Euch weder itzt

    Noch jemals sonst in meinem ganzen Leben

    Darum befragen. Sei, wie’s sei!
    NATHAN. Ihr
    wähnt

    Wohl gar, daß mir die Wahrheit zu verbergen

    95
    Sehr
    nötig?
    TEMPELHERR. Sei,
    wie’s
    sei!
    NATHAN.
    Ich hab es ja

    Euch - oder wem es sonst zu wissen ziemt -

    Noch nicht geleugnet, daß sie eine Christin,

    Und nichts als meine
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