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Mythor - 068 - Traumland der Ambe

Mythor - 068 - Traumland der Ambe

Titel: Mythor - 068 - Traumland der Ambe
Autoren: Vlcek Ernst
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verließ, und ich glaubte auch den Grund für ihren Abschied zu kennen. Für mich gab es keinen Zweifel, daß sie von mir enttäuscht war, weil ich an meinen Mitschülerinnen so furchtbare Rache genommen hatte.
    Einige Tage ging ich Prysca aus dem Weg, stellte mich taub, wenn sie mich rief, ich versteckte mich vor allen und verkroch mich in die finstersten Löcher. Ich war mit Schuldgefühlen beladen und trug schwer an meinem Selbstmitleid. Sterben – das wurde zu meinem Zauberwort.
    Zu dieser Zeit bereitete ich mich auf die Prüfung für den violetten Mantel vor, und so fiel es mir nicht besonders schwer, in der Flanke des Vulkans einen tiefen Spalt aufzutun und flüssiges Feuer hervorzuholen. Ich sah mich darin verbrennen, zu Asche werden und zu Humus, aus dem die schönsten Blumen der Welt wuchsen – so stellte ich es mir vor, in einem zweiten Leben in Schönheit zu erblühen.
    Doch Prysca verhinderte, daß ich meine Absichten verwirklichen konnte. Sie zwang mich, den Feuerspalt zu verlassen und holte mich zu sich in ihre Zauberstube. Dort brachte sie mich dazu, ihr von meinem Abschiedstraum zu erzählen.
    »Kindchen, wo denkst du hin«, rief sie ungläubig. »Warum sollte ich dich verstoßen? Wenn es zwischen uns einen Abschied gibt, dann nur deswegen, weil du Ascilaia verläßt.«
    »Nein, in meinem Traum gingst du von mir – und es war ein Wahrtraum«, beharrte ich und fügte überzeugt hinzu: »Da bin ich ganz sicher.«
    Prysca wurde wieder nachdenklich. Nach einer Weile des Schweigens verlangte sie von mir Einzelheiten über den Traum zu wissen. Ich erzählte ihr den Traum so detailgetreu, wie ich ihn in Erinnerung hatte.
    »Seltsam«, meinte sie danach. »Ich stehe im zehnten Rang und trage daher den gelben Mantel. In deinem Traum aber war ich ganz in Weiß, was bedeutet, daß ich den zwölften Rang innehatte. Ich denke aber gar nicht daran, die dafür erforderlichen Prüfungen abzulegen.«
    »Und du bist mir nicht böse wegen des Vorfalls in der Bucht?« fragte ich bange.
    »Wie könnte ich. Ich bin sicher, es war eine heilsame Lehre für dich«, sagte sie. »Aber versprich mir eines, Ambe, versprich mir, daß du mir jeden deiner Träume erzählst.«
    »Ich verspreche es.«
    Von nun an suchte ich Prysca fast jeden Tag auf, um ihr über meine Traumerlebnisse zu berichten. Sie war eine aufmerksame Zuhörerin, stellte nur selten Fragen, um sich über gewisse Traumpassagen eingehender zu erkundigen, beantwortete aber ihrerseits Fragen nach der Bedeutung der Inhalte nur ausweichend.
    Für mich hatte die Mehrzahl dieser Träume keine Bedeutung, die meisten davon waren viel zu verwirrend und hatten oft völlig unverständliche Inhalte. Auch die Traumpersonen waren unbedeutend für mich, denn sie hatten zumeist keinerlei Beziehung zu meinem Leben.
    Träume vom Dämmerland, wo seltsam gekleidete Frauen in einfachen Booten fuhren und Männer für sich kämpfen ließen, die die Ballone der Hexen als göttliche Vögel anbeteten und den Amazonen Opfer brachten, die unter ständiger Bedrohung durch dämonische Bestien lebten und nicht wußten, daß südlich der Großen Barriere erst die Welt begann – solche Träume kamen immer wieder. Was sollte ich davon halten? Ich war sicher, daß sie keinen Sinn ergaben und rechnete sie nicht Fronja, sondern meinem zusehends verwirrten Geist zu.
    Träume von Zaubermüttern waren auch nicht selten. In meinen Träumen hatten die Zaubermütter keine Namen, sondern sie waren nur an den Regenbogengewändern zu erkennen. Mein im Schlafen reger Geist ließ sie die seltsamsten Handlungen ausführen; ich beobachtete sie bei Ritualen, die mir alle noch deutlich in Erinnerung sind, über die ich aber nicht sprechen darf, denn, so unglaublich es klingt, erfuhr ich später, daß sie einen starken Bezug zur Wirklichkeit hatten.
    In meinen Träumen folgte ich den Zaubermüttern zum Hexenstern, wo sie über Fronjas Schicksal berieten, ohne die Tochter des Kometen selbst zu Rate zu ziehen. Ich begleitete sie zur Großen Barriere, von wo sie ins Dämmerland starrten und irgendwelcher Ereignisse harrten – doch diese schienen nicht stattzufinden. Und ich flog in ihren Flugschiffen mit bis an die Schattenzone, zu jenem »Vorhang des Bösen«, hinter dem sich die Dunkelmächte bedrohlich drängelten – Fratzen, Scheusale, Giganten ohne Form, Schwarze Nebel zu bizarren Gestalten geformt…
    Diese Träume gingen eine ganze Weile weiter, und obwohl keiner wie der andere war, so ähnelten sie einander
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