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Nacht der Dämonen

Titel: Nacht der Dämonen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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Kaiphal, doch zu einer weit gewaltigeren Größe als bisher angeschwollen und in einem unheimlichen roten Licht glühend.
    »Tiamu!« sagte Sost dicht hinter ihr. »Was hast du getan? Was ist aus dir geworden?«
    »Bleib ganz dicht bei mir, Sost«, keuchte sie, denn sie wusste, obgleich nicht woher, dass nur sie ihm Sicherheit zu bieten vermochte.
    Auf halbem Weg zu ihr hielt Gevem plötzlich an. Sein Gesicht wurde rot. Ein kalter Schauder rann über Tiamus Rücken, als sie sah, wie dieses Rot sich ganz über ihn breitete: von seinem Gesicht über seine Arme und seine blutige Rüstung – ein grell leuchtendes Rot war es. Lauschend blickte sie hoch. Ihre Hand klammerte sich fester um den Stab, denn nun hörte sie eine Stimme in ihrem Kopf, die nicht der Erinnerung entsprang:
    Frei! Frei! Frei zum großen Schmaus!
    Das glühende Rot füllte jeden Schatten in dem großen Saal. Durch jede Öffnung schienen hauchfeine Formen zu schweben: gefiederte Formen mit hungrigen, spitzzähnigen, nichtmenschlichen Gesichtern. Und immer mehr wurden es in dieser wachsenden Röte.
    Gevem fing gellend zu schreien an. Das Schwert entglitt seiner tauben Hand und klapperte auf den glänzenden Fliesenboden. Gespenstische Fühler aus diesem Rot schienen sich von allen Seiten in sein Fleisch zu bohren. Seine Schreie wurden noch lauter, verzweifelter und schließlich von Wahnsinn erfüllt, während er sich in diesem überirdischen Glühen wie ein Insekt in einem Netz wand. Sost holte erschrocken Luft, noch nie hatte er eine Kreatur solchen Schmerz ausstrahlen gespürt; es war, als entzögen Dämonen Gevems Körper auch das letzte, was an Qual in einem Menschen stecken konnte.
    Endlich erlöste der Tod den Zamorier. Aus seinem reglosen Körper schwebte etwas kränklich schimmerndes Gelbes, gefangen in roten Fühlern, und stieg auf wie Dunst. Wieder keuchte Sost, als in seinem Kopf etwas wie ein geistiger Schrei von diesem Fahlgelb erzitterte – ein schrecklicherer Schrei war es, als jeder bisherige aus Gevems lebendem Körper.
    Er blickte hoch und sah, wie das gespenstische Gelb durch die eingestürzte Decke verschwand. Weitere, ähnliche Schimmer folgten ihm, gefangen in einem Netz roter Fühler, das immer dichter wurde. Grauenvolle Schreie schrillten in dem Saal, als die Seelen der Überlebenden aus ihren Körpern gerissen wurden.
    »Mitra!« krächzte Sost. »Das Erdvolk!«
    In dicken Wolken schwärmte es im Saal, aber ihm fiel auf, dass es Tiamu und ihn mied. Leuchtendrote Wellen der Macht entströmten dem Ende des Stabes, den das Mädchen senkrecht emporhielt, und die gespenstischen Wesen schienen sich davor zu fürchten. Plötzlich schrie Tiamu auf:
    »Sost – hilf mir! Der Stab wird zu schwer für mich!«
    Er kniete sich neben sie – neben dieses ungewöhnliche Geschöpf, das er einmal zu kennen vermeint hatte, das ihm nun jedoch fremd war.
    »Was kann ich tun, Tiamu?«
    »Stütze meinen Arm, damit ich den Stab weiterhin hochhalten kann, denn sonst haben wir keinen Schutz mehr.«
    Er gehorchte dem Drängen ihrer Stimme, setzte sich neben sie, zog sie mit dem linken Arm an sich und schloss seine – Rechte um ihre.
    Das rote Glühen hatte sich noch verstärkt und mit ihm die entsetzlichen Geistschreie der entkörperten Seelen. Sost und Tiamu blickten hoch – und beide schrien erschrocken auf. Der Stern Kaiphal war nicht länger ein großer Himmelskörper, sondern eine monströse Scheibe brodelnden roten Feuers, viele hundert Male größer als die Sonne, und er schien drohend durch das zerbrochene Kuppeldach zu funkeln. Ein Donnern kam von ihm, ähnlich dem des Chaos bei der Geburt der Welten. Ein Schacht roten Feuers umgab ihn, in dem ein Wirbelwind zu toben schien, der immer mehr der fahlgelben Schimmer mit sich emporriss: die Seelen nicht nur jener in dem Saal, sondern von allen in ganz Elkad. Durch unvorstellbare Dimensionen trug das Erdvolk sie, damit der gewaltige Hunger des Urgottes Omidon gestillt würde.
    »Sost!« wisperte Tiamu kraftlos, während das Chaos immer stärker um sie wirbelte. »Halt meinen Arm hoch – ich brauche deine Kraft …«
     
    Ihre Schmerzen verbeißend, plagte Sonja sich auf Hände und Knie, schüttelte das Haar aus dem Gesicht und schaute sich um. Von Keldums Leiche war nichts mehr zu sehen. Ihr Schwert war ein beachtliches Stück gerutscht. Noch schwindelig kam sie auf die Füße, taumelte zu ihm und steckte es in seine Scheide zurück.
    Der rote Sturmwind war weitergezogen. Sonja keuchte, als sie
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