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Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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zu Ende. Stattdessen goss sie sich ein Glas Sherry ein und trank. »Daddy war schwer runtergekommen. Er hat vom Mistausfahren gelebt. Die reichen Leute an der East Main haben ihn nur zur Hintertür gelassen.«
    Ich wandte den Blick nicht von ihrem Gesicht.
    »Schau, als dieser schwarze Bürgerrechtler mit Daddys Gewehr erschossen wurde, hat er sich Geschichten ausgedacht. Die Leute haben über ihn geredet. Mit einem Mal war er wer, zumindest eine Zeit lang«, sagte sie.
    »Hat er bezüglich des Mordes gelogen?«
    »Wie würde es dir denn schmecken, wenn du als weißer Abschaum giltst, noch dazu in einer Kleinstadt wie New Iberia?«
    »Ist ja ein toller Tausch«, sagte ich.
    »Weißt du was Besseres?«
    Sie winkte dem Barkeeper, deutete auf eine Schuhschachtel unter der Registrierkasse. Er reichte sie ihr und ging wieder weg. Sie nahm den Deckel ab.
    »Du bist doch beim Militär gewesen. Mal sehen, ob du das Zeug da drin kennst. Ich weiß über Orden nicht Bescheid«, sagte sie.
    Der Karton war schwer und voller Uhren, Ringe, Taschenmesser und militärischer Auszeichnungen, darunter einige Purple Hearts und mindestens zwei Silver Stars. Außerdem enthielt er einen 32er Revolver, dessen Griff mit Isolierband umwickelt war.
    »Wenn’s zu den Orden eine samtgepolsterte Schachtel gibt, lass ich drei Getränke anschreiben«, sagte sie.
    »Danke für deine Mühe«, sagte ich.
    »Sprich mit Buford LaRose, wenn du was über meinen Vater rausfinden willst. Wegen seinem Buch ist Daddy ins Gefängnis gekommen.«
    »Möglicherweise tu ich das.«
    »Wenn du Buford siehst, sag ihm ...« Doch dann schüttelte sie den Kopf, ohne den Satz zu Ende zu bringen. Sie schürzte leicht die Lippen und hauchte einen Kuss in die Luft.
    Tags darauf fuhr ich in der Mittagspause nach Hause, und als ich am Bayou um die Kurve bog, sah ich Karyn LaRoses blaues Mazda-Kabriolett rückwärts aus meiner Auffahrt stoßen und über den Fahrweg auf mich zukommen. Sie hielt neben mir an und nahm ihre Sonnenbrille ab. Sie lächelte und zeigte ihre weißen Zähne. Die gebräunte Haut und die platinblonden Haare waren vom Sonnenlicht gesprenkelt, das durch die Eichen fiel.
    »Was gibt’s, Karyn?«
    »Ich dachte, das wär ein günstiger Zeitpunkt, um euch mal rauszulocken.«
    »Wie bitte?«
    »Ach komm, hör mit den Kindereien auf, Dave.«
    »Hör zu, Karyn ...«
    »Bis bald, Kleiner«, sagte sie und legte den Gang ein. Ihre  Haare wehten im Wind, als ich ihr im Rückspiegel nachschaute, bis sie verschwunden war.
    Ich bog in unsere Auffahrt und parkte neben dem Haus, das mein Vater, ein riesiger, trinkfester und stets grinsender Cajun, der bei der Explosion einer Ölquelle draußen auf dem Meer umgekommen war, während der Depression mit eigener Hand aus behauenen Zypressenstämmen gebaut hatte. Im Laufe der Jahre hatte sich das Blechdach über der Veranda rostrot verfärbt, und die Holzwände waren durch den Regen, die Staubstürme und den Qualm der Stoppelfeuer nachgedunkelt und gehärtet. Meine Frau Bootsie und ich hatten Körbe mit Springkraut auf der Veranda aufgehängt, Blumenkästen vor die Fenster gestellt und die Beete rundum mit Rosen, Hibiskus und Hortensien bepflanzt, doch das Haus, das fast das ganze Jahr über im Schatten der immergrünen Eichen und Pecanbäume lag, hatte dennoch etwas Düsteres an sich, etwas Altes, das unmittelbar aus dem Jahre 1930 zu stammen schien, so als ob mein Vater nach wie vor seinen Besitzanspruch geltend machte.
    Bootsie hatte Sandwiches mit Schinken und Zwiebeln, Eistee und Kartoffelsalat zubereitet, und wir deckten gemeinsam den Küchentisch und ließen uns zum Mittagessen nieder. Ich wartete ständig darauf, dass sie Karyns Besuch erwähnte. Doch sie tat es nicht.
    »Ich habe Karyn LaRose draußen auf dem Weg gesehen«, sagte ich.
    »O ja, hab ich ganz vergessen. Sie möchte, dass wir morgen Abend zu einer Gartenparty vorbeikommen.«
    »Was hast du ihr gesagt?«
    »Dass wir meines Wissens noch nichts vorhaben. Aber ich hab gesagt, dass ich dich erst fragen muss.« Sie hatte aufgehört zu essen. Ich spürte ihren Blick auf meinem Gesicht. »Willst du nicht hin?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Hast du einen Grund dafür? Oder sagen wir den Leuten einfach aus Lust und Laune, dass sie uns gestohlen bleiben können?«
    »Buford ist mir zu glatt.«
    »Er ist Therapeut und Universitätsprofessor. Vielleicht bekommt dieser Staat endlich mal einen Gouverneur, der ein bisschen mehr Grips hat.«
    »Schön, dann gehen wir eben
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