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Narben

Narben

Titel: Narben
Autoren: Jonathan Kellerman
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Sanktum kennengelernt hatte.
    »So ist es also: ein Geschwisterpärchen gegen das andere. Meinen Sie nicht, Sie übertreiben ein wenig?«
    »Sie haben ja keine Ahnung.«
    »Es war sicher hart, als Ihr Vater die Familie wechselte. Ihre Mutter war so deprimiert, daß sie nach Europa verschwand und Sie und Ken bei Lowell zurückließ. Sie beide wurden in einer schäbigen kleinen Hütte eingesperrt, und die Kleinen durften beim Vater im Haus schlafen.«
    »Setz dich gefälligst auf die Couch da. Setz dich auf deine Hände. Die Hände unter den Arsch!«
    »Sie sind ganz schön undankbar. Schließlich habe ich Ihr Leben gerettet.«
    Sie lachte. »Ja, das hast du, vielen Dank. Und was hast du heute schon für mich getan?«
    Ganz der Vater - Ich bin Teil von ihm…
    Und dann dachte ich daran, wie sie ihn gepflegt hatte, wie sie seine Anzüglichkeiten ertragen und ihm die Windeln gewechselt hatte.
    Die Narben mußten auf ihren Sturz zurückgehen. Ein neues Gesicht… Nova. Ein neuer Mensch.
    »War jemand bei Ihnen, als Sie den Berg hinunterfielen?« Sie antwortete nicht.
    »Doch nicht etwa Ken, oder? Hat er sie geschubst?«
    Ich hörte die Toilettenspülung, kurz darauf kam Ken zurück.
    Er hatte sein Haar gekämmt.
    »Ich kümmere mich um ihn. Du holst die Kleine«, befahl Nova.
    »Sie ist total hinüber. Ich müßte sie tragen.«
    »Na und?«
    Er verzog das Gesicht.
    »Der arme Kerl«, spottete ich. Die Pistole war außerhalb meiner Reichweite, also bearbeitete ich sie weiter.
    »Es scheint ganz schön gefährlich zu sein, zu Ihrer Familie zu gehören. Aber am Ende lohnt es sich ja für Sie. Sie brauchen nur noch durch zwei zu teilen - es sei denn, Sie erschießen sich vorher gegenseitig.«
    »Ich zittere vor Angst.«
    »Sicher, wahrscheinlich haben Sie recht. Sie werden mit Ken ein schönes, ruhiges Plätzchen finden, sich zusammenkuscheln und endlich das tun, wonach Sie sich schon so lange sehnen, was Sie schon mit Daddy machen wollten. Windeln wechseln ist ein schwacher Ersatz, nicht wahr, Süße?«
    Sie war abgebrüht und wußte genau, was ich tat, doch für einen Sekundenbruchteil flackerte ihr Blick. Ihr Griff um die Pistole mußte sich gelockert haben, denn als ich ihr aufs Handgelenk schlug, schrie sie auf und die Waffe fiel auf den Teppich.
    Sie war stark und voller Wut. Doch es gibt kaum Frauen, die es im Kampf mit einem Mann aufnehmen können, selbst wenn er kleiner ist als sie. Das sieht man immer wieder, wenn Frauen vergewaltigt und verprügelt werden.
    Diesmal war ich ganz froh darüber.

50
    »Ich kann nicht lange reden«, sagte Milo. »Wir hatten eine Verhaftung wegen der Nachahmungsmorde: ein Dachdecker, der während der Verhandlung auf dem Gericht gearbeitet hat.«
    »Wie seid ihr denn auf den gekommen?«
    »Einer der Gerichtsdiener brachte uns auf die Spur. Der Beamte hatte ihn im Saal sitzen und fleißig Notizen machen sehen. Der Kerl wohnt im Orange County und hat eine lange Liste von Vorstrafen, eine davon wegen versuchter Vergewaltigung. Die Kollegen in Santa Ana sagen, die ersten Verhöre seien vielversprechend. In einer halben Stunde werde ich bei einem teilnehmen.«
    »Es hat also nichts zu tun mit dem Fanclub?«
    »Das wissen wir noch nicht. Der Mann hat offenbar des öfteren mit den Mädchen geredet. Er bestreitet jede Verbindung zu ihnen, aber seine Bude war voll mit Zeitungsausschnitten über sie. Das reicht, daß wir die Hexen zum Verhör einladen und in die Mangel nehmen können. Wir werden uns auch die Genehmigung holen, die Ranch auf den Kopf zu stellen. Ich wette, wir finden dort Drogen und Waffen. Dann können wir sie für einige Zeit aus dem Verkehr ziehen.«
    »Viel Glück.«
    »Ich glaube, wir werden den Bastard festnageln. Man hat einen Ohrring bei ihm gefunden, der Nicolette gehört hat, und drei Belege von einem Lagerhaus in Long Beach. Ich bin gespannt, was er dort aufbewahrt. Die Spurensicherung ist noch nicht durch, es wird noch etwas dauern. Jedenfalls dachte ich, ich sollte dich bereits informieren.«
    »Danke. Gute Nachrichten sind immer willkommen.«
    »Noch etwas anderes: Wir konnten inzwischen Nova identifizieren. Sie ist mit Sicherheit nicht die Schwester.«
    »Was?«
    »Die Fingerabdrücke der echten Jodie haben wir seit einer Demonstration in Berkeley. Es gibt keinen Zweifel. Ken war übrigens wirklich mit seiner Schwester in Asien. Das heißt, er könnte sie ermordet haben. Der richtige Name von Nova ist Julie Claypool, ehemalige Stripperin und Scheckspezialistin. Die
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