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Namibische Nächte (German Edition)

Namibische Nächte (German Edition)

Titel: Namibische Nächte (German Edition)
Autoren: Michelle van Hoop
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während sie mit arrogantem, geradezu unbeteiligtem Blick auf die Menschen in dem Wagen hinuntersah.
    Es war ein unglaubliches Bild. Es sah aus, als wäre der Baum der Körper der Giraffe, der Kopf auf die obersten Blätter aufgesetzt. Vanessa atmete tief durch. Sie standen neben einer Giraffe im Busch, und es schien alles ganz natürlich.
    Johannes drehte wieder, und als sie sich von dem Platz entfernten, bemerkte Vanessa, dass noch mehr Giraffen hinter diesem Busch gestanden hatten, nur etwas weiter entfernt. Auf ihren langen Beinen wirkten sie wie archaische Gestalten. Zwei davon steckten die Köpfe zusammen wie tuschelnde Teenager, während sie dem sich entfernenden Jeep hinterherblickten.
    »Sie sehen aus, als fragten sie sich, was dieses kleine Wägelchen hier ist.« Vanessa lachte.
    Roswitha lachte auch. »Ja, ich glaube, das fragen sie sich immer. Sie fühlen sich sehr erhaben.«
    »Kein Wunder bei der Größe. Wir müssen sehr klein aussehen von da oben.« Vanessa konnte sich gar nicht sattsehen an den majestätisch aufragenden Tieren, deren lange Hälse ihnen ein noch aristokratischeres Aussehen verliehen. Nur der kleine Kopf wirkte merkwürdig unterproportioniert.
    Auf dem weiteren Weg machte Johannes immer wieder auf Tiere in der Entfernung aufmerksam, Kudus, Springböcke, Gnus, Warzenschweine. Einmal überquerte eine Mutter mit mehreren kleinen Ferkeln hinter sich in rasendem Galopp die Straße, sodass Johannes nur knapp ausweichen konnte. Sie waren wie aus dem Nichts erschienen.
    Besonders lustig waren ein paar Laufvögel, etwa in der Größe eines Huhns, aber viel schlanker. Auch sie tauchten plötzlich am Straßenrand auf, aus dem dichten Busch, offensichtlich in der Absicht, die Straße zu überqueren. Wenn sie dann jedoch den Jeep kommen sahen, fingen sie an zu laufen, und zwar auf eine spezielle Art. Sie streckten den Kopf vor wie ein Stier, der zustechen will, und rasten dann auf dem Weg los, aber in Fahrtrichtung, statt ihn zu überqueren, und in einer Geschwindigkeit, die man ihnen gar nicht zutraute.
    Johannes machte sich einen Spaß daraus, sie zu Höchstgeschwindigkeit anzutreiben, und lachte.
    »Können sie denn nicht fliegen?«, fragte Vanessa erstaunt.
    »Doch.« Johannes lachte noch mehr. »Aber sie vergessen das immer. Sie fliegen nur im äußersten Notfall. Mal sehen, ob wir sie dazu kriegen.«
    Er versuchte, einen Vogel, der vor ihnen herlief, noch mehr zu scheuchen, und tatsächlich, plötzlich flatterte er auf und flog davon.
    Vanessa fragte sich, warum der Vogel das nicht schon längst getan hatte, sondern die ganze Zeit wie der Roadrunner mit fast durchdrehenden Beinen vor dem Wagen hergelaufen war. Allerdings konnten diese Vögel wirklich schnell laufen, das musste man zugeben.
    Erneut musste Vanessa lachen, als sie an die Art dachte, wie das Tier losgelaufen war, wie es den Kopf vorgestreckt hatte wie jemand, der sich dem Wind entgegenstemmt. Dabei war gar kein Wind. Aber ohne den Kopf zuerst einmal vorzustrecken, konnte der Vogel anscheinend nicht loslaufen. So lange musste er stehenbleiben. Es sah einfach nur lustig aus.
    Sie lehnte sich in den Sitz zurück. Selbst so einen Vogel zu beobachten war hier aufregend. Die Tiere, die man höchstens aus Serengeti darf nicht sterben oder anderen Naturfilmen kannte, lebten hier in ihrer natürlichen Umgebung, unbeschränkt und nur von manchmal vorbeiziehenden neugierigen Touristen gestört.
    Es war ein Paradies.

6
    E ndlich bog Johannes von der Schotterpiste in Richtung eines Farmtores ab, das anders als die meisten Tore nicht einfach nur in lockeren Angeln am Zaun hing, sondern aus zwei gemauerten Pfeilern links und rechts des Weges bestand. Davor waren zwei große Holzfiguren postiert, dunkel poliert und mindestens drei Meter hoch. Die eine stellte eine Giraffe dar, die andere einen hochgewachsenen afrikanischen Stammeskrieger in einem Lendenschurz.
    Johannes hielt vor dem Tor. Ein Mann, so pechschwarz, dass seine Augen sich wie helle Kieselsteine von seinem Gesicht abhoben, und in eine Art Uniform gekleidet, trat aus einem kleinen Häuschen am Pfeiler hervor, mit einem Clipboard in der Hand. Johannes wechselte ein paar Worte in der unverständlichen Klicksprache mit ihm, sie lachten, und der Wächter öffnete das Tor und ließ sie hindurchfahren.
    Es dauerte sicherlich zwanzig Minuten, bis sie endlich das Farmhaus vor sich auftauchen sahen, weitläufig flankiert von mehreren kleineren Häusern. Johannes hielt vor dem größten, an
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