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Narren, Diebe und Vampire: Das Beste aus zehn Jahren Schweibenwelt-Kalendern

Narren, Diebe und Vampire: Das Beste aus zehn Jahren Schweibenwelt-Kalendern

Titel: Narren, Diebe und Vampire: Das Beste aus zehn Jahren Schweibenwelt-Kalendern
Autoren: Terry Pratchett
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ihm großes Vergnügen zu bereiten – aber es bedeutet gleichzeitig, dass er Zugang zu allen möglichen Räumen hat (schließlich kommt Staub überallhin), und da niemand auf einfache alte Kehrer achtet, hört er viele Dinge mit, die eigentlich nicht für seine Ohren bestimmt sind. Er ist ein geschickter Zuhörer, da er schon vor Jahren zu der Erkenntnis gelangt ist, dass man nur genau und lange genug zuhören muss, bis die Leute einem mehr erzählen, als sie zu wissen glauben.
    Lu-Tze ist ein kleiner kahlköpfiger Mann mit gelben Zähnen, dünnem Bart und dem Ansatz eines liebenswürdigen Grinsens, als würde er ständig erwarten, dass im nächsten Moment etwas Amüsantes passiert. Er trägt ein Gewand, das ursprünglich weiß war, bevor es unterschiedlichsten Flecken und Flicken zum Opfer fiel. Er benutzt nur ein Stück alter Schnur, um sein Gewand zusammenzuhalten, und auch bei der Reparatur seiner Sandalen spielen Schnüre eine große Rolle. Er raucht stinkende Selbstgedrehte (die vermutlich für einen Teil der Flecken auf seinem Gewand verantwortlich sind – und auf seinen Zähnen). Zumindest im Kloster Oi Dong isst er ausschließlich braunen Reis und trinkt ausschließlich grünen Tee mit einem Stückchen ranziger Butter. Aber das macht er nur, weil es ihm gut schmeckt. Es ist nichts Heiliges an ranziger Butter, genauso wenig wie an braunem Reis. Nein, wirklich nicht. Ernsthaft.
    Lu-Tze scheint keine andere Autorität als die des Abts anzuerkennen. Dieser bringt ihn dazu, die allerschwierigsten Aufgaben zu bewältigen, indem er sie ihm ausdrücklich verbietet. Sein Umgang mit den anderen Mönchen, die allesamt von höherem Rang sind als er, beschränkt sich darauf, sie einfach zu ignorieren – und er kommt damit durch. Man sollte nie Regel Nummer eins vergessen, vor allem, wenn man mit Lu-Tze zu tun hat.
    In seinem Leben hat Lu-Tze schon so ziemlich alles gemacht, und seine Taten sind sagenumwoben unter den Geschichtsmönchen. Obwohl er sämtliche Kampfkünste zu beherrschen scheint, zieht er es vor, den eigentlichen Kampf zu vermeiden, und findet zumeist einen anderen Weg, häufig durch Anwendung von Regel Nummer eins: Handle nie unbedacht, wenn du mit kleinen, kahlköpfigen, runzligen, lächelnden, alten Männern zu tun hast. Jeder weiß, was mit Leuten passiert, die diesen sehr leicht zu verstehenden Rat vergessen (und wahrscheinlich war Lu-Tze in Ermangelung einer Alternative sogar der Grund für die Aufstellung dieser Regel). Wie in vielen anderen Lebenslagen gilt auch hier die Duft-und-Bratwurst-Regel: Man kann sehr viel erreichen, wenn man den Duft statt der Bratwurst verkauft, aber damit das Bratwurstduft-Gewerbe einen dauerhaften Gewinn abwirft, muss man von Zeit zu Zeit auch die Bratwurst anbieten.
    Lu-Tze ist ein Anhänger des Weges von Frau Marietta Kosmopilit, bei der er als junger Mann logierte, als er auf der Suche nach der Perplexität nach Ankh-Morpork reiste. Lu-Tze erkannte schon bald, dass ihre häuslichen Lebensweisheiten auf wunderbare Weise mit den Lehren vom Ewig Überraschten Wen übereinstimmten. Frau Kosmopilit hatte einen passenden Spruch für jede Gelegenheit, zum Beispiel: »Es gibt vieles, über das wir nichts wissen, meiner Meinung nach«, »Ich habe nur zwei Hände« und »Es regnet nie, es gießt«. Nur selten, wurde Lu-Tze klar, hat sich so viel Weisheit auf so wenig Raum geballt.
    Vom Abt bis ganz nach unten weiß (oder vermutet) jeder, dass Lu-Tze der mit Abstand bedeutendste Geschichtsmönch ist. Trotzdem führt er ein unglaublich schlichtes, einfaches und bescheidenes Leben. Das ärgert die Leute maßlos.

Das Kloster Oi Dong
    Auch als »Gibtsgarnicht-Kloster« und aus unerklärlichen Gründen als »die Lorbeeren« bezeichnet. Das Kloster Oi Dong liegt hoch in den Spitzhornbergen und lässt sich nur von Menschen finden, die nicht danach suchen. Es ist die Heimstatt und das Zentrum der Mönche der Zeit, die auch als Geschichtsmönche bekannt sind. Ihre ursprüngliche Aufgabe war es, dafür zu sorgen, dass alle historischen Ereignisse pünktlich stattfinden und korrekt ablaufen. Deshalb haben sich viele Mönche am Rand von Schlachtfeldern oder politischen Versammlungen herumgeschlichen, um hier einen Anstoß zu geben oder dort ein sorgfältig dosiertes Brechmittel zu verabreichen, damit sich die richtige Person zum richtigen Zeitpunkt am richtigen – oder manchmal auch am falschen – Ort aufhält.
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    In letzter Zeit (sofern sich dieser Begriff in
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