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Mythor - 036 - Die Inseln der Verfemten

Mythor - 036 - Die Inseln der Verfemten

Titel: Mythor - 036 - Die Inseln der Verfemten
Autoren: Peter Terrid
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Krüge zu erkennen, aus denen sie herben Wein und klares Wasser getrunken hatten. Sie hatten gespielt – es gab auch dafür ein Wandgemälde, reich an Farben, die glühen mussten vor Leuchtkraft, wenn das Licht der Sonne sie erreichte. Jetzt waren sie müde und verblasst, der Regen hatte ihnen zugesetzt und die Rohheit der Coromanen. Geliebt worden war in diesen Mauern, das bewiesen hastige Kritzeleien in verschwiegenen Winkeln.
    Nichts war geblieben. Nur Mauern, überwachsen, gestürzt, zerschellt auf dem marmornen Boden, über den vielleicht reiche Kauffahrer geschritten waren, schön gewandete Frauen, nach Schweiß riechende Sklaven, die kostbare Ladung schleppten für ihre wohlhabende Herrschaft.
    Jetzt hausten die Coromanen hier, wüste Gesellen, rauflustig, durchtrieben. Kaum ein größerer Gegensatz ließ sich denken. Mythor sah ein halb verblasstes Wandgemälde – Tänzerinnen, jung und schlank gewachsen, sich in anmutigem Reigen drehend. Kreischend wären sie vor den groben Griffen derer geflohen, die jetzt unter dem Gemälde saßen, den Becher kreisen ließen und wüste Lieder anstimmten.
    Zum dritten Mal schrie das Käuzchen. Ein Omen?
    »Heda, Gesellen!«
    Mythor versuchte sich vorzustellen, wie der Mann aussah, zu dem diese Stimme gehörte.
    Er musste ein Hüne sein, ein Koloss von einem Mann. Die Stimme klang gewalttätig. »Her zu mir!«
    Mythor nahm den Helm unter den linken Arm und hielt mit der Rechten den Griff des Schwertes umklammert. Langsam schritt er auf den Tempel zu.
    Aus feinstem weißem Marmor, rein und durchscheinend, war der Tempel erbaut worden. Hoch ragten die Säulen empor, die Kapitelle nach dem Muster großer Blütenkelche geformt. Luftig schimmerte darüber im Mondlicht das Dach mit einem bilderreichen Fries, der allerdings nur bei Tageslicht recht zu erkennen war.
    Eine Reihe von zwanzig Stufen führte hinauf zum Eingang des Tempels. Und dort stand er.
    Mythor spürte, wie sich jemand herandrängte. Die Coromanen beeilten sich, sich am Fuß des Tempels zu sammeln. Offenbar war der Hüne auf der obersten Stufe Coroman Hassif.
    Er war tatsächlich ein Riese von Gestalt. Er musste fast zwei Schritt groß sein, und er war selbst für diese Größe sehr kräftig und muskelbepackt ausgefallen. Mythor konnte die Armmuskeln sehen! Coroman Hassif trug ein ledernes Wams, das die Arme frei ließ, die er in die Hüften gestemmt hatte. Im Mondlicht konnte Mythor die wie geölt aussehenden furchteinflößenden Muskeln des Hünen deutlich erkennen.
    »Hierher, habe ich gesagt!« schrie Coroman Hassif. Seine Stimme rollte wie Donnergrollen durch die nächtliche Stille.
    Mythor fragte sich, warum Coroman Hassif unter die Räuber gegangen war. Der Mann hätte doch auch bei ehrbarer Betätigung sein Brot verdienen können, und wenn er nicht verblödet war, musste er wissen, dass sich mit dem heruntergekommenen Räuberhaufen nicht viel würde anfangen lassen.
    Mythor näherte sich langsam der Treppe.
    Die Räuber sammelten sich zu Füßen des Tempels. Die Eile, die sie dabei an den Tag legten, gab deutliches Zeugnis darüber, dass sich Coroman Hassif den Respekt seiner Coromanen zu verschaffen gewusst hatte. Es gab allerdings auch, und das entging Mythor keineswegs, eine ganze Reihe mürrischer Gesichter. Mit der Treue der Coromanen war es offenkundig schlecht bestellt, wenn die Dinge nicht so liefen, wie sie sich das wünschten.
    Mythor blieb am Fuß der Treppe stehen.
    »Ich habe gehört«, sagte Coroman Hassif halblaut, »dass es Unzufriedene geben soll unter meinen Leuten. Stimmt das?«
    Ein leises Murren wurde aus den Reihen der Coromanen hörbar.
    »Stimmt das?« wiederholte Coroman Hassif.
    Sich mit diesem Mann anzulegen war für die Mehrzahl der Coromanen vermutlich eine lebensgefährliche Erfahrung. Hassif war fast kahlköpfig, aber noch einigermaßen jung. Da er nur ein Wams trug, war sein gewaltiger Brustkasten genau zu sehen. Um die dünnen Lippen zog sich ein scharf ausrasierter Bart, schwarz wie die Augen des Anführers.
    »Wir wollen endlich wieder einen großen Schlag landen«, rief einer aus der Menge. »Beute… deswegen sind wir hier.«
    »Habe ich euch Beute versprochen?« fragte Hassif. Mythor erkannte, dass er in der Rechten eine lange Peitsche trug. »Habe ich euch Beute geliefert? Durch wen und was, wenn nicht durch eure Dummheit sind die letzten Unternehmen fehlgeschlagen?«
    »Pah«, sagte einer und trat vor. »Es waren deine Fehler, Coroman Hassif.«
    Er kam nicht mehr
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