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Namibische Nächte (German Edition)

Namibische Nächte (German Edition)

Titel: Namibische Nächte (German Edition)
Autoren: Michelle van Hoop
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dass das deutsche Ehepaar Johannes duzte, während er sie siezte. Es rief ein komisches Gefühl in ihr hervor. Sie wusste, dass die Apartheid lange vorbei war, aber hier, in diesem Moment, kam es ihr so vor, als ob es in diesem Land immer noch zwei Klassen Menschen gab.
    Alle zusammen begaben sie sich durch die Halle auf den weitläufigen Parkplatz hinaus. Außer Johannes hatten auch andere Fahrer so langsam ihre Gäste eingesammelt, und überall bewegten sich kleine Gruppen zu verschiedenen Fahrzeugen.
    Was diesen Fahrzeugen allen gemein war, war ihre Größe. PKWs schien es hier nicht zu geben. Es gab einige Kleinbusse, aber die meisten Wagen, die auf dem Parkplatz standen, waren große Allradfahrzeuge. Und die meisten sahen erstaunlich neu aus.
    Vanessa huschten Bilder von nur noch vom Rost zusammengehaltenen Autos durch den Kopf, aus Filmen, die in Dritte-Welt-Ländern spielten, oder aus Reportagen. Schwarze Fahrer, deren Kleidung aus mehr Löchern als Stoff zu bestehen schien, Dreck, Müll, Chaos, lautes Hupen, unüberhörbare lebensfrohe Gespräche oder Streit.
    Nichts davon traf hier zu. Alles war ruhig, unauffällig, sauber, neu.
    Nun ja, der Belag des Flugfeldes, über das sie den Weg ins Flughafengebäude genommen hatten, hatte nicht so neu ausgesehen. Auch die Menschen, die dort arbeiteten, wirkten nicht gerade reich. Aber so arm, wie Vanessa es sich vorgestellt hatte, auch nicht.
    Sie folgte Johannes und den beiden anderen Gästen zum Wagen. Hier endlich zeigte sich ein wenig von dem, was sie erwartet hatte: Der Wagen war ein alter Jeep, der ziemlich klapprig aussah. Zudem musste Johannes durch Matsch gefahren sein. Die Spuren hingen in Form von hohen Dreckspritzern am Auto.
    Vielleicht bin ich doch in Afrika, dachte Vanessa lächelnd und stieg ein.

5
    D er alte Jeep rumpelte mit Vanessa und den beiden anderen Passagieren über die Schotterpiste, hinter ihnen eine dicke Staubwolke hinterlassend. Vanessa schaute fasziniert zum Fenster hinaus.
    Vom Flughafen aus waren sie zuerst auf einer Teerstraße gefahren, aber auch dort schon hatte sich links und rechts der Straße nur Buschland ausgebreitet. Die Straße wirkte wie ein schwarzes Band zwischen den mit trockenem Gras bedeckten Hügeln.
    Sie waren eine Weile unterwegs, als Johannes auf einmal abbremste und nach vorn zeigte. »Baboon.« Er lachte.
    Vanessa hatte zwar bereits von Weitem dunkle Schatten am Straßenrand gesehen, das aber für Sträucher gehalten. Nun erkannte sie, dass es Affen waren. Paviane. Eine große Familie mit erwachsenen Tieren und sehr vielen kleinen Äffchen, die sich entweder an die Mutter klammerten oder neben ihr her hoppelten, immer Unsinn im Kopf. Einige der erwachsenen Tiere schienen etwas zu fressen gefunden zu haben, hockten auf ihrem Po, kauten gemütlich und schauten dem Auto entgegen. Sie schienen keine Furcht zu haben.
    Plötzlich beschloss die Gruppe, die Straße zu überqueren, und auch das lief sehr gemütlich ab. Ein großes Männchen ging voraus, schaute sich um, erreichte die andere Straßenseite und blickte zurück. Als wäre das ein Signal gewesen, setzten sich nun die anderen Affen der Horde in Bewegung.
    Vanessa konnte es kaum glauben. Da saßen Paviane einfach so am Straßenrand. In freier Wildbahn. Sie lebten offensichtlich ganz ursprünglich, und die Straße war nur ein Teil ihrer Umgebung, dem sie keine besondere Bedeutung zumaßen.
    Roswitha, die eine Hälfte des Ehepaares, das neben Vanessa saß, lachte. »Beim ersten Mal ist das immer eine Überraschung, nicht? Ich habe auch so dagesessen wie Sie. Wenn man die Tiere nur aus dem Zoo kennt . . .«
    Vanessa schüttelte den Kopf. »Das ist . . . unglaublich. Die gehören niemandem, und niemand kümmert sich um sie?«
    Johannes zuckte die Achseln. »Nein, warum? Baboons gibt es genug. Um die muss sich niemand kümmern.« Er fuhr weiter.
    Vanessa drehte sich um und verfolgte die Pavianfamilie noch eine Weile mit den Augen, bis sie in den Hügeln neben der Straße verschwunden war.
    Es dauerte jedoch nicht lange, bis sie von der Teerstraße auf eine Schotterstraße abbogen und der Anschein von Zivilisation vollkommen verschwand. Das Gras wurde dichter, der Weg war voller Löcher, die zum Teil mit Sand aufgefüllt waren, in denen der Wagen wie auf Eis schlitterte.
    Vanessa klammerte sich an den Vordersitz, da es sonst keine Möglichkeiten gab, sich festzuhalten. Die Federung des rustikalen Gefährts entsprach auch nicht gerade dem, was heute so Standard war.
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