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Mythor - 034 - Drachenflug

Mythor - 034 - Drachenflug

Titel: Mythor - 034 - Drachenflug
Autoren: Werner K. Giesa
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einsetzen können. Der Schatten beherrschte die junge Frau, und der Himmel mochte wissen, was sie alles anstellen würde. Zu der Gefahr durch den erwachenden Drachen und den zu erwartenden Angriff, den Dreifingerauge herannahen spürte, kam nun noch die Gefahr durch den Schatten.
    Irgendwann sah er den Bitterwolf. War dieser ebenfalls auf Mistras Spur? Doch ehe er das Tier anrufen konnte, war Hark wieder in der Dunkelheit verschwunden.
    Lange würde die Finsternis indessen nicht mehr anhalten. Der Tag kam bald, und mit dem Tag würde das Ende kommen. Dreifingerauge wusste es. Und es gab keine Möglichkeit, das Ende aufzuhalten. Er konnte nur noch versuchen, das Beste aus allem zu machen. Für den Sohn des Kometen…
    *
    Das Chaos vergrößerte sich immer mehr. Verängstigte Tiere rasten blökend und kreischend zwischen den mehr und mehr zerbrechenden Bauwerken hin und her, verwirrte Menschen versuchten sie zu beruhigen, aber ihrerseits ebenfalls an sicherer erscheinende Stellen zu gelangen, bis sich dort ebenfalls das Unheil aus der Tiefe zu regen begann.
    Hin und wieder brach einer der Silos zusammen, und das getrocknete Steppengras wirbelte den Schurketen zusätzlich um die Ohren. Häufiger wurden die Gerüchte, der Bitterwolf falle über die Gromme her, weil immer wieder ausgetrocknete Tiere gefunden wurden, und einige behaupteten bereits, in seiner Angriffslust würde er auch vor Menschen nicht haltmachen. So mancher griff zur Klinge, wenn er schleichende Geräusche vernahm. Sie alle ahnten nicht, wer tatsächlich für die gerissenen Gromme verantwortlich war.
    Jenen, die von den Krallen eingeschlossen worden waren, gelang die Flucht nur knapp. Ihre Waffen prallten an den riesigen Krallen ab, und erst als es kaum noch anders ging, überwanden die Menschen ihre Furcht und zwängten sich durch die schmalen Spalten hindurch, die ihnen noch verblieben waren. Augenblicke später verschwanden die Krallen wieder im Felsboden. Grollen und Stöhnen kamen aus der Tiefe. Ghorogh reckte sich immer deutlicher.
    *
    Mythor erhob sich langsam und stand dann schwankend da. Er fühlte, wie seine Kräfte zurückkehrten, aber es würde noch lange dauern, bis er wieder so war wie früher. Stunden, vielleicht Tage… zu lange war der Schatten schon in ihm gewesen.
    Und der schwarze Todesreiter besaß einen Splitter des Kometensteins! Wohl war der Stein selbst zerfallen, aber Oburus besaß nun immer noch eine wirksame Waffe gegen Mythor, vielleicht die einzig wirksame Waffe überhaupt.
    »Oburus«, murmelte Mythor.
    Vierfaust näherte sich ihm mit raschelndem Gewand, um ihn zu stützen, aber Mythor wehrte ab. Er wollte ohne fremde Hilfe gehen. Er ging langsam, wie ein Kind, das erst gehen lernen muss, in den anderen, vorgelagerten Raum und zum Fenster.
    Für Augenblicke verschwamm alles vor ihm, als lege sich ein dichter Nebelschleier vor seine Augen. Mythor schüttelte den Kopf, und die Schleier wichen. Er fühlte sich unsagbar müde und matt. Ein Zustand zwischen Schlafen und Wachen oder wie nach dem Genuss etlicher Krüge schweren Weines.
    Am Fenster blieb er stehen und sah hinaus. Noch war es Nacht, eine Nacht ohne den hellen Schein des Mondes, aber ein Instinkt verriet ihm, dass es bald Tag werden würde.
    Vierfausts Hand lag auf seiner Schulter. Irgendwie war Mythor froh, dass der Stumme Große unfähig war zu sprechen. Worte konnten nur stören und verletzen. Mythor dachte an Mistra, das liebe, aufopferungsbereite Mädchen. Wo mochte sie jetzt sein? Wie musste sie unter dem Schatten leiden! Warum hatte sie diese Qual auf sich genommen!
    Mythors Hände ballten sich zu Fäusten. Er stützte sich auf die steinerne Fensterbank.
    Unter seinen Fäusten bröckelte etwas ab und stürzte in die Tiefe. Erschrocken wich er zurück. Der Boden schien keine Ruhe mehr zu finden. Die Beben verschmolzen zu einer einzigen, lang anhaltenden Erschütterung.
    Etwa fünfzig Schritt weiter hob sich eine große Bodenplatte einfach ein paar Fuß hoch und rutschte, sich schräg stellend, zur Seite. Zwei Speichersilos wurden gegeneinander geworfen, wie Streitwagen, die im Kampf aufeinanderprallen, weil die Lenker ihre Tiere nicht mehr kontrollieren. Die Bauwerke brachen auseinander, Steintrümmer donnerten zu Boden. Ein Teil verschwand in dem Loch, das unter der abgehobenen Platte entstanden war.
    Langsam wandte sich Mythor um und sah Vierfaust an. »Ich glaube«, sagte er mühsam, »die Speicherburg wird den nächsten Abend nicht mehr erleben.«
    Es war
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