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Nachtgieger

Nachtgieger

Titel: Nachtgieger
Autoren: Ilse Maria Dries
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ihn nicht nur genau gesehen, ich weiß auch, wer er ist.“ Ein geheimnisvolles Lächeln legte sich über ihr zartes Gesicht.
    Sieglinde traten Schweißperlen auf die Stirn, was nicht nur an dem überheizten Raum lag. Sie, die Polizistin Sieglinde Salome Silberhorn, würde am ersten Tag nach dem Mord dem Fall zu einem sensationellen Durchbruch verhelfen, sie würde den heimtückischen Täter entlarven. Diese vom raschen Erfolg gekrönte, kompetente Ermittlung würde ihre Beförderung zur Polizeihauptmeisterin mit Amtszulage sicherlich beschleunigen.
    Ein überbordend stolzes Gefühl jagte durch ihre Adern und sie konnte ihre Neugierde nicht mehr im Zaum halten: „Wer ist es?“ Auch Claudius spitzte die Ohren.
    „Es ist der Nachtgieger“, triumphierte die alte Dame und stieß mit ihrem eleganten Gehstock heftig auf den Wohnzimmerfußboden. Ihr Hund fuhr erschrocken hoch und brach in höllisches Gebell aus.
    Die Polizistin Sieglinde sank ernüchtert zurück in die weiche Sofalehne.
    „Bekomme ich jetzt den Finderlohn oder wie das heißt?“
     
    Die Damengymnastikgruppe der kleinen Ortschaft, in der Klarissa mit ihrem Mann Gregor lebte, traf sich jeden Montagabend im Sportlerheim, um zu trainieren. Die sportliche Betätigung war jedoch zweitrangig. Viel wichtiger war das gesellige Zusammensein danach in der Gaststätte. Die Damen hatten sich immer viel zu erzählen.
    Luise Walz, Ehefrau des örtlichen Obstgroßhändlers, traf als Erste ein und begann, die dicken, weichen Matten auf dem Fußboden auszubreiten.
    Kurz darauf betrat Gunda Mirsberger den Kellerraum, begrüßte Luise herzlich und fasste ebenfalls mit an. Gundas Ehemann, der Landwirt Georg Mirsberger, war vor drei Monaten einem brutalen Verbrechen zum Opfer gefallen. Seitdem hatte sie an Gewicht verloren und sah blass aus. Sie nahm jedoch regelmäßig an der Gymnastikstunde teil, um sich ein wenig abzulenken.
    Dann rauschte Mathilde, die Trainerin, herein. „Hallo Mädels, ich bin spät dran. Wo sind die anderen Damen?“
    „Die werden schon noch kommen“, antwortete Luise und begann fachkundig mit den Dehnübungen. „Schließlich haben wir heute ein wichtiges Thema zu besprechen.“
    Regina Engeltal, die hiesige Pfarrerin, schob sich schwerfällig durch die Tür, begleitet von Paulina Regenfuß, die liebevoll den Arm um Regina gelegt hatte. Trotz des Altersunterschiedes verstanden sich die beiden prächtig. Regina stand kurz vor der Niederkunft. Sie erwartete ihr viertes Kind und sehnte die Geburt herbei. Sie trug in letzter Zeit ihr Handy stets griffbereit bei sich, damit sie ihren Mann Theo, mit dem sie sich die Pfarrstelle teilte, sofort anrufen konnte, sobald die Wehen einsetzten. Theo meinte zwar, sie solle doch lieber zu Hause bleiben, sonst würde sie ihr Baby noch unterwegs bekommen, doch Regina bestand auf ihrem freien Abend. Theo musste die Kinder hüten. Heute Abend hatte er beschlossen, mit seinen aufgeweckten Nachkommen Pfannkuchen mit Heidelbeeren zu backen. Regina kannte ihren Mann und ihre Kinder und war froh, dass sie dieser Aktion fernbleiben konnte. Sie hatte bereits beschlossen, bei ihrer Heimkehr einen großen Bogen um die Küche zu machen.
    Paulina Regenfuß war die Jüngste in der Sportlerinnenrunde. Sie arbeitete als Bedienung im Goldenen Hirsch, der Dorfwirtschaft. Ihr Freund Manni, ein einheimischer Fußballstar, bewachte sie eifersüchtig. Bisher hatte ihr dieses Verhalten geschmeichelt, doch inzwischen war sie ziemlich genervt davon. Manni gab dem negativen Einfluss von Regina Engeltal die Schuld, die feministische Ansichten vertrat und mit Paulina öfter deren Beziehung diskutierte.
    „Wie seht ihr beiden denn aus?“, grinste Luise Walz. „Seid ihr in einen Farbtopf gefallen?“
    Regina und Paulina stellten sich in Pose und drehten sich, Grimassen schneidend, einmal um die eigene Achse. Regina brauchte dafür etwas länger und keuchte. Die Gymnastikdamen klatschten Beifall. Paulina, die leidenschaftlich gerne mit ihren Haaren experimentierte, hatte Reginas und ihr eigenes Haar weizenblond gefärbt. Sie fand, dass ihre Freundin im Krankenhaus unbedingt eine neue Frisur mit Pep benötigte. Das Baby würde begeistert sein von seiner supercoolen Mama. Reginas Haar hatte sie zudem streichholzkurz geschnitten und mit viel Gel geformt. Theo hatte die Frage, ob eine derartige Frisur mit ihrer Rolle als Pfarrerin zu vereinbaren sei, klugerweise nicht gestellt.
    Nun stießen Manuela Henneberger und Anneliese Schüpferling zu
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