Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Narren, Diebe und Vampire: Das Beste aus zehn Jahren Schweibenwelt-Kalendern

Narren, Diebe und Vampire: Das Beste aus zehn Jahren Schweibenwelt-Kalendern

Titel: Narren, Diebe und Vampire: Das Beste aus zehn Jahren Schweibenwelt-Kalendern
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Ausspruch ist der Beleg für das Verständnis des achtfältigen Wesens der Zeit, mit dem selbst angesehene Gelehrte ihre Schwierigkeiten haben. Nur selten, so erkannte Lu-Tze, hat jemand freigiebig so viel Weisheit offenbart. Er schrieb diese Sätze nieder und staunte darüber, wie uralte Weisheiten so kurz und bündig zusammengefasst werden können. Als er ins Kloster Oi Dong zurückgekehrt war, sprach er ausführlich über dieses Thema.
    Die Folge war, dass der Weg von Frau Kosmopilit eröffnet wurde und schon bald überfüllt war. Der Grund dafür ist die Tatsache, dass die Menschen zu der Überzeugung neigen, Weisheit wäre, nun ja, eben weiser, wenn der Weg dorthin länger ist. Während die leicht zu beeindruckenden Bewohner von Ankh-Morpork fernen religiösen Lehrern mit Namen wie Rinpo und Gompa folgen, begeben sich die kahlgeschorenen jungen Männer mit den gelben Gewändern aus den hohen Bergen nun auf den Weg von Frau Kosmopilit. Sie besuchen die Geschäfte in der Nähe, ihre Schwester auf eine Tasse Tee oder ihre Fußpflegerin, bis sie den Heimweg (»den Weg«) antreten. Es wird als segensreich betrachtet, wenn Frau Kosmopilit einem Dinge nachwirft. Eine besondere Ehre ist es, wenn sie mit ihrem Besen auf einen losgeht, da der Besen als Symbol der Zeit gilt. Bei eher seltenen Gelegenheiten, wenn sie doch einmal bei guter Laune ist und größere Einkäufe zu erledigen hat, mag es sein, dass sie einem sogar eine Tasche zum Tragen in die Hand drückt. Jünger, die dem Weg zur wahren Weisheit, Friedfertigkeit und Harmonie folgen, haben sich gegenseitig getreten, gekratzt und gebissen, nur um für einen kurzen Moment den Griff einer Tragetasche halten zu können.
    Was über den spirituellen Weg von Frau Kosmopilit bekannt ist, gründet sich hauptsächlich auf Lu-Tzes Beobachtungen, während er bei ihr wohnte, und auf seine folgenden häufigen Reisen unter den Hzo-lym, den »Hosenträgern«, bei denen der Weg ausgiebig und für gewöhnlich von älteren Damen verfolgt wird, die gar nicht wissen, dass sie es tun.

    Im Gegensatz zu anderen Wegen der Erlösung erfordert »der Weg« keine Loslösung des Individuums von der profanen Realität. Dem Weg zu folgen bedeutet, dass man sich so intensiv wie möglich auf die profane Realität einlässt, insbesondere auf das Leben seiner Nachbarn.
    Lu-Tze bezeichnete dies als Transsubstantialismus, die Beschäftigung mit dem Alltäglichen auf jede erdenkliche Weise. Die Anhänger sollen ein aktives Interesse an allen Menschen um sie herum entwickeln, über diese ausführlich mit anderen Nachbarn und Freunden reden und sehr genau auf Details achten, damit die Geschichten weitergegeben werden können, vorzugsweise mit erzählerisch wertvollen Bereicherungen.
    Besonderes Interesse soll man den Gebrechen anderer Leute entgegenbringen. Auch die Jünger selbst sollen chronische Leiden zur Sprache bringen, zum Beispiel »Ich hab was am Bein«, »Bei mir ist es der Ellbogen«, oder »Ach ja, mein Fuß …«.
    Wenn einem Anhänger von einem Gebrechen erzählt wird, ist es von großer Bedeutung, dass er jemand anderen kennt, der unter dem gleichen Gebrechen leidet und bei dem es entweder nach wenigen Tagen wieder verschwunden ist oder der vielleicht sogar daran gestorben ist. Der Tod (oder das Nichteintreten desselben) spielt in diesen Geschichten eine große Rolle, meist in der Form, dass jemand »mit dreißig Jahren von den Ärzten hörte, er hätte nur noch ein Jahr zu leben, und nun ist der Mann fünfundneunzig«. Oder: »Er sah kerngesund aus, und am nächsten Morgen – paff! Mausetot!«
    Die Jünger brauchen ein ausgesprochen gutes Gedächtnis, um sich in allen Einzelheiten erinnern zu können, wer was zu wem gesagt hat, zum Beispiel: »Als unsere Fran geheiratet hat …«

Ernährung und Lebensweise: Megabiotische Diät
    Der Weg von Frau Kosmopilit schließt nicht aus, dass man Stätten der religiösen Verehrung besucht, traditionellerweise solche der strengeren und anspruchsvolleren Sekten. Die ideale Kirche für Frau K. wäre eine mit strengen Geboten gegen die Nachbarin, gegen junge Leute, gegen die Katzen anderer Leute im eigenen Garten, gegen Leute, die sich wegen der eigenen Katze in ihren Gärten beschweren und dergleichen. Bis zu jenem glücklichen Tag wird Frau K. Omnianerin bleiben, natürlich wegen der Möglichkeit, um sich zu schlagen.
    Viele religiöse Lehren konzentrieren sich nach Lu-Tzes Ansicht zu sehr auf die Gesundheit des Körpers statt auf die Bedürfnisse
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher