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Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Titel: Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren
Autoren: Alison Sinclair
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überhaupt nicht verändert«, sagte sie. »Obwohl du eine gute Partie gemacht hast.«
    »Meine Frau und ich haben andernorts ein Haus für die Familie«, sagte er und versuchte, nicht allzu schroff zu klingen. Seine häuslichen Verhältnisse gingen sie nichts an.
    Seine Schroffheit war ihr jedoch nicht entgangen, und er hörte, wie sie einen schweren Schritt auf ihn zu machte. »Balthasar … Balthasar, ich hätte mich dir bestimmt nicht aufgedrängt, wäre ich nicht dermaßen verzweifelt. Ich glaube wirklich, dass du der Einzige bist, der mir helfen kann.«
    Das Letzte, was er von Tercelle Amberley gehört hatte, war die Bekanntgabe ihrer Verlobung mit Ferdenzil Mycene vor einem Jahr gewesen. Ferdenzil war der Erbe eines der vier großen Herzogtümer und der Held im Feldzug zur Unterdrückung der Seeräuberei auf den Scallon-Inseln. Die Verlobung war ein gewaltiger Erfolg für die Tochter einer Familie, die sich erst drei Generationen zuvor den Weg in den Adel erkämpft hatte. Doch die Amberleys waren stark in der Rüstungswirtschaft und im Schiffbau engagiert, was den Erben des expansionsfreudigsten Herzogtums vermutlich mehr angezogen hatte als das hübsche Gesicht und der gesellschaftliche Schliff der jungen Dame. Unter Balthasars Forscherkollegen galt diese Verlobung als eines der vielen Anzeichen, die für die Unabhängigkeit der Scallon-Inseln nichts Gutes verhießen. Balthasar konnte sich kaum vorstellen, wieso Tercelle es nötig haben sollte, sich der Gnade eines unbekannten Mediziners und Forschers zu überlassen, selbst wenn es sich dabei um den Ehemann einer Cousine des Erzherzogs handelte. Oder besser gesagt, er konnte sich kaum einen guten Grund vorstellen, warum sie dies tun sollte.
    Doch die vielen Jahre anerzogener Höflichkeit behielten auch jetzt die Oberhand. »Bitte«, er wies mit dem Arm zum Salon, »nimm erst einmal Platz.«
    Auf der Schwelle hielt sie inne, und in den Reflexionen ihres Peilrufs nahm er die spärliche Ausstattung seines Salons wahr, des besten Raumes im Haus eines verarmten Angehörigen des niederen Adels. Natürlich besaß er noch ein anderes Haus, ein stattliches Gebäude, wie es der Dame, die er geheiratet hatte, angemessen war. Obwohl sie es von ihrem Erbe gekauft hatten und nicht von seinem, fühlte er sich dort zu Hause, wenn sie bei ihm war. Wenn sie und die Kinder jedoch auf einem der Anwesen ihrer Familie weilten, kehrte er hierher zurück. Und dieses Haus hatte sich tatsächlich nicht verändert; wenn überhaupt, war es nur noch schäbiger geworden, als Tercelle es in Erinnerung haben mochte. Schon damals, während ihrer langen Liebelei mit seinem Bruder, hatte sie kein Geheimnis aus ihrer Missachtung gemacht. Balthasar fragte sich, ob Lysander gewusst hatte, wie wenig aussichtsreich sein Liebeswerben gewesen war, selbst damals. Und er fragte sich, was sein Bruder heute wohl wissen und denken mochte.
    Sie blieb mitten im Raum stehen und drehte sich zu ihm um, wobei sie etwas Mühe hatte, das Gleichgewicht zu halten. »Hast du je wieder von Lysander gehört?«
    »Nein«, antwortete Balthasar und unterdrückte eine leichte Beunruhigung darüber, wie treffsicher sie seine Gedanken ansprach. Aber natürlich würde sie unweigerlich an Lysander denken müssen, wenn sie vor seinem Bruder stand. Sie war keine Magierin.
    Sie peilte ihn, und er spürte das zarte Züngeln des Ultraschalls. »Bist du ihm immer noch böse?«
    »Fortzugehen«, sagte Balthasar, »war das Beste, was er tun konnte. Für uns, für seine Familie und für dich.«
    »Wie streng«, sagte sie in dem für sie typischen, atemlosen Trällern. »Ich hätte nie gedacht, dass du zu einem so unversöhnlichen Mann werden würdest. Du warst doch immer so sanftmütig. Und du hast Lysander bewundert, genau wie ich.«
    Ja, das hatte er, früher einmal. »Bitte Tercelle, warum bist du hergekommen?«
    Nach einem kurzen Moment des Schweigens hörte er ein Rascheln. »Ich brauche deine Hilfe.« Sein Peilruf erreichte sie, als sie sich den geöffneten Umhang von den Schultern gleiten und zu Boden fallen ließ.
    Es überraschte ihn nicht sonderlich, dass sie schwanger war, doch die Größe und Tieflage ihres Bauches beunruhigten ihn. Der Zeitpunkt der Geburt musste unmittelbar bevorstehen. Nur war ihr Verlobter bereits vor über einem Jahr aufgebrochen, um die Seeräuber von den Scallons zu vertreiben und diplomatische Missionen zu den benachbarten Inselkönigreichen zu unternehmen, die den Anspruch des Herzogtums von
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