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Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Nach dem Sturm: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Farris Smith
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Ich hab einen Safe hinten im Vorratsraum. Ich hol meinen Kram raus, und dann hau ich ab. Ihr beide könnt mitkommen, wenn ihr nichts Besseres vorhabt.«
    Evan schaute durchs Fenster auf den Wahnsinn, der draußen tobte. Dann schaute er Brisco an.
    »Mir wurde gesagt, ich soll warten, bis sie zurück sind«, sagte er.
    »Zurück von wo?«
    »Von da unten. Sie sind gestern Abend losgefahren.«
    »Heilige Scheiße«, sagte Big Jim. »Wenn sie nicht weggeschwemmt wurden, schaffen sie es vielleicht irgendwann zurück. Aber wie lange sollt ihr denn warten?«
    »Vierundzwanzig Stunden.«
    Big Jim verzog das Gesicht. »So lange kann ich nicht bleiben. Ich hab nicht genug Munition.«
    »Ich hab noch welche oben«, sagte Evan. »Und Gewehre auch.«
    »Ich hab keine Lust, bei Einbruch der Dunkelheit noch hier zu sein. Mir reicht’s. Diese Stadt wartet schon eine ganze Weile darauf, unterzugehen, und in der nächsten Nacht könnte es so weit sein. Wenn Gott gnädig ist.«
    Evan setzte sich auf einen Stuhl und ließ den Kopf hängen. Brisco setzte sich neben ihn. Er konnte nur hoffen, dass Cohen noch am Leben war und zu ihnen zurückkam.
    Er hob den Kopf und fragte: »Wohin gehen Sie?«
    Big Jim zuckte mit den Schultern. »Das weiß ich erst, wenn ich da bin.«
    »Aber was ist, wenn wir weggehen, und sie kommen dann, um uns abzuholen?«
    »Dann werden sie innerhalb einer Minute erkannt haben, dass ihr abgehauen seid.«
    Evan senkte wieder den Kopf. »Mist.«
    »Mist«, sagte Brisco.
    »Eure Entscheidung«, sagte Big Jim und schoss erneut durch das Fenster, einfach nur so. »Ich spring kurz nach oben und zieh meine Schuhe an, und dann geh ich zum Safe, und dann bin ich weg. Ihr habt eine Minute, um darüber nachzudenken.«
    Er reichte Evan die Flinte, der sie entgegennahm, und dann war Big Jim auch schon auf dem Weg nach oben. Brisco griff nach der Flinte, aber Evan hielt sie woanders hin und sagte: »Du sollst keine Waffen anfassen.«
    »Du fasst sie doch auch an.«
    »Das ist was anderes, Brisco.«
    »Es ist unfair.« Brisco verschränkte trotzig die Arme.
    Evan lehnte sich zurück und starrte nach oben zur vergilbten Decke. Du hast recht, dachte er, es ist nicht fair.
    Er hatte Hunger. Und er wusste, dass Brisco Hunger hatte. Immerhin gab es hier im Café was zu essen. Aber damit war er schon am Ende seiner Liste mit positiven Dingen. Er wusste überhaupt nicht, was los war, aber er musste eine Entscheidung treffen. Draußen auf dem Platz, mitten im Regen und im Wind, jagten drei Männer einen anderen, der sich eine Tasche mit Sachen unter den Arm geklemmt hatte. Sie kreisten ihn ein, aber er wollte nicht aufgeben. Schließlich stürzten sie sich auf ihn, warfen ihn nieder, brüllten, schlugen und traten nach ihm, bis der Mann am Boden lag. Die Tasche wurde ihm weggerissen, aber sie hörten trotzdem nicht auf, ihn zu schlagen und zu treten, bis er regungslos im Wasser lag. Alle Menschen rund um den Platz strömten in die Häuser und wieder heraus wie hungrige Tiere.
    Evan lehnte die Flinte gegen die Wand und schaute Brisco an. Er wünschte sich, sein kleiner Bruder könnte ihm sagen, was sie jetzt tun sollten.
    Cohen erwachte vor Mariposa vom Grollen des Donners. Er rieb sich das Gesicht und schaute hinaus auf das im Wasser versinkende Land. Er vermutete, dass sie ungefähr eine Stunde geschlafen hatten, vielleicht auch zwei. Aber das konnte er nicht mit Sicherheit sagen. Er berührte Mariposa an der Schulter und schüttelte sie leicht. Sie wachte auf und setzte sich aufrecht hin. Sie schaute sich um, als wüsste sie nicht, wo sie war, aber dann kam sie zu sich, rieb sich die Augen und strich sich die Haare aus dem Gesicht.
    »Wir müssen los«, sagte Cohen.
    Er startete den Motor, fuhr mehrmals vorsichtig vor und zurück, um den Pick-up zu wenden, ohne von der schmalen Straße abzukommen. Als er den Gang einlegte und vorwärts fuhr, fragte Mariposa: »Was ist mit dem Geld?«
    Er bremste ab und hielt an.
    »Was meinst du damit?«
    Sie zog die Nase hoch und wischte sich mit dem Ärmel das Gesicht ab. Ohne ihn anzusehen, sagte sie: »Du weißt, was ich meine.«
    Er nahm den Gang raus und starrte nach vorn.
    »Ist es weit weg?«, fragte sie.
    »Ich glaube nicht. Aber ich weiß nicht, wie wir hinkommen sollten, ohne den gleichen Weg einzuschlagen wie gestern Nacht.«
    »Glaubst du, Evan und Brisco geht’s gut?«
    Cohen zuckte mit den Schultern. »Kann ich mir kaum vorstellen.«
    Mariposa rutschte hin und her, legte die Hände auf
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