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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag
Autoren: Val McDermid
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automatischen Bewegungen ihr hellbraunes Haar zu einer gepflegten Frisur zurecht. Sie betrachtete sich aufmerksam, und es verwirrte sie, dass sie noch immer wie die gleiche alte Magda aussah. Der gleiche offene Gesichtsausdruck, der direkte Blick, die gleiche gerade Linie der Lippen. Eigentlich erstaunlich.
    Eine Locke löste sich aus der Haarklemme und ringelte sich auf ihrer Stirn. Sie erinnerte sich an einen Kinderreim, der Catherine immer zum Kichern gebracht hatte.
    There was a little girl
    Who had a little curl
    Right in the middle of her forehead.
    And when she was good
    She was very, very good.
    But when she was bad, she was horrid.

    Es war mal ein kleines Mädchen,
    das hatte mitten auf der Stirn
    ein Löckchen.
    Wenn sie brav war,
    war sie sehr, sehr artig.
    Aber wenn sie böse war, war sie garstig.
    Solange sich Magda Newsam erinnern konnte, war sie tatsächlich immer sehr, sehr artig gewesen.
    Die Zeiten waren nun vorbei.

3
    Betreff: Ruby Tuesday
    Datum: 23 . März 2010 , 09 : 07 : 29   WEZ
    Von: [email protected]
    An: [email protected]
     
    Guten Morgen. Hier scheint die Sonne. Als ich eben die Haustür öffnete, ergoss sich geradezu ein Schwall blauer Irisblüten über mich. Gestern waren sie noch nicht da. Fast hätten sie mich die düstere Aussicht vergessen lassen, hundertzwanzig Jurastudenten beaufsichtigen und in der Klausur über Eigentumsübertragung am Schummeln hindern zu müssen. Aber ganz schafften sie es nicht. Jeder beschissene kleine Job, den ich jetzt hinter mich bringen muss, erinnert mich an das, womit ich mich eigentlich beschäftigen sollte. Was meiner Ausbildung entspräche. Was ich am besten kann.
    Am Frühstückstisch heute Morgen ein merkwürdiges Päckchen mit einem Oxforder Poststempel, ohne Begleitschreiben. Soll das lustig sein? Wenn ja, dann musst du mir den Witz erklären. Deinen spitzen Humor verstehe ich nicht immer.
    Ich wünschte, ich wäre in Oxford; wir könnten von der Folly Bridge nach Iffley spazieren und uns die Dinge sagen, die wir nicht schreiben mögen. Ich würde dir vielleicht sogar was vorsingen.
    Herzlich, Charlie
    Von meinem iPhone gesendet.
     
     
    Betreff: Re: Ruby Tuesday
    Datum: 23 . März 2010 , 09 : 43 : 13   WEZ
    Von: [email protected]
    An: [email protected]
     
    Hi, Charlie
     hier leider nicht, wenn du also in Oxford wärst, müssten wir uns etwas Angenehmeres ausdenken als eine nasskalte Wanderung am Fluss. Aber ich glaube, es würde uns schon etwas einfallen. Du schaffst es immer, mich aufzuheitern, auch an grauen Tagen.
     Mit deiner Gabe für bildhafte Beschreibungen solltest du dich vielleicht an der Fakultät für kreatives Schreiben bewerben. All diese Romane über Serienmörder und Profiler – dabei hast doch gerade du den Blick des Insiders und könntest ihnen mal zeigen, wie man’s richtig macht. Du Arme. Leute mit künstlerischem Talent sollten keine Prüfungen beaufsichtigen müssen!
     hat leider nichts mit mir zu tun. Du musst also außer mir noch einen weiteren geheimen Verehrer hier in Oxford haben. Was war denn in dem Päckchen drin?
    Von hier nicht viel zu berichten. Heute Vormittag sollte ich eigentlich am Programm arbeiten. Als ich mich zuerst mit der Idee zu »Ich bin nicht ok, du bist nicht ok. Der Umgang mit Verletzlichkeit« befasste, hatte ich keine Ahnung, dass es mein ganzes Leben ausfüllen würde.
    Ich denk an dich und wollte, wir könnten weglaufen und Spaß haben.
    LKx
     
     
    Betreff: Es ist ein Rätsel
    Datum: 23 . März 2010 , 13 : 07 : 57   WEZ
    Von: [email protected]
    An: [email protected]
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    Einen weiteren geheimen Verehrer? Das glaube ich nicht. :-) Eine würde mir vollauf genügen, wenn es nur die Richtige ist. Wenn nicht von dir, woher kommt es dann? Die anderen Leute, die ich in Oxford »kenne«, sind die wenigen noch verbliebenen Professoren am St. Scholastika College, bei denen ich studiert habe, und ich kann mir nicht vorstellen, wieso jemand von ihnen mir ein Bündel Presseberichte über einen aktuellen Mordprozess schicken sollte. Außer wenn jemand irrtümlicherweise meint, es sei für mich wegen der Verbindung zum College von beruflichem Interesse. Wenn es so ist, dann ist es jemand, der über meine gegenwärtige Lage als Paria der klinischen Psychiatrie nicht Bescheid weiß.
    Zu deiner Erbauung habe ich einige der Artikel eingescannt. Nur damit du weißt, wovon ich spreche.
    Ich hoffe, das
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