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Nachtsafari (German Edition)

Nachtsafari (German Edition)

Titel: Nachtsafari (German Edition)
Autoren: Stefanie Gercke
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wunderbare Köchin, und Silky und er hatten den Tag restlos genossen. Zu seiner heimlichen Freude hatte sich sein Vater eine saisonale Grippe eingefangen und musste die Feiertage im Bett verbringen. Zwar hatten sie ihn am zweiten Weihnachtstag in dem großen, überheizten Penthouse besucht, aber der Alte hatte sich so schlecht gefühlt, dass seine Haushälterin Marcus bat, den Besuch kurz zu halten. Nach einer halben Stunde hatten sie sich guten Gewissens wieder verabschieden können. Als er mit Silke das Haus seines Vaters verlassen hatte, war ihm der trübe Wintertag danach hell und freundlich erschienen. Vor lauter Begeisterung, dass er dieses Jahr so glimpflich davongekommen war, hatte er Silke in ein sündhaft teures Restaurant eingeladen.
    Morgen stieg bei Freunden eine rauschende Party, wo sie das nervenzerfetzende Börsenjahr endlich zu Grabe tragen würden. Das versprach Vergnügen pur zu werden. Zusätzlich war am gestrigen Morgen die Nachricht gekommen, dass die erste Lieferung seltener Erden aus der letzten Bestellung aus Südafrika den Hamburger Hafen erreicht hatte. Somit konnte er den Vertrag mit seinem Hauptkunden pünktlich erfüllen.
    Wie bei allen vorherigen Lieferungen hatte er sofort veranlasst, dass einige Muster gezogen wurden, um sicherzugehen, dass er gleichbleibende Qualität liefern konnte. Das Labor war überlastet, Silvester stand vor der Tür, und so würde das Ergebnis erst im Laufe der nächsten Woche feststehen. Aber da die ganze Sache nichts weiter als Routine war – bisher hatte die Qualität des Erzes immer der entsprochen, die den Kaufverträgen zugrunde lag –, sah er keinen Anlass zu besonderer Eile. Heute war ohnehin nichts mehr auf den Rohstoffmärkten los, die meisten Firmen machten entweder Inventur oder hatten wegen der Feiertage geschlossen. Er entschied, nach Hause zu fahren. Silky wollte noch Einzelheiten für ihre Verlobungsparty besprechen, die für sie, wie er schnell begriffen hatte, von größter Wichtigkeit war. Eine Art Nestbautrieb, vermutete er. Sie wohnten schon fast ein Jahr zusammen, waren jedoch nie dazu gekommen, alle seine Freunde einzuladen. Aber nun stand das Datum fest, und alle Eingelade nen hatten zugesagt, auch zwei Paare von Silkys Freunden aus ihrer Heimat Hamburg würden anreisen.
    Gerade als er sich gut gelaunt seine Lederjacke anzog und seine Sekretärin nach Hause schicken wollte, klingelte das Telefon. Überraschenderweise meldete sich der Geologe vom Labor. Mit trockener Stimme trug er Marcus die Ergebnisse der Analyse vor und wünschte ihm anschließend ein frohes neues Jahr, bevor er auflegte.
    Marcus erwiderte tonlos seine Wünsche und blieb, das Telefon noch in der Hand, wie erstarrt stehen. Ein Zittern schüttelte ihn. Das Telefon glitt ihm aus der Hand und schlug klappernd auf dem Tisch auf. Er nahm es nicht wahr. Lange Zeit stand er bewegungslos da und fixierte einen Punkt im Nichts.
    Irgendwann riss er sich zusammen. Mit einer abrupten Bewegung zerrte er sich die Lederjacke von den Schultern, schleuderte sie auf den Boden und trat anschließend so voller Wut den Papier korb quer durchs Büro, dass er gegen die Wand krachte. Erschrocken riss seine Sekretärin die Tür auf.
    »Alles okay, Frau Miltenberg«, presste er hervor und winkte sie hinaus.
    Die zwei schwarzen Haare auf Frau Miltenbergs Warze, die ihre Oberlippe zierte, bebten neugierig wie die Schnurrhaare eines Nagetieres, und Marcus musste sich beherrschen, sie nicht anzubrül len. Er konnte diese Frau nicht ausstehen. »Sie können Schluss machen. Heute passiert hier nichts mehr. Na, gehen Sie schon.«
    Die Sekretärin zog sich mit misstrauischem Ausdruck zurück. Allerdings war er sich sicher, dass sie hinter der Tür stand und lauschte. Und vermutlich würde sie seinem Vater hinterher alles brühwarm erzählen. Bei diesem Gedanken wurden ihm die Hände feucht. Energisch rieb er sie an den Hosen trocken. Auf irgendeine Weise musste er diese widerliche, schnüffelnde Spitzmaus loswerden. Einmal hätte er sie in einem grässlichen Anfall totalen Irrsinns fast die Treppe heruntergestoßen. Der Lift war defekt gewesen, sie stand vor ihm auf dem Treppenabsatz, sagte irgendetwas in ihrer nervigen, schrillen Stimme, und plötzlich war die Frustration der letzten Jahre wie ein glühender Lavastrom in ihm hochgeschossen. Wie ferngesteuert hatte er die Hände zum Stoß gehoben. Nur das Auftauchen des Mechanikers hatte ihn gerettet. Und Frau Miltenberg natürlich.
    Er stellte sich
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