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Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Titel: Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)
Autoren: Timo Heinze
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Geschäftsstelle mit all ihren schillernden Pokalen in den Vitrinen, die Kabinen, ja sogar die allerorts weiß gestrichenen Wände mit rotem Querstreifen, alles fein säuberlich gehegt und gepflegt. Ich fühlte mich wie in einer neuen Welt angekommen. Im Laufe der Jahre wurde der Aufenthalt in dieser Umgebung natürlich immer mehr zur Routine. Aber gerade zu Beginn fand ich es doch sehr aufregend, wenn mir manchmal Uli Hoeneß oder, wesentlich seltener, Franz Beckenbauer grüßend entgegenkamen.
    Mit demselben Gefühl genoss ich meine ersten Einsätze im altehrwürdigen Olympiastadion. Auch wenn meine Beteiligung am Spiel doch recht zaghaft, um nicht zu sagen äußerst passiv, ausfiel. Ich durfte als D- und C-Jugendlicher bei diversen Heimspielen als Balljunge gemeinsam mit einigen Mannschaftskameraden am Spielfeldrand fungieren. Obwohl so eine Aufgabe im Prinzip sehr simpel ist, war unsere größte Sorge, dabei einen Fehler zu machen.
    Bei aller Anspannung blieb aber noch immer genug Zeit, um die Spiele auf sich wirken zu lassen. Ich erinnere mich an einige spannende Bundesligapartien und einen lustigen Torjubel von Giovane Elber, der sich direkt vor meinen Augen in eine große Matte mit dem Bayern-Emblem einrollte. Aber ganz besonders an ein Champions-League-Heimspiel gegen Real Madrid. Es war das Halbfinal-Rückspiel, und Nicolas Anelka machte den in der Endabrechnung alles entscheidenden Auswärtstreffer. Ich stand fluchend hinter dem Tor, als er den Kopfball wuchtig in die Maschen drückte. Sogar ein Länderspiel gegen die Türkei erlebte ich auf diese Art und Weise. Ich stand hinter dem Tor, das von der türkischen Fankurve umgeben war. Die Leute dort machten solch eine frenetische Stimmung, dass von einem deutschen Heimspiel in München kaum die Rede sein konnte. All diese Spiele so hautnah mitzubekommen, in ihrer ganzen Rasanz und Atmosphäre, hat bei mir als Junge gehörigen Eindruck hinterlassen.

    Als Zwölfjähriger in meiner ersten Saison für den FC  Bayern.
    Auch das Profitraining war zu dieser Zeit ein absolutes Highlight: die Stars versammelt auf einem Haufen und zum Greifen nahe. Und wie schnell und präzise die Fußball spielen konnten, das beeindruckte mich über alle Maßen. Ich stand in den folgenden Jahren immer mal wieder hinter dem Zaun des Profirasens, des sogenannten Einsers, wie er unter uns Spielern genannt wurde. Jedes Mal, wenn ich den Herren bei der Arbeit zusah, dachte ich: Da will ich auch hin. In diese Mannschaft will ich es schaffen. Anfangs erschien mir dieser Gedanke völlig abstrus und nicht von dieser Welt. Ich schämte mich fast vor mir selbst für so eine anmaßende Haltung. Doch der Gedanke war nun mal da.
    Nüchtern betrachtet aber war es ein Ding der Unmöglichkeit. Ein schöner Kindheitstraum zwar, doch letztendlich nur ein Hirngespinst. Ich wusste damals schon sehr genau, wie gering die Wahrscheinlichkeit war, eines Tages Teil dieser Truppe zu werden. Doch je länger ich beim FC Bayern spielte, je näher ich auch altersmäßig der ersten Mannschaft kam, desto greifbarer gestaltete sich diese einstmals fixe Idee. Später wusste ich zwar immer noch, dass vieles zusammenpassen musste, um dieses Ziel zu erreichen. Doch völlig abwegig war der Gedanke dann schon nicht mehr. Und irgendwann war ich so weit gekommen, dass ich insgeheim fest daran glaubte, tatsächlich bald Mitglied der ersten Mannschaft des FC Bayern zu werden.
    Die Trainingseinheiten der Profis waren in meinen ersten Jahren beim FC Bayern häufig nicht öffentlich. Das heißt, ich selbst konnte natürlich trotzdem zuschauen, aber normalen Besuchern oder gar Medienvertretern wurde kein Einlass gewährt. Abhängig von der Einstellung des jeweiligen Trainers, variierte diese Regelung. Doch so oder so gab es auch immer mal ein Profitraining für die breite Masse. Gerade in den Sommerferien kam man sich an der Säbener Straße oft vor wie in einem überlaufenen Vergnügungspark. An manchen Tagen stürmten ganze Kolonnen an Fans das Gelände, sodass wir Jugendspieler Mühe hatten, uns von unserem Trainingsplatz den Weg zu den Kabinen zu bahnen. Die Leute, hauptsächlich waren es Familien, waren völlig aus dem Häuschen bei jeder noch so kleinen ansprechenden Aktion einer der Stars. Da wurde ein Tor im Trainingsspielchen so laut bejubelt, als ginge es um Punkte für die Deutsche Meisterschaft.
    Diese Massenaufläufe wurden im Laufe der Jahre immer ausufernder, wie auch das gesamte Medienaufkommen. Als Jürgen
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