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Narzissen und Chilipralinen - Roman

Narzissen und Chilipralinen - Roman

Titel: Narzissen und Chilipralinen - Roman
Autoren: Franziska Dalinger
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Warum guckt sie mich so an? Was habe ich denn schon wieder verbrochen? Ich hatte ja eigentlich gedacht, dass wir uns etwas näher gekommen wären, die fromme Tine und ich. Schließlich hatte ich sie sogar zu meiner Party eingeladen. Aber das hat ihre Meinung über mich wohl nur bestätigt. Eine Party, auf der es normale unchristliche Musik zu hören gibt, ist für Tine eine unchristliche Party.
    »Wie meint sie das?«, flüstert Daniel, der neben mir sitzt und meine Hand hält.
    »Keine Ahnung«, gebe ich zurück.
    »Ach, tu doch nicht so«, sagt Tine. »Die ganze Stadt weiß, dass du am Samstag sturzbetrunken warst und ...« Sie schaut von mir zu Daniel und zieht die Schultern hoch.
    »Und was?«, fragt Daniel.
    »Nichts«, sage ich. »Übrigens war ich überhaupt nicht betrunken.«
    »Umso schlimmer«, meint Tine selbstgefällig.
    Zum Glück greift Michael an dieser Stelle ein und lenkt die Aufmerksamkeit wieder auf den Bibeltext. Aber ich spüre, dass mich von allen Seiten Blicke streifen, und mir wird immer unbehaglicher. Ich ziehe meine Hand zurück, die zu schwitzen beginnt.
    Hilfe, was geschieht hier? Ich hab doch gar nichts gemacht! Das ist auf Kims Mist gewachsen. Ich weiß es. Das ist die Art, wie sie sich rächt, schlimmer als jeder Boxhieb. Sie hat es weitererzählt. Schön anschaulich. Bis jeder eine Szene vor sich sieht: Wie ich volltrunken flirte und Tom küsse. Wetten, dass alle es wissen? Dass alle es glauben? Alle, bis auf Daniel und vielleicht noch Sonja.
    Sonja ist noch ziemlich neu bei den Hopis, sie kommt erst seit letztem Sommer. Ist zu uns gestoßen, weil sie Verwandte in unserer Gemeinde hat. Vielleicht versteh ich mich so gut mit ihr, weil sie mich halt nicht schon mein ganzes Leben lang kennt.
    Tine wispert ihr was ins Ohr. Sonja schaut mich so entsetzt an, dass ich mir sicher bin: Jetzt weiß sie es auch.
    »Aber ... und Daniel?« Sie flüstert, doch laut genug, dass alle es mitkriegen. Auch Daniel. Der neben mir unruhig wird und mir demonstrativ den Arm um die Schulter legt. Ich bin ihm dankbar dafür, dass er keine Fragen stellt. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um etwas zu erklären, was nie stattgefunden hat.
    Auf Tines schmalen Lippen liegt ein noch dünneres Lächeln. Sonja macht ein verwirrtes Gesicht. Victoria, Nele, Kati, Angelika – die sehen aus, als wüssten sie mehr. Die sind alle eingeweiht, in was auch immer. Die Jungs wirken neugierig, anscheinend ist das bislang noch eine Mädchensache. Finn pustet in seine sowieso schon hochgeföhnten Ponyhaare und blättert in seiner Bibel, die mit lauter kleinen Zetteln gespickt ist. Er ist einer der Älteren in unserer Runde, schon unglaubliche dreiundzwanzig Jahre alt. Sein bester Freund Willi könnte sich ruhig wie ein reifer Erwachsener benehmen, immerhin ist er einundzwanzig, doch stattdessen ist er mit seinem Handy beschäftigt – ob er wohl von irgendwo Nachrichten an Land zieht? Über mich? Vielleicht fragt er gerade Victoria, was los ist. Die zwei sind seit Weihnachten zusammen. Es scheint, dass Daniels und mein Beispiel ansteckend ist. Als hätten wir eine Lawine losgetreten, finden sich auf einmal überall Pärchen zusammen. Maren sitzt neben Lukas und tuschelt mit ihm. Auch über mich? Ich seh wohl schon Gespenster. Von Michaels Ausführungen über das Wunder der Weinverwandlung bekomme ich heute leider nichts mit.
    »Hat jemand Vorschläge?«, fragt er gerade.
    »Worum geht es?«, wispere ich in Daniels Ohr.
    »Ums Feiern«, flüstert er zurück. »Wie wir feiern wollen.«
    Alle schauen zu uns herüber. Bin ich jetzt die Expertin fürs Spaß haben? Was soll ich sagen – wir betrinken uns und küssen, wen wir wollen, egal, ob wir einen Freund haben oder nicht? Ich brauche dringend einen Vorschlag. Etwas, das nichts mit einer Party zu tun hat, mit Trinken, mit irgendetwas, was den bösen Gerüchten Nahrung geben kann.
    Ich schicke ein Stoßgebet gen Himmel und sage das Erste, was mir einfällt. »Schlittenfahren.«
    Die anderen prusten los.
    »Warum nicht?«, verteidige ich meine Idee. »Wann haben wir schon genug Schnee? Und nachher können wir ja Raclette machen oder so was.«
    »Feuerzangenbowle«, sagt Tine. »Glühwein.«
    Als wenn ich eine Trinkerin wäre! Frechheit.
    »Super Idee!«, ruft Basti. »Das machen wir!« Er strahlt Tine an und sie zuckt zurück, plötzlich verlegen.
    »Schlittenfahren ja«, sagt Michael. »Glühwein nein, sorry, Leute. Raclette und alkoholfreien Punsch zum Aufwärmen.«
    »Das ist
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