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Mythor - 119 - Das sterbende Land

Mythor - 119 - Das sterbende Land

Titel: Mythor - 119 - Das sterbende Land
Autoren: Wolf Paul
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nach dem wir streben sollen. Seit damals fürchte ich, daß wir im Licht des Landes Heluma verbrennen könnten. Kann Goolux dieses Opfer von uns wollen? Wenn ja, dann soll er uns ein Zeichen geben. Er soll uns den Weg weisen, den wir gehen müssen.«
    »Das hat er bereits getan«, rief Tombul und hielt den Kristall hoch, den Proscul für ihn aus den Feuerbüscheln geholt hatte. »Dieser Zauberkristall hat uns den Weg gewiesen, und er wird uns in diesen Tagen geradewegs nach Heluma führen. In ihm wohnt die Macht von Goolux, ihr alle habt seine Kraft zu spüren bekommen. Vertraut auch weiterhin darauf, denn tut ihr es nicht, dann kommt das einer Abkehr von Goolux gleich.«
    An den Reaktionen der Rohnen war zu erkennen, daß sie längst in zwei Lager geteilt waren. Denn während die einen stumm blieben oder Unmut äußerten, jubelten die anderen Tombul zu.
    »Ich bin kein Ketzer«, sagte Jercel, nachdem die Rufer wieder verstummt waren. »Mir wäre es lieber, statt dieses Streitgesprächs Taten zu setzen. Aber Tombul hat mich herausgefordert, und darum bekenne ich meine Meinung. Ich bin in Sorge um den Stamm der Rohnen. Wäre hier ein offenes Tor, das nach Heluma führt, ich würde als erster hindurchgehen, um herauszufinden, ob das Licht mich verbrennt oder nicht. Aber vor uns liegt der Eisfall, der uns den Weg versperrt. Yirzahoo kann dieses Hindernis nicht überwinden, die Yarls können auf dem blanken Eis nicht Fuß fassen, es wäre ihr Tod. Ich will mich jeder Entscheidung fügen, wenn Tombul uns einen gangbaren Weg zeigt.«
    Proscul hatte, fast unbemerkt von der Menge, eine Wehr erklettert, um ins Land sehen zu können. Sein Blick reichte nicht weit, denn die Düsternis versperrte wie ein schwerer Vorhang die Sicht. Aber er konnte weit genug sehen, um das Hindernis zu entdecken, von dem Jercel gesprochen hatte.
    Die Yarls von Yirzahoo rasteten auf felsigem Untergrund. Aber gleich dahinter erhob sich ein mächtiger Gletscher, eine unüberwindliche Wand aus Eis. Und daraus ragten Säulen gefrorenen Wassers hoch empor. Sie verloren sich im Dämmerdach der Düsterzone und im Nebel des Horizonts, zwei Steinwürfe von Yirzahoo entfernt.
    Wenn man versuchte, die Yarls über diesen Eisfall zu treiben, wäre das ihr sicherer Tod.
    Proscul war so sehr in diesen Anblick vertieft, daß er das Streitgespräch nicht weiter mitverfolgte. Nun hörte er Tombul rufen:
    »Goolux, höre mich! Zeige den Zweiflern in den Reihen deiner Kinder, wie mächtig du bist. Wenn die Dunkelmächte uns den Weg ins Lichte Land Heluma verwehren wollen, dann fahre mit deinem Blitz in das Hindernis und fege es hinweg.« Er hob den Kristall und fügte hinzu: »Entfalte deine Macht, führe uns in den Tag aus düsterer Nacht, und laß werden Eis zu Wasser. Das tue, Kristall!«
    Tombul kniete vor dem Geländer nieder, auf das er den Kristall stellte und dessen Kanten er mit den Fingern beider Hände berührte. Er senkte den Kopf darüber, als wolle er mit den Augen in das geheime Innere des Kristalls blicken, oder durch ihn hindurch, und so versank er in magisches Grübeln.
    Die Menge schwieg ehrfürchtig und löste sich fast lautlos auf, um den Schamanen nicht in seiner Meditation zu stören.
    Auch Proscul wollte machen, daß er zurück in Jercels Haus kam, bevor die Rohnen auf ihn aufmerksam wurden und ihn, den besonders begabten Weißling, mit ihren Sorgen bedrängten. Doch als er zu Tombul hochblickte, da war ihm, als blicke ihm der Schamane durch den Kristall in die Augen. Proscul taumelte unter der Kraft dieses Blickes, und als er ihn zu erwidern versuchte, da erfaßte ihn ein Schwindel.
    Er vernahm das Knirschen brechenden Eises, sah Berge aus gefrorenem Wasser sich auftürmen und hörte es zischend verdampfen. Die Wehr unter seinen Füßen schwankte und ließ ihn taumeln. Er konnte einen Sturz gerade noch verhindern, indem er sich an die Palisaden klammerte. Ein Geschrei erhob sich, und schrille Stimmen riefen aus verschiedenen Richtungen:
    »Die Yarls erheben sich!«
    »Das Eis bricht!«
    »Yirzahoo wandert wieder…«
    »…auf der Reise aus der Nacht in den Tag.«
    »Gepriesen sei Tombul!«
    »Gelobt die Macht des Lichts!«
    Proscul wollte dieses Trugbild abschütteln, sich gewaltsam aus Tombuls Zauber losreißen. Aber aus Trug war Wirklichkeit geworden, wie aus Eis Wasser. Und Tombuls Zauber hatte nicht Proscul erfaßt, sondern er hatte den Gletscher zerschmettert und ließ ihn schmelzen.
    »Zurück in eure Bezirke! Die Tore werden
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