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Nachte des Sturms

Nachte des Sturms

Titel: Nachte des Sturms
Autoren: Roberts Nora
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das Tor immer noch nicht nachgab, kreuzte sie fest die Arme vor der Brust und vergrub ihre Fingernägel, um die Tränen in Schach zu halten, tief in ihrem Fleisch.
    Er hörte ihr ersticktes, flehentliches Wispern. Ob sein Gespür oder Magie ihm sagte, dass sie da war, war vollkommen egal. Dort stand sie – mit feuchten Augen, dennoch gleichzeitig trotzig gerecktem Kinn – im hellen Licht des Mondes.
    »Willst du vielleicht reinkommen?«
    »Ich kann nicht …« Wieder drohte der aufsteigende Tränenstrom sie zu besiegen, doch wieder drängte sie ihn gnadenlos zurück. »Ich kann das Tor nicht aufmachen.«
    Verwundert wollte er den Weg herunterkommen, doch sie machte einen Satz nach vorn und packte das Tor mit beiden Händen. »Nein, ich bleibe hier draußen. Ist wahrscheinlich sowieso das Beste. Ich habe dich gesucht, doch schließlich kam ich zu dem Schluss, dass du früher oder später sicher hierher zurückkommen würdest. Ich, äh, ich musste eine Weile über alles nachdenken, vielleicht tue ich das einfach nicht oft genug. Ich …«

    Würde er jemals etwas sagen?, fragte sie sich verzweifelt. Oder würde er einfach dort stehen bleiben und weiter die Augen abschirmen, damit sie sie nicht sah?
    »Es tut mir Leid. Es tut mir wirklich Leid, wenn ich etwas getan habe, was dich derart betrübt hat. Das war nicht meine Absicht, das musst du mir einfach glauben. Aber ein paar der Dinge, die du gesagt hast, waren sicher trotzdem richtig. Was mir ebenfalls sehr Leid tut. Oh, ich weiß nicht, wie man solche Dinge angeht.« In ihrer Stimme schwang echte Frustration, und sie wandte sich gesenkten Hauptes von ihm ab.
    »Was hast du denn vor, Brenna?«
    Sie starrte reglos ins Dunkel der Nacht. »Ich möchte dich bitten, mich nicht fallen zu lassen, weil ich einen Fehle gemacht habe, selbst wenn es ein Riesenfehler war. Ich möchte dich bitten, mir noch eine Chance zu geben. Und, falls zwischen uns beiden etwas anderes nicht mehr möglich ist, zumindest weiterhin mein Freund zu sein.«
    Er hätte ihr gern das Tor geöffnet, doch dann hielt er sich zurück. »Wir haben uns versprochen, immer Freunde zu bleiben. Und dieses Versprechen werde ich ganz sicher niemals brechen.«
    Sie hob eine Hand an ihre Lippen, bis sie meinte, sie könnte wieder sprechen. »Du bedeutest mir so viel. Ich muss diese Sache einfach klären.« Sie atmete tief ein und drehte sich wieder zu ihm um. »Ein paar der Dinge, die du gesagt hast, waren richtig, aber ein paar waren auch falsch. Ein paar der wichtigsten Dinge waren ganz einfach falsch.«
    »Und du wirst mir jetzt sagen, was richtig und was falsch war?«
    Sein eisiger Sarkasmus ließ sie zusammenzucken, aber sie brachte einfach nicht genug Wut für eine böse Antwort
auf. »Du kannst ziemlich gut austeilen«, sagte sie stattdessen leise. »Und dein Sarkasmus wird dadurch, dass du ihn so selten anwendest, natürlich noch verstärkt.«
    »Also gut, diese Bemerkung tut mir Leid.« Und es stimmte, denn nie zuvor hatte sie derart verwundet ausgesehen. »Ich bin einfach immer noch wütend.«
    »Ich bin aufdringlich.« Sie atmete tief ein und wieder aus, doch der Schmerz ebbte nicht ab. »Und starrsinnig, und manchmal selbst gegenüber Menschen, die mir wirklich wichtig sind, sehr rücksichtslos. Ich dachte, nun, der Mann macht nichts aus seiner Musik, also muss ich es für ihn tun. Das war falsch. Es war falsch, eine Sache, die dich betrifft, so anzugehen, wie ich meine Dinge angehen würde. Ich hätte es dir sagen sollen, so wie du mir gesagt hast, was du mit meinen Skizzen machst.«
    »Da sind wir uns anscheinend einig.«
    »Aber ich habe es nicht aus Eigennutz getan. Ich wollte dir etwas geben, etwas, was dir wichtig ist, etwas, was dich glücklich macht. Es ging mir dabei ganz sicher nicht ums Geld, sondern allein um deinen Ruhm.«
    »Ich will gar keinen Ruhm.«
    »Ich wollte ihn für dich.«
    »Weshalb interessierst du dich plötzlich so dafür, was aus meiner Musik wird, Brenna? Du magst sie doch noch nicht einmal.«
    »Das ist nicht wahr.« Die Ungerechtigkeit dieser Behauptung rief einen Funken ihres alten Jähzorns in ihr wach. »Bin ich deiner Meinung nach vielleicht nicht nur eine Tyrannin, sondern obendrein noch taub und dumm? Ich liebe deine Musik. Sie ist wunderschön. Aber dir war ja schon immer vollkommen egal, was ich von deinen Liedern halte. Himmel, die Tatsache, dass ich seit Jahren kein gutes Haar an deiner Musik gelassen habe, hat dich nie
dazu veranlasst, mir beweisen zu
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