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Nach all diesen Jahren

Nach all diesen Jahren

Titel: Nach all diesen Jahren
Autoren: Cathy Williams
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ein altes Paar Schuhe! Dabei war er ihr Ein und Alles! Wie soll ich ohne ihn weiterleben? Das geht doch gar nicht! Der Gedanke daran, morgens ohne ihn aufzuwachen, war einfach unvorstellbar.
    „Beruhige dich doch bitte!“ Raoul strich sich die Haare zurück. Die Hitze war einfach unerträglich. Er fühlte, wie ihm der Schweiß ausbrach.
    „Ich bin ruhig!“ Sarahs Stimme klang plötzlich eine Oktave höher als sonst. „Ich hätte nur gern gewusst: Wie ist es eigentlich, jemanden drei Monate lang auszunutzen? Hat es Spaß gemacht?“
    Sie drehte sich um und strebte dem Dorfplatz zu. Dort standen die in einem Kreis angeordneten Hütten, in denen die Klassenräume untergebracht waren. Zwanzig Kinder kamen täglich zum Unterricht. Raoul hatte mit der Schule nichts zu tun. Er war einer der Helfer, die schwere körperliche Arbeiten verrichteten. Es gab weitere Hütten zu bauen, Felder zu bestellen und die Ernte einzubringen.
    „Hast du einfach nur das Beste aus der Situation gemacht? Angesichts der Tatsache, dass es hier nicht gerade viel Auswahl gibt?“
    „Jetzt sei doch nicht so!“ Raoul packte Sarah am Arm und zog sie zu sich heran.
    „Ich weiß, dass ich nicht gerade ein Vamp bin. Wahrscheinlich umschwärmen dich sonst die tollsten Frauen.“ Sarah biss sich auf die Lippen. Am liebsten hätte sie sich in einem Mauseloch verkrochen. „Eigentlich kam mir das alles von Anfang an komisch vor. Aber wahrscheinlich musste es so kommen, da ich die Einzige war, mit der du reden konntest. Die anderen sprechen ja alle kein Englisch.“
    „Hör auf!“ Er verstärkte den Griff um ihren Arm, fühlte, wie sie zitterte, und musste sich beherrschen, um sie nicht einfach zu küssen. „Wenn du darauf bestehst, dann sage ich dir, welchen Typ Frau ich normalerweise bevorzuge. Ich suche mir immer Frauen, die nichts von mir erwarten. Ich sage das ohne jede Wertung. Es ist einfach so. Natürlich waren alle attraktiv, aber keine hatte eine Ausstrahlung wie du.“
    „Und die wäre?“, fragte Sarah sarkastisch. Insgeheim gestand sie sich jedoch ein, dass sie nach einer liebevollen Bemerkung hungerte. Sie wäre sogar bereit zu bitten und zu betteln. Auch wenn ihr Stolz das eigentlich verbot, doch für ein kleines Fünkchen Hoffnung würde sie selbst das tun.
    „Jung, unschuldig und immer ein Lächeln auf dem Gesicht.“ Er ließ sie los und strich ihr übers Haar. „Genau aus diesem Grund hätte ich beide Beine in die Hand nehmen sollen, als du mich mit deinen großen grünen Augen angesehen hast. Aber ich konnte einfach nicht. Du stehst für alles, was ich mir geschworen habe zu meiden – und trotzdem hatte ich nicht die Kraft, dir zu widerstehen.“
    „Das musst du nun auch nicht mehr.“ Sarah brachte einen Sicherheitsabstand zwischen sich und Raoul und setzte sich auf einen Baumstamm, der als Bank diente.
    Ihr schlug das Herz bis zum Hals, und irgendwie schien zu wenig Sauerstoff in der Luft zu sein. Sie blickte nicht auf, als sich Raoul neben sie setzte.
    Die Nacht war voller Geräusche. Insekten umschwirrten sie, und Frösche quakten, aber zumindest war es um einiges kühler als in dem stickigen Zimmer.
    Nach einer Weile sagte sie zaghaft: „Ich bitte dich ja gar nicht darum, dich endgültig festzulegen und mich zu heiraten.“ Wem mache ich hier eigentlich gerade etwas vor, dachte sie gleich darauf, denn genau das hätte sie am allerliebsten getan. Sie zwang sich, gelassen zu erscheinen. „Aber du musst doch nicht gleich völlig aus meinem Leben verschwinden. Wir können doch zumindest in Kontakt bleiben.“ Sie versuchte ein tapferes Lächeln. „Dafür gibt es Handys und E-Mails und all diese sozialen Netzwerke.“
    „Wie oft haben wir denn über den Sinn und Unsinn dieser Netzwerke gesprochen? Ich halte nichts davon, meine Privatangelegenheiten vor der ganzen Welt auszubreiten.“
    „Du bist wirklich der reinste Neandertaler.“ Sie lächelte und dachte an die Nächte, die sie diskutiert hatten. Engagiert und humorvoll hatten sie sich einen Schlagabtausch nach dem anderen geliefert. Eine verbale Kissenschlacht sozusagen. Vertrat Raoul erst einmal einen bestimmten Standpunkt, war es unmöglich, ihn davon abzubringen. Sarah hatte ihn ständig wegen seiner „Sturheit“ aufgezogen. Aber sie liebte es, mit ihm zu scherzen, zu lachen … es war wundervoll.
    „Und damit wärst du zufrieden“, unterbrach Raoul ihre Gedanken. Wäre sie das wirklich, würden wir jetzt nicht diese Unterhaltung führen. Dann würde sie
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