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Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio
Autoren: Vanessa Farquharson
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haben wir beide vor kurzem fast gleichzeitig ein Blog gestartet. Meghans Blog heißt Healthy Cookie und dreht sich um gesunde Ernährung; früher arbeitete sie in der Werbung, doch dann hat sie sich aufgrund anhaltender Verdauungsprobleme beruflich völlig neu orientiert und macht nun eine Ausbildung zur ganzheitlichen Ernährungsberaterin.
    Das Lustige ist, dass wir sogar dann, wenn wir gar nicht vorhaben, etwas gemeinsam zu unternehmen, letztlich doch zusammentreffen; gehe ich ins Theater, läuft sie mir über den Weg, wir begegnen uns in der Obst-und-Gemüseabteilung des Supermarkts und so weiter. So gesehen war es nicht allzu überraschend, dass sie, als ich mich neulich von meinem Freund trennte, ebenfalls Single wurde.
    Wenn wir zusammen in einer Bar auftauchen, bringen wir uns oft gegenseitig Glück. Höchstwahrscheinlich hängt das damit zusammen, dass wir von unserem Äußeren her völlig unterschiedlich sind – ich groß und hellhäutig, sie zierlich und dunkel; ich habe langes, hellbraunes Haar mit Seitenscheitel, sie trägt ihr dunkles Haar kurz mit Pony; ich trinke Rotwein, sie trinkt keinen Alkohol. Ich gebe mich ernsthaft und schweigsam, sie spielt die witzige Kichererbse. Wir decken das ganze demografische Spektrum ab, da ist für jeden was dabei.
    Als ich von dieser Anti-Styropor-Party erfuhr – jawohl, eine Anti-Styropor-Party –, bat ich daher Meghan mitzukommen. Die Party wurde von einer Organisation namens Get It to Go Green veranstaltet. Sie macht den Restaurants, die Essen zum Mitnehmen anbieten, das Leben schwer, weil sie die lokalen Behörden dazu bringen will, Styropor zu verbieten und durch Materialien wie NaturoPack zu ersetzen, die genauso aussehen und sich genauso anfühlen, jedoch aus Mais, Zuckerrohr und Kartoffeln hergestellt werden und biologisch vollständig abbaubar sind. Wenn sie nicht gerade gegen das böse FCKW kämpfen, machen diese Leute offenbar auch gerne mal einen drauf. Die Party fand in einer nahe gelegenen Hotelbar statt, die bei der Szene des West Ends recht beliebt ist. Daher dachten wir, dort gäbe es ein paar coole Jungs in Secondhand-Jeans und T-Shirts mit ironischen Aufdrucken, die sich für die Umwelt engagierten und uns zu einer Runde Hanfbier oder Ähnlichem einladen würden.
    Nun, unser Fazit nach einer halben Stunde dort lautete: Innerhalb der großstädtischen Jugendszene gibt es eine Untergruppe, auf deren Angehörige am ehesten die Bezeichnung Öko-Alternative passt. Diese Leute sehen praktisch genauso aus wie das Sonnenbrillen als ironisches Zitat tragende und Indie-Rock hörende Durchschnittsszenevolk, sind aber irgendwie ganz anders. Statt Espresso und Zigarettenqualm bevorzugen sie Rote-Bete-Saft und Marihuana, und leider fehlt ihnen oft das Gen für Zynismus. Das kann manchmal ganz niedlich wirken, besonders wenn sie in die Pedale eines am Boden festgeschraubten Fahrrades treten, das an einen Stromgenerator angeschlossen ist und eine weihnachtliche LED -Lichterkette an der Decke zum Leuchten bringt, oder wenn sie ohne eine Spur von Verlegenheit eine Gruppe von Öko-Rappern anfeuern. Aber bei ihnen ist auch nicht alles Gold, was glänzt.
    Diese Öko-Alternativen lassen sich wiederum in zwei Gruppen unterteilen, in die Wichtigtuer und die echten Aktivisten. Macht man beispielsweise einen Witz über Veganer, wäre ein echter Aktivist beleidigt, wohingegen ein Wichtigtuer den Witz gar nicht kapieren würde. Zwar würde sich keiner von beiden zur mittwochabendlichen Topmodel-Casting-Show vor den Fernseher setzen, um mitanzusehen, wie Moderatorin Tyra Banks ihren Modelnachwuchs drillt, aber der echte Aktivist würde als Grund angeben, dass er Wichtigeres zu tun habe, während der Wichtigtuer solchen Durchschnittsscheiß einfach nur doof findet, was er mit einem entsprechenden Aufnäher auf seinem Rucksack kundtut. Allerdings scheint vor allem den Aktivisten nicht allein jeder Sinn für Zynismus, sondern für Humor insgesamt zu fehlen. Und ihr durchdringender Blick vermag einen zwar zu fesseln, doch sind sie normalerweise weniger daran interessiert, deine Telefonnummer zu bekommen, als Sinn und Nutzen von Bio-Sprit zu diskutieren. Das törnt nicht gerade an.
    Aber Meghan und ich ließen uns davon nicht abschrecken. Wir trugen uns in ihre Unterschriftenliste ein, bestellten ein Öko-Bier und ein Glas Wasser und konzentrierten uns auf die schnuckeligsten Jungs in der Menge.
    »Was hältst du von dem?«, fragte ich sie und zeigte mit der Flasche auf einen
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