Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtwandler (German Edition)

Nachtwandler (German Edition)

Titel: Nachtwandler (German Edition)
Autoren: Jule Becker
Vom Netzwerk:
der Beseitigung meines Hormonstaus behilflich war, dass es an der Zeit wäre, sich wieder unters Volk zu mischen. So landete ich im Dorian und geriet an den bis zu diesem Zeitpunkt noch größten Casanova des Landkreises …
    „Willst du hier Wurzeln schlagen oder können wir los?“, witzelt eben jener Casanova neben mir.
    „Ich bin soweit“, antworte ich grinsend und schultere meine Sporttasche.
    „Na dann los.“ Ich hebe einen der beiden Helme auf und folge ihm zu seiner riesigen und pechschwarzen Harley Davidson. Sein allerneuestes Spielzeug. Er ist darauf stolz wie Oskar und ich schwöre, er redet sogar mit ihr.
    „Verrätst du mir, wohin du mich verschleppst?“, frage ich.
    „Das siehst du, wenn wir da sind“, lacht er und zieht den Helm über den Kopf. Ich tue es ihm gleich und hieve mir seinen Rucksack auf den Rücken. Ach du Scheiße, was hat er da denn alles reingepackt? Er steigt auf das Motorrad und klemmt meine Sporttasche zwischen Bauch und Maschine fest. Ich setze mich hinter ihn und umschlinge seine Hüften mit beiden Armen. Kurze Zeit später verlassen wir den Parkplatz.
    Es ist immer noch schön warm, besonders heute … auch wenn man inzwischen natürlich merkt, dass der Herbst Einzug gehalten hat. Seit Leos letzter Verwandlung sind gut drei Wochen vergangen … und ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich nie zuvor so glücklich gewesen bin. Ich drücke mich näher an seinen Rücken und gleite mit den Armen weiter nach vorn. Ich bin so verrückt nach diesem Kerl. Ich kann – und möchte mir auch gar nicht mehr vorstellen, wie es ohne ihn gewesen ist.
    Nach einiger Zeit biegt Leo von der Hauptstraße ab und hinein in einen schmalen, jedoch asphaltierten Weg. Etwa einen Kilometer weiter erscheint ein See. Ungefähr drei Viertel des Ufers sind mit Schilf bewachsen, der Rest wurde mit Sand aufgeschüttet. Sogar ein kleines Bootshaus mit Steg befindet sich am rechten Ufer. Weit und breit ist kein Mensch zu sehen. Leo parkt die Maschine neben dem Gebäude und nimmt den Helm ab. Ich ziehe den meinen ebenfalls aus, steige ab und sehe mich fasziniert um. Wir befinden uns an einem wunderschönen Plätzchen.
    „Wo sind wir hier?“, will ich wissen.
    „Hier sind früher Daniel und ich zum Schwimmen hergekommen, wenn wir keine Lust auf den Pool zu Hause hatten. Auch die ein oder andere Party haben wir hier gefeiert“, erklärt er. „Und meine Unschuld habe ich hier auch verloren“, grinst er.
    „Uhhh, too much information“, lache ich. „Gehört es euch?“
    „Japp, seit hundertundfünfzig Jahren in Familienbesitz“, erwidert er stolz.
    „Es ist wunderbar“, antworte ich ehrlich.
    Leo nimmt mir den Rucksack ab und geht auf den breiten Holzsteg zu. Ich trotte ihm hinterher und beobachte, wie er zunächst eine Decke aus dem Rucksack fischt und sie auf den verwitterten Holzplanken ausbreitet. Danach zieht er seine Lederjacke aus und legt sie auf die Decke.
    „Willst du da stehen bleiben und mir zuschauen oder legst du dich zu mir?“, spöttelt er. Ich lache kurz auf und schüttle den Kopf, setze mich dann jedoch in Bewegung. Ich schlüpfe ebenfalls aus der Jacke und lege mich neben Leo, die Lederjacke als Kissen missbrauchend. „Hast du Durst? Oder Hunger?“, fragt er.
    Ich schüttle den Kopf. „Nein, im Moment nicht. Ich bin wunschlos glücklich“, antworte ich lächelnd und halte mein Gesicht in die herbstliche Sonne.
    Leo dreht sich zu mir und sieht mich lange Zeit nur schweigend an.
    „Was ist?“, frage ich irgendwann grinsend.
    „Du weißt, warum der Fluch gebrochen werden konnte, oder?“
    „Klar, weil wir uns geküsst haben“, antworte ich. Worauf will er hinaus?
    „Das war aber nicht der einzige Grund. Es hätte nicht funktioniert, wenn es jemand anders gewesen wäre“, erklärt er.
    Das weiß ich doch schon alles. „Was willst du mir sagen, Leo?“, frage ich leise.
    „Felix, ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas irgendwann einmal zu einem anderen Menschen sagen würde … aber“, er hält inne und holt tief Luft und so langsam schwant mir, was er mir hier zu erklären versucht. „Aber dann kamst du in mein Leben gestolpert … und plötzlich war alles anders. Liebe … das ist so … ich kann es nicht erklären, aber dieses gewaltige Gefühl habe ich niemals in Verbindung mit mir gesehen, verstehst du? Nicht bei den Umständen, die der Fluch mit sich brachte. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es überhaupt jemanden geben könnte, der das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher