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Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Titel: Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)
Autoren: Timo Heinze
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Klinsmann als neuer Trainer vorgestellt wurde, kam man sich auf dem Trainingsgelände vor, als würde gleich der neue amerikanische Präsident seine Antrittsrede im Weißen Haus halten. An solchen Tagen wurde mir überhaupt mal so recht bewusst, welch enorme Tragweite dieser Verein in der Gesellschaft besitzt.
    Einmal allerdings geriet die Sache ein wenig zu spannend für meinen Geschmack. Fans waren an diesem Tag so gut wie keine vor Ort. Die Profis waren nicht zugegen, und es regnete in Strömen. Meine damalige Mannschaft und ich trainierten auf dem Kunstrasen. Wir waren gerade richtig vertieft in unser Trainingsspiel, als ein Mann von der Security wild gestikulierend auf unseren Trainer zulief und ihm panisch etwas ins Ohr stammelte. Wir mussten umgehend das Feld verlassen und uns so schnell wie möglich in die Kabine begeben. Dort saßen wir völlig verwirrt auf unseren Plätzen und erfuhren erst einige Minuten später den Grund für diese ungewöhnliche Maßnahme. An das Kunstrasenfeld grenzte der Parkplatz einer benachbarten Sporthalle. Auf diesem stand ein heruntergekommener, rostiger PKW auffällig nah am Zaun postiert. Der Wagen hatte ein spanisches Nummernschild. Allein das reichte, um den Wachmann nervös zu machen.
    Denn genau in diesen Tagen befanden sich die Sicherheitsleute auf dem Gelände in höchster Alarmbereitschaft. Der damalige Bayern-Spieler Bixente Lizarazu, dieser großartige linke Verteidiger, war ungewollt in den Fokus der radikalen Politik geraten und erhielt sogar eine Weile Personenschutz. Lizarazu ist Franzose und gleichzeitig Baske. Das Baskenland erstreckt sich bekanntlich sowohl über einen Teil Frankreichs als auch Spaniens, und Teile der Bevölkerung streben nach Unabhängigkeit. Die terroristische Untergrundorganisation ETA hatte sich Lizarazu als Feindbild auserkoren und ihm öffentlich gedroht, weil er als gebürtiger Baske für die Equipe Tricolore Frankreichs auflief und sich weigerte, eine Art Schutzgeld zu bezahlen. Und auch wenn er an diesem Tag überhaupt nicht anwesend war, befürchteten die Wachleute eine Bombe in dem Wagen, die explodieren könnte. Es wäre dann wohl nicht so vorteilhaft gewesen, wenn wir wenige Meter daneben dem Ball hinterhergejagt hätten. Letzten Endes wurde die Polizei gerufen, und alles stellte sich als falscher Alarm heraus. Das Auto war einfach nur eine alte Karre aus Spanien gewesen und sonst nichts. Trotzdem, das Training war an diesem Tag gelaufen. Und ein leicht mulmiges Gefühl blieb, als ich das Gelände verließ.
Erst als ich mein Essen bei Susi und Made bezahlen will, fällt es mir auf. Mein Geldbeutel ist weg. Das kommt natürlich überhaupt nicht gut, wenn man alleine fernab der Heimat unterwegs ist, und ich bin einigermaßen schockiert. Wie es aussieht, ist mir die Geldbörse aus dem Rucksack gefallen. Ich hatte die kleine Vordertasche dummerweise nicht anständig geschlossen gehabt, und so muss das Ding während der holprigen Fahrt hierher auf dem Motorbike herausgefallen sein. Zum Glück hatte ich meine Papiere woanders verstaut, doch ein ziemlicher Batzen Bargeld plus Bankkarte sind dahin. Ich beschließe dennoch, mich erst einmal zu beruhigen, und schlendere durch die Gegend.
Das Homestay ist rundherum liebevoll gepflegt und eine idyllische Anlage mit fünf Zimmern im Bungalow-Stil. Das kleine Areal durchzieht ein saftig grüner Rasen mit viereckigen, in das Grün eingelassenen Steinplatten. Sie markieren die Abzweigungen zu den einzelnen Häusern. Überall sprießen wunderschöne Pflanzen in den verschiedensten Formen, und bis auf das Rauschen des Meeres ist es vollkommen ruhig. Auch ohne Geld in der Tasche fühle ich mich hier bedeutend wohler als in Kuta. Ich male mir in Gedanken aus, was man hier mit den richtigen Leuten alles anstellen könnte, um einfach Spaß zu haben und gemütlich abzuhängen. Ich finde es fast ein wenig schade, diesen Ort mit niemandem teilen zu können. Am liebsten würde ich mir genau dieses Homestay jeden Winter mieten und all meine Freunde und die Familie einfliegen lassen.
    Die ersten Jahre wohnte ich natürlich noch in Rosenheim bei meiner Familie. Der Verein stellte einen Fahrer mit Kleinbus zur Verfügung. Zu dieser Zeit spielten noch andere Jungs aus der Rosenheimer Region bei Bayern, darunter auch Florian Heller, heutiger Bundesligaspieler bei Mainz 05. Und Bastian Schweinsteiger. Er wohnte am weitesten draußen von uns allen, in Oberaudorf, und wir mussten daher einen ziemlichen Umweg für ihn
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