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Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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rede, nicht immer aussuchen.«
    Er senkte den Kopf und ging weg.
    Ich hinterließ bei der Polizei in New Orleans eine Nachricht für den Neffen und fuhr, als es sich gerade eintrübte, zum Dienst. Er rief zwei Stunden später zurück und reichte den Hörer an einen Detective der Mordkommission weiter. Anhand dessen, was er mir erzählte, habe ich mir die Geschichte folgendermaßen zusammengereimt.
    Die Sitte hatte festgestellt, dass es sich bei der Nutte um eine gewisse Brandy Grissum handelte, eine fünfundzwanzig Jahre alte schwarze Heroinabhängige, die einmal wegen Drogenbesitzes und -handels in St. John eingesessen hatte.
    Sie schaffte mit vier Zuhältern und Bauernfängern im French Quarter an. Die Luden sorgten dafür, dass die Geschäfte langfristig ihren geregelten Gang gingen. Die Bauernfänger nahmen die Touristen aus, vorzugsweise die betrunkenen, verheirateten, ansonsten aber ehrenwerten Leute, die zu einem Kongress in der Stadt weilten, diejenigen also, die Angst vor der Polizei und ihren Arbeitgebern hatten.
    Es war ein billiger Trick. Brandy, die sich fein gemacht hatte, vielleicht sogar ein Kostüm trug, ging in eine Bar, setzte sich allein ans andere Ende des Tresens oder an einen Tisch, warf dem Freier einen schüchternen Blick zu, faltete züchtig die Hände und wartete dann ruhig ab, während ihr Partner den Handel perfekt machte.
    Folgendermaßen läuft die Masche: »Meine Kleine da drüben is’ keine Professionelle, verstehste, was ich sagen will? So was wie ’n Schulmädchen, das frisch in der Stadt unterwegs ist.« Jetzt lächelt er. »Sie braucht jemand, der ihr beibringt, wo’s langgeht, verstehste, was ich sagen will? Ich brauch sechzig Dollar für das Zimmer, dann gehn wir alle drei hin, und ich komm euch nicht mehr in die Quere. Wenn du ihr dann ’n Geschenk machen willst oder so, macht ihr das unter euch aus.«
    Diesmal allerdings hatte der Freier selbst ein Zimmer. Und er hatte noch etwas anderes im Sinn.
    Er hieß Dwayne Parsons, war einmal für den Oscar nominiert worden und hatte zweimal den Emmy verliehen bekommen. Aber Dwayne hatte noch eine andere Leidenschaft, eine, von der weder die Nutte und der Bauernfänger noch der zweite Schwarze, der bald darauf auftauchen sollte, etwas wussten – im begehbaren Kleiderschrank in seiner Mietwohnung, die eine Querstraße von der Bourbon Street entfernt war, stand ein Stativ mit einer Videokamera, die durch einen Spalt in der Tür auf das Wasserbett gerichtet war.
    Parsons und die Frau hatten sich ausgezogen und lagen auf den schwarzen Satinlaken, als es laut und nachdrücklich an der Tür klopfte. Der Mann fuhr hoch, wirkte zuerst erschrocken, dann lediglich beunruhigt und aufgebracht.
    »Die gehen schon wieder«, sagte er.
    Er versuchte ihre Arme festzuhalten, damit sie auf ihm blieb, aber sie glitt von ihm herunter.
    »Das ist mein Freund. Der lässt mich nicht in Ruh. Der schlägt sonst die Tür ein«, sagte sie. Sie raffte ihre Kleidung zusammen und drückte sie vor Bauch und Brüste.
    »Hey, hältst du mich für total bescheuert?«, sagte Parsons. »Mach nicht auf ... Hast du gehört! Hör mal, du schwarze Fotze, mich nimmst du nicht aus.«
    Sie schob den Riegel an der Tür zurück, und mit einem Mal erfasste die Kamera den Rücken und den an der Seite glatt rasierten und oben entkrausten Kopf eines hünenhaften Schwarzen. Es war jedenfalls nicht der Mann, den Brandy Grissum erwartet hatte. Sie schluckte, als ob sie eine Rasierklinge im Hals stecken hätte.
    Aber Dwayne Parsons wusste immer noch nicht, was gespielt wurde.
    »Wenn du mich ausrauben willst, du Arschgeige, dann nimm doch einfach das Geld auf der Kommode. Hast du dir die Knarre aus der Requisite besorgt?«, fragte er.
    Der Schwarze mit der Waffe sagte nichts. Doch der erschrockene Blick der Frau war eindeutig. Sie hatte ihm angesehen, was er vorhatte.
    »Ich hab dich noch nie gesehn, Braut. Machst du hier auf selbstständig?«, fragte er.
    »Nein, ich mein, ja. Ich kenn hier niemand. Ich bin nicht aus New Orleans.« Sie hielt ihre Kleidung vor Unterleib und Brüste. Ihr Mund zuckte.
    Einen Häuserblock weiter marschierte eine Brass-Band die Bourbon Street entlang. Der Mann dachte nach, deutete dann mit dem Lauf seiner Automatik zur Tür. Sie schlüpfte in Rock und Bluse, knüllte die Unterwäsche zusammen, nahm ihre Schuhe und die Handtasche und verschwand fluchtartig.
    Dwayne Parsons’ Gesicht hatte jede Farbe verloren. Er schwang die Beine über die
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