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Nacht der Hexen

Titel: Nacht der Hexen
Autoren: Kelley Armstrong
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zu entschuldigen.«
    »Ach was«, sagte sie, während sie sich wieder in Richtung Küche zurückzog. »Wozu sollte man in dieser Stadt die Schule schwänzen? Kein Einkaufszentrum, kein Starbucks, nicht mal ein Mickey D’s!«
    »Du könntest immer noch mit den anderen Kids vor der Eisenwarenhandlung rumhängen.«
    Sie schnaubte und verschwand in der Küche.
    Der Umschlag hatte das übliche Briefformat, nichts Ungewöhnliches daran. Nur mein Name und meine Adresse, handschriftlich, klare, exakte Buchstaben, und eine vorgedruckte Absenderadresse in der linken oberen Ecke. Der Absender? Eine kalifornische Anwaltskanzlei.
    Ich riss den Brief auf. Mein Blick fiel auf die erste Zeile, in der ich gebeten – nein, aufgefordert – wurde, mich zu einem für den nächsten Vormittag angesetzten Treffen einzufinden. Mein erster Gedanke war: Oh, Scheiße. Ich nehme an, dies ist eine vollkommen normale Reaktion, wenn man unerwartet eine Vorladung bei einem Anwalt bekommt.
    Ich ging davon aus, dass es etwas mit meinem Beruf zu tun haben musste. Ich erstellte und betreute Websites für Frauen, die männliche Webdesigner und deren Überzeugung satt hatten, gewünscht würde in solchen Fällen nichts Anspruchsvolleres als ein geblümter Bildschirmhintergrund. Urheberrechtsfragenim Internet sind so undurchsichtig und verwickelt wie der Vorlauf einer Prominentenhochzeit; also nahm ich beim Anblick eines Briefs voller Juristenkauderwelsch zunächst einmal an, dass ich etwas angestellt haben musste – etwa eine Flashsequenz geschrieben, die zufällig eine flüchtige Ähnlichkeit mit einer Flashsequenz auf irgendeiner Website in Zaire hatte.
    Dann las ich die nächste Zeile.
    »Der Zweck dieses Treffens ist es, Ihnen den Antrag unseres Mandanten auf Erteilung der Vormundschaft für die Minderjährige Savannah Levine …«
    Ich schloss die Augen und holte tief Luft. Okay, ich hatte gewusst, dass das passieren konnte. Savannahs einzige lebende Verwandte war eine der Zirkelältesten, aber ich hatte immer angenommen, dass Savannahs Mutter Freunde gehabt haben könnte, die sich gefragt haben mussten, was aus Eve und ihrer Tochter geworden war. Wenn sie feststellten, dass eine Großtante die Vormundschaft für Savannah übernommen und sie dann an mich weitergegeben hatte, würden sie eine Erklärung haben wollen. Und vielleicht auch Savannah selbst.
    Natürlich würde ich kämpfen. Das Problem dabei war, dass Savannahs Tante Margaret die Schwächste der drei Ältesten war, und wenn Victoria darauf bestand, dass sie auf die Vormundschaft verzichtete, dann würde sie es tun. Die Ältesten verabscheuten Probleme und würden schon angesichts der bloßen Möglichkeit, der Zirkel könnte irgendeine Art von Aufmerksamkeit auf sich ziehen, kollektiv Ausschläge bekommen. Wenn ich mir ihre Unterstützung sichern wollte, würde ich sie davon überzeugen müssen, dass die Gefahr für sie selbst größer war, wenn sie Savannah aufgaben, als wennsie sie behielten. Bei den Ältesten lief es immer auf das Gleiche hinaus – auf die Frage, was für
sie
am besten, für
sie
am ungefährlichsten war.
    Ich überflog den Rest des Briefes, suchte das Kauderwelsch nach dem Namen des Antragstellers ab. Als ich ihn schließlich fand, fiel mir der Magen in die Schuhe. Ich konnte es nicht glauben. Halt, Korrektur – ich hatte keinerlei Mühe, es zu glauben. Ich verfluchte mich dafür, dass ich es nicht hatte kommen sehen.
    Habe ich erwähnt, wie meine Mutter gestorben ist? Im vergangenen Jahr hatte eine kleine Gruppe von Menschen von der paranormalen Welt erfahren und wollte sich unsere Kräfte zunutze machen; also kidnappten sie eine Anzahl mächtiger Paranormaler. Unter ihnen war auch Savannahs Mutter Eve gewesen. Savannah hatte das Pech gehabt, an diesem Tag früher aus der Schule gekommen zu sein, und wurde ebenfalls mitgenommen.
    Eve allerdings stellte sich sehr bald als gefährlicher heraus, als ihre Entführer angenommen hatten, also töteten sie sie. Auf der Suche nach einem Ersatz entschieden sie sich für meine Mutter, das alternde Zirkeloberhaupt. Sie wurde entführt, zusammen mit Elena Michaels, einer Werwölfin. Im Hauptquartier ihrer Entführer lernten sie eine weitere Gefangene kennen, eine Halbdämonin, die später meine Mutter tötete und die Schuld auf Savannah schob. All das gehörte zu einem komplizierten Plan, die Kontrolle über Savannah zu gewinnen und so Zugang zu einer jungen, beeinflussbaren und außergewöhnlich mächtigen Hexenschülerin zu
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