Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Titel: Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren
Autoren: Alison Sinclair
Vom Netzwerk:
dürfen aufstehen.« Er hielt den Revolver locker auf sie gerichtet, während sie einander auf die Beine halfen. Telmaine lehnte sich an Balthasar und roch Schweiß und Blut von den geschlossenen Schnittwunden auf seinem Gesicht.
    »Vladimer«, sagte sie, »bitte, darf irgendjemand die Wunden meines Mannes verbinden?«
    Vladimer dachte mit argwöhnischer Miene nach, dann räumte er ein: »Wenn der Arzt meines Bruders zurückkehrt, kann er das erledigen. In der Zwischenzeit – da ich seit vier Tagen nichts gegessen habe und mir sonst eine Diät aus nahrhafter Brühe und klarem Tee droht – werde ich herausfinden, was die Küche aufbieten kann.«
    Balthasar
    Die Küche brachte ihre erste Lieferung von kaltem Fleisch, Käse und verschiedenen Keksen, zusammen mit glücklichen Versprechungen auf mehr, viel mehr. Balthasar beobachtete mit einiger Furcht, wie Vladimer sich auf geräuchertes Fleisch und Käse stürzte, da er die Reaktion der Hauswachen und Diener auf eine Verdauungsstörung bei ihrem gerade erst genesenen Herrn voraussehen konnte. Ishmael kaute bedächtig an einer Scheibe Fleisch und aß mit mechanischer Effizienz und spärlichem Appetit.
    Balthasar machte in dem tiefen, geräumigen Sessel Platz, damit Telmaine sich neben ihn setzen konnte. Sie lehnte sich an ihn, den Kopf an seine Brust gebettet, und ließ es zu, dass er sie mit kleinen Fleischstücken und Schlucken von Brühe und gesüßtem Tee fütterte. Sie war zu müde, um darauf zu bestehen, dass er seinerseits etwas aß, was nur gut war; er wollte genau in diesem Moment nicht herausfinden, was Kaubewegungen seinem schmerzenden Gesicht antun würden. Er begnügte sich mit Tee und Brühe.
    Mit einem abrupten Ausdruck inneren Unbehagens schob Vladimer eine halb verzehrte Scheibe würzigen Käses beiseite und nahm einen magenberuhigenden Schluck Tee. »Also«, sagte er.
    »Hearne«, begann Ishmael. »Ich weiß, es ist eine Zumutung wegen Ihres Gesichtes und allem, aber ich denke, Sie können die Geschichte am besten von uns dreien erzählen. Ich bin zu verausgabt für kunstvolle Worte.«
    Da Telmaine sich an seiner Seite versteifte, erkannte Balthasar, dass auch sie Ishmaels Absicht begriffen hatte: Balthasar sollte die Geschichte erzählen, und in seinen Händen sollte die Entscheidung darüber liegen, wie viel er von Telmaines Beteiligung preisgab oder ob er sie verschleierte.
    »Meine Rolle bei dem Ganzen «, sagte er und sprach mit einiger Vorsicht wegen seiner geschlossenen Wunden, »beginnt vor vier Tagen, kurz vor Sonnenaufgang. Eine Frau kam an meine Tür und suchte Zuflucht …« Verdauungsstörungen hin, Verdauungsstörungen her, Vladimer folgte dem Bericht mit scharfem Verstand und tastete mit klaren Fragen nach weiteren Einzelheiten. Balthasar berichtete von seinem Überleben nach dem Angriff auf ihn, so wie ihm selbst davon berichtet worden war, als Werk Ishmaels, das dieser mit Hilfe von Florias Spiculum vollbracht hatte – und Vladimer akzeptierte diese Version. Ishmael griff den Faden seiner eigenen Nachforschungen auf, beginnend mit seinem und Telmaines Besuch bei Tercelle Amberley, dann kam er auf den Brand in der Flussmark zu sprechen – Vladimer rief sein Personal mit einer dringenden Bitte um Bestätigung herbei – und zu guter Letzt auf seine Verhaftung. Vladimer klopfte mit den Fingern leicht auf die Kante seines Sessels, das einzige Zeichen, das seinen inneren Aufruhr verriet. Casamir Blondell steht ein unangenehmes Gespräch mit seinem Herrn bevor, dachte Balthasar. Nach Ishmaels Verhaftung erzählte Balthasar die Geschichte weiter, seine Verteidigungsstrategie fand Vladimers trockene Anerkennung und löste bei Ishmael Unbehagen aus. Er beschrieb Lysanders Rückkehr oder scheinbare Rückkehr und Erpressung. Dann erzählte Ishmael von den beiden Anschlägen auf sein Leben, was Telmaine ein ersticktes Aufkeuchen entlockte, und von der Begegnung mit Kip sowie dem Fluchtplan, der sich daraus ergab.
    »Riskant«, kritisierte Vladimer.
    »Ja, aber es hat funktioniert«, erwiderte Ishmael sachlich.
    »Was war der dritte Anschlag auf Ihr Leben?«, hakte Vladimer nach. »Da Sie bereits Ihre Flucht geplant hatten?«
    Ishmael zögerte, und Vladimer versteifte sich merklich. An Balthasar gelehnt richtete Telmaine sich auf und sprach zum ersten Mal. »Fürst Vladimer – Cousin –, glauben Sie, was Sie bisher gehört haben?«
    Mit unbewegter Miene antwortete Vladimer: »Ich erwarte, die ganze Geschichte zu hören, bevor ich mir eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher