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Narrentod

Titel: Narrentod
Autoren: Gmeiner-Verlag
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hätte ein fortgesetzter Polizeischutz die Tat nicht verhindert. Mit einer Vergiftung im Spital haben wir einfach nicht gerechnet .«
    Ich erhebe mich und mache ein paar Schritte. Mein Blick schweift durch das offene Fenster und bleibt an der Eisenbahnunterführung hängen. Darüber braust ein Güterzug gegen Norden. Er transportiert Hunderte von fabrikneuen Autos. Welcher Marke? Ich erkenne es nicht. Immer dasselbe Modell jedenfalls, in verschiedenen Farben. Wer soll die alle kaufen? Ob auch aus mir eines Tages noch ein stolzer Automobilist wird? Gut möglich. Wenn ich in nächster Zeit noch ein paar Fälle mehr löse, wird mir mein Kontostand die freie Wahl auf der Modellpalette aller Mittelklassekarossen erlauben.

39
    Ich bemerke Geissbühlers fragenden Blick.
    Meine Gedanken kehren zum Fall zurück und zur Sache mit den Blutdrucktabletten.
    »Wie wollen wir das Frau Murer nachweisen ?« , frage ich.
    Der Hauptmann überlegt kurz. Dann huscht ein schelmisches Grinsen über sein rundes Gesicht. Er ruft Wachtmeister Stucki herbei.
    »Gehen Sie sofort hinauf ins Spital und besorgen Sie sich einen der typischen Spitalkrüge .«
    »Sie meinen eine Bettpfanne ?« , fragt Stucki.
    »Nein, Mann. Ich meine einen Teekrug«, antwortet sein Chef aufgebracht.
    Stucki zieht die Schultern hoch und trottet von dannen. Die Wege seines Herrn scheinen ihm offensichtlich unergründlich. Stuckis Weg kreuzt sich derweil mit demjenigen des Stadtpräsidenten. Dieser schreitet in Erwartung eines umfangreichen Schlussrapportes über die Schwelle von Geissbühlers Büro. Noch immer trägt er Mephistos Schuhwerk.
    »Herr von Siebenthal, wir können bereits anstoßen«, verkündet der Hauptmann triumphierend.
    »Ohne Zweifel ?« , fragt der unsicher zurück.
    »Zweifellos«, bestätigt ihm Geissbühler. »Frau Murer wird in knapp einer Stunde das Geständnis unterzeichnen, das soeben für sie vorbereitet wird .«
    »Das ist ja schnell gegangen, plötzlich«, stellt der Stapi befriedigt fest.
    »Jawohl. Und das haben wir vor allem unserem Herrn Feller zu verdanken, dem besten aller voralpinen Detektive«, räumt der Hauptmann ein.
    Mich freut’s. Wer lobt einen denn sonst?
    »Allerdings ist da noch eine Sache hängig. Mit etwas Glück werden wir aber auch die heute abschließend klären .«
    »Worum handelt es sich ?« , fragt von Siebenthal. Er scheint nicht ganz auf dem neusten Stand der Dinge zu sein.
    »Um den Mord an Fabian Eichenberger«, antwortet der Hauptmann und bewirkt damit beim Stapi ein langes Gesicht.
    »Mord? Ich denke, er liegt mit einem Hirnschlag im Spital ?«
    »Ja.«
    »Wenn er einen Hirnschlag erlitten hat, dann ist er doch nicht ermordet worden? Geht es Herrn Eichenberger nicht wieder besser ?« , fragt der Stapi.
    »Stimmt, es ging ihm eine Weile besser. Aber dann sind Komplikationen aufgetreten, und urplötzlich ist er verstorben, vor ungefähr einer halben Stunde erst«, informiert der Hauptmann kurz und bündig.
    Rolf von Siebenthal lässt sich auf Murers Verhörstuhl sinken. Er schüttelt ungläubig sein präsidiales Haupt und kratzt an der Verkrustung seiner Kopfverletzung.
    »Das darf nicht wahr sein. Jetzt hat Thun überhaupt keinen Fulehung mehr. Was gibt es da noch zu feiern? Meine Herren, ich verzichte auf den Champagner«, ruft er resigniert.
    »Hören Sie, Herr von Siebenthal«, beschwichtigt der Hauptmann. Der Auftritt des Narren ist für dieses Jahr ohnehin über die Bühne. Bis zum nächsten Jahr rekrutieren Sie spielend einen Ersatzmann .«
    »Ja, schon. Aber Eichenbergers Tod ist dennoch eine Tragödie. Er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder, Melanie und Stefan .«
    »Das ist bedauerlich. Andererseits ist ungewiss, welche Beeinträchtigungen er nach dem Hirnschlag hätte in Kauf nehmen müssen. Die Familie wäre möglicherweise mit einem völlig veränderten Vater konfrontiert gewesen. Mit einem behinderten«, erklärt der Hauptmann ungerührt. »Wenn wir jetzt anstoßen, dann tun wir es auf das ehrenvolle Andenken an Beat Dummermuth und Fabian Eichenberger. Wir sind es ihnen schuldig, ihre Mörderin der gerechten Strafe zuzuführen. Sie wird in wenigen Augenblicken vor uns stehen und ihre Schuld vollumfänglich eingestehen .«
    Wieder erfasst ein spitzbübisches Grinsen Geissbühlers Gesicht. Er geht auf den Stapi zu, legt ihm eine Hand auf die Schulter und spricht leise und geheimnisvoll.
    »Zudem werden Sie, Herr von Siebenthal, Zeuge eines kleinen Experimentes, sobald Wachtmeister Stucki
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