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Nachtkrieger: Ewige Begierde

Nachtkrieger: Ewige Begierde

Titel: Nachtkrieger: Ewige Begierde
Autoren: Lisa Hendrix
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Masse wie ein zerschmetterter Kürbis, und sein Blut tränkte den Staub der Straße.
    Steinarr löste den flachen Geldbeutel des alten Mannes von dessen Gürtel und leerte den Inhalt in seine Hand. Lediglich zwei silberne Viertelpennys fielen heraus. Nicht einmal ein ganzer Penny! Angewidert schüttelte Steinarr den Kopf. Diebstahl, nun, das konnte er nachvollziehen. Gelegentlich, wenn es ihm nicht gelungen war, sich auf andere Weise Geld zu beschaffen, griff er selbst darauf zurück und lauerte einem Kaufmann oder Edelmann oder auch mal einem Kirchenmann auf. Doch er hielt sich stets an diejenigen, die ein paar Silbermünzen entbehren konnten, und er schlug ihnen auch nicht den Schädel ein. Diese drei Wegelagerer hingegen hatten einen alten Mann überfallen und umgebracht, einzig und allein um des Tötens willen.
    Und er, dumm wie er war, hatte es zweimal vermasselt, er hatte dem Alten das Leben nicht retten können, und er hatte eine seiner besten eisernen Pfeilspitzen vergeudet. Steinarr überlegte, sich als Entschädigung den Karren des alten Mannes anzueignen, doch das Gefährt sah aus, als würde es jeden Moment auseinanderfallen. Ebenso verhielt es sich mit der kleinen Stute, die, nur noch Haut und Knochen, an die Deichsel gespannt war. Selbst ihr Zaumzeug war mindestens Dutzende Male geflickt worden, wie es schien mit mehr gutem Willen als Geschick. Sich ausrechnend, wie wenig er dafür bekommen und wie viel Zeit er verlieren würde, wenn er das Pferd samt Karren zum Markt brachte, beschloss er, sich mit dem halben Penny zufriedenzugeben und die Stute auf der Straße stehen zu lassen, damit jemand anders sie fand.
    Doch zunächst musste er sich um den Toten kümmern. Er steckte die Farthings in seinen eigenen Geldbeutel und zog dann den alten Mann an den Straßenrand. Mit der Spitze seines Schilds schaufelte er eine flache Grube, die er anschließend mit Steinen und Unterholz zudeckte. Nicht unbedingt ein anständiges Grab, doch vorerst musste es reichen. Er würde dem Priester im nächsten Dorf Bescheid sagen, wo er den Leichnam fand, damit dieser ihn richtig bestatten konnte. Steinarr blieb noch einen Moment lang an dem Grab stehen und bat die Götter stumm, über den alten Mann auf seiner letzten Reise zu wachen.
    »Sein Name war John«, ertönte eine zarte Stimme hinter ihm. »John Little.«
    Steinarr fuhr herum und griff nach seinem Schwert. Dann aber erstarrte er, als er den Klang der Stimme registrierte und sah, wer dort am Straßenrand stand.
Eine Frau? Hier?
»Wo kommst du her?«
    »Von dort, Mylord«, antwortete sie und zeigte auf dichten Adlerfarn in einigen Metern Entfernung hinter ihr, der sich noch immer wiegte, nachdem sie daran vorbeigegangen war. »John hörte sie kommen und wies uns an, uns zu verstecken. Er sagte, niemand außer Geächteten oder Soldaten reitet so schnell durch diesen Teil des Walds. Und es wäre besser, weder den einen noch den anderen über den Weg zu laufen, denn oftmals gäbe es zwischen beiden ohnehin keinen Unterschied.«
    »Du hast Glück gehabt. Denn wenn die drei dich erwischt hätten …« Sie wurde kreidebleich, und er wusste, dass sie verstanden hatte, was er meinte. »Schade, dass John Little seinen eigenen Ratschlag nicht befolgt hat.«
    »Er dachte, sie würden ihn in Ruhe lassen. Er besaß nichts, das zu rauben sich gelohnt hätte.«
    »Nur sein Leben«, sagte Steinarr, und ihre moosgrünen Augen schimmerten vor Tränen, als sie nickte. Er ließ ihr ein wenig Zeit, um die Fassung wiederzugewinnen. Dann fragte er: »Woher kanntest du diesen John Little? War er dein Vater? Oder ein Dienstbote?«
    »Weder noch. Nur ein Fremder, der so freundlich war, uns seine Hilfe anzubieten, weil unser Pferd lahmte.«
    »Du hast gesagt ›unser‹. Wer ist noch bei dir?«
    »Mein Cousin.« Sie sah über die Schulter und sagte in Richtung des Farns: »Steh auf und zeig dich, Rob. Der Mann hier will uns nichts tun.«
    Ein hochgewachsener, knochiger Bursche mit einer grünen Kappe auf seinem rötlichen Haar erschien zögernd zwischen den Farnwedeln. Er war noch nicht ganz erwachsen, doch dem zarten Spitzbärtchen zufolge musste er im gleichen Alter sein wie das Mädchen, etwa achtzehn Jahre alt.
    Er sah Steinarr abschätzend an. »Woher willst du das wissen? Er sieht aus wie einer von
ihnen.
«
    »Möglicherweise bin ich das.«
    Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Ihr habt sie vertrieben.«
    »Vielleicht, weil ich den alten Mann selbst ausrauben wollte.«
    »Er hat Johns
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