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Narren, Diebe und Vampire: Das Beste aus zehn Jahren Schweibenwelt-Kalendern

Narren, Diebe und Vampire: Das Beste aus zehn Jahren Schweibenwelt-Kalendern

Titel: Narren, Diebe und Vampire: Das Beste aus zehn Jahren Schweibenwelt-Kalendern
Autoren: Terry Pratchett
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Blumenbeet, zur Hälfte Zeitmesser – wurde von Lu-Tze als philosophische Kuriosität geschaffen.
    Natürlich gibt es Blumenuhren zuhauf, beziehungsweise es gab sie, in jenen Tagen, als Lokalpolitiker noch tatsächlich lokal tätig waren, als Ratsmitglieder noch nach Gewicht ausgewählt wurden und Beamte noch wussten, wie sie sich zu benehmen hatten. Riesige Zeiger aus lebenden Blumen drehten sich über ein Zifferblatt, das aus einem großen Blumenbeet bestand. Die meisten wurden dem Verfall überlassen, weil sie als elitär galten und Personen diskriminierten, die Uhren nicht lesen können. Hier und dort finden sich noch Überreste – man erkennt sie vor allem an den herumliegenden Bierflaschen und dem Erbrochenen nach Kneipenschluss.
    Bei einer echten Blumenuhr leisten die Blumen sämtliche Arbeit.
    Es ist allgemein bekannt, dass Pflanzen ihre Blüten zu unterschiedlichen Tageszeiten öffnen und schließen – natürlich ebenso zu Nachtzeiten, die Motten müssen schließlich auch von etwas leben. Daher ist es theoretisch möglich, einen Garten anzulegen, der es jemandem mit Geduld, botanischen Kenntnissen und einer Laterne ermöglicht, die Zeit abzulesen, zumindest an einigen Tagen im Spätfrühling. Dabei ist es – ähnlich wie bei Sonnenuhren – recht hilfreich, wenn man schon vorher weiß, wie spät es gerade ist.
    Aber in Oi Dong, wo der ewig gleiche Spätfrühlingstag wiederkehrt, ist die Blumenuhr äußerst nützlich, um die Zeit anzuzeigen, die dort streng genommen gar nicht vergeht. Die Blüten öffnen und schließen sich auf tröstlich natürliche Weise, ganz gleich, was die Mönche gerade tun. Ein Gänseblümchen blüht, wenn es dazu bereit ist. Darüber kann Lu-Tze immer wieder lauthals lachen.
    Da viele Leser vermutlich nicht in der Lage sind, sich Exemplare von der Lancre-Stinklilie, der Singenden Tulpe, dem Teufelsgemächt und dem Jakobswegerich zu beschaffen, sind unten leichter zu besorgende Pflanzen mit ihren Blühzeiten aufgelistet.
BLÜTEN, DIE SICH ÖFFNEN
BLÜTEN, DIE SICH SCHLIESSEN
1 h

Skandinavische Gänsedistel
2 h
Wiesen-Bocksbart

3 h
Gewöhnliches Bitterkraut

4 h
Habichtskraut, Spätblühender Löwenzahn, Gemeine Wegwarte

5 h
Weiße Seerose, Nacktstängeliger Mohn, Kohl-Gänsedistel

6 h
Savoyer Habichtskraut, Geflecktes Ferkelkraut

7 h
Weiße Seerose, Gartensalat, Studentenblume
Acker-Lichtnelke
8 h
Roter Gauchheil, Kleines Habichtskraut, Sprossende Felsennelke
Nachtkerze
9 h
Acker-Ringelblume
Purpur-Prunkwinde
10 h
Rote Schuppenmiere
Wiesen-Bocksbart
11 h
Dolden-Milchstern
Dolden-Milchstern
12 h
Mittagsblume
Acker-Gänsedistel
13 h
Gemeiner Portulak
Sprossende Felsennelke
14 h

Rote Schuppenmiere
15 h

Löwenzahn oder Acker-Ringelblume
16 h

Weißes Lebermoos, Acker-Ehrenpreis
17 h
Jalape
Gewöhnliches Ferkelkraut
18 h
Dunkle Geranie
Weiße Seerose
19 h

Nacktstängeliger Mohn
20 h

Gelbrote Taglilie
21 h
Feigenkaktus
Zaunwinde, Sternmiere
22 h
Purpur-Prunkwinde
Zaunwinde, Gemeiner Rainkohl
23 h
Acker-Lichtnelke
Kohl-Gänsedistel
0 h

Carolinische Malve, Später Löwenzahn

Der Weg von Frau Kosmopolit

    Frau Kosmopilit, Lu-Tzes ehemalige Vermieterin und gelegentliche Näherin (aber eine mit Nadeln und nicht von der anderen Sorte), wohnt in der Quirmstraße in Ankh-Morpork. Man muss nur nach dem Schild »Zimmer günstig zu vermieten« Ausschau halten. Außerdem ist sie wider Willen zur religiösen Ikone geworden.
    Das hätte jedem passieren können, aber es passierte nun einmal Frau Kosmopilit, und zwar innerhalb der ersten Minuten ihrer ersten Begegnung mit dem Kehrer. Sie und der junge Lu-Tze führten eine Diskussion über den Mietpreis, als sie plötzlich sagte: »Ich bin doch nicht von gestern!« Dieser Ausspruch erstaunte den Kehrer, weil er in einfacheren Worten wiedergab, was Wen der ewig Überraschte gesagt hatte, als er die wahre, sich ständig erneuernde Natur der Zeit erkannt hatte: »Wahrlich, von gestern bin ich nicht.«
    Von da an schenkte Lu-Tze den alltäglichen Äußerungen von Frau Kosmopilit größere Beachtung, und schon bald erkannte er, dass die Frau – die keinerlei besondere Bildung genossen hatte – mit praktisch jedem Satz Wahrheiten von kosmischer Bedeutung von sich gab. Zum Beispiel: »Oh, du bist so scharfsinnig, dass du dich eines Tages schneiden könntest«, oder »Ich würde meinen eigenen Kopf vergessen, wenn er nicht festgenagelt wäre«, oder »Es gibt eine Zeit und einen Ort für alles«. Letzterer
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