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Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)

Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)

Titel: Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)
Autoren: Martina Rosenberg
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Noch wirkt sie ja geistig fit. So ist es doch nur fair, wenn sie sich selbst zu der Situation äußert. Genau. Miteinander reden ist die Lösung. Gemeinsam werden wir einen Weg finden. Aber zunächst muss sie noch einige Tage im Krankenhaus bleiben.
    Für meinen Vater ist die Diagnose seiner Frau schwer zu ertragen, ist er es doch gewohnt, dass er ihr Lebensmittelpunkt ist und sie sich ausschließlich um seine Belange kümmert. Jetzt sieht es ganz so aus, als ob sie das nicht mehr könnte. Der Gedanke, dass seit über fünfzig Jahren eingespielte Tagesabläufe nicht mehr funktionieren, macht ihm anscheinend zu schaffen. Wer soll ihn jetzt trösten, wenn er schlechte Laune hat? Sie hat ihn doch stets durch den Tag getragen und ihn mit ihrer Fürsorge ummantelt. Schon dass es in letzter Zeit an der ein oder anderen Stelle bröckelt, irritiert ihn ungemein.
    Meiner Mutter geht es nach ihrem Krankenhausaufenthalt körperlich wieder besser, so bleiben die täglichen Rituale der beiden vorerst bestehen. Sie steht als Erste auf und bereitet das Frühstück vor. Währenddessen ist mein Vater im Bad und setzt sich im Anschluss an den morgendlichen Kaffeetisch.
    »Guten Morgen, mein Schatz!«, begrüßt ihn meine Mutter immer besonders fröhlich. Dazu gibt es einen Kuss. Sie ist der tägliche Sonnenschein in dem manchmal düsteren, durch kurze Phasen der Depression beeinträchtigten Leben.
    Doch im Laufe der darauffolgenden Wochen wird es für meine Mutter immer schwieriger, den Alltag zu bewältigen. Ich bemerke bei meinen Besuchen, dass ihre Hände unkontrolliert zittern. Sie braucht länger, um den Tisch zu decken, oder sie verschüttet öfter mal etwas.
    Hilfe muss her
    Eines Morgens schaue ich zufällig bei meinen Eltern vorbei. Lena ist bereits in der Schule, und ich bin auf dem Weg zur Arbeit. Schnell will ich noch fragen, ob ich etwas aus der Stadt mitbringen kann. Schon beim Öffnen der Tür höre ich meinen Vater schimpfen.
    »Wo ist denn der Kaffee?«, tönt es mir entgegen. Er ist sehr ungehalten und hantiert in der Küche wild herum, während meine Mutter im Esszimmer sitzt und weint.
    So ein Mist. Ich habe einen Termin, kann aber jetzt nicht einfach wieder gehen, deshalb frage ich vorsichtig: »Vati, was ist denn los?«
    »Deine Mutter verschüttet alles, deswegen mach ich jetzt den Kaffee. Brauchst aber nicht zu glauben, dass ich hier noch etwas finde«, brummelt er vor sich hin. »Die Dinge stehen alle an einem anderen Platz.«
    »Aber dafür kann sie doch nichts«, versuche ich ihn zu beruhigen.
    »Ja, das weiß ich. Aber ich auch nicht!«, entgegnet er.
    Um nicht noch mehr Zeit in der Diskussion zu verlieren, beteilige ich mich an der Suche. Als der Kaffee gefunden ist, verabschiede ich mich mit den Worten: »Bitte seid nett zueinander. Ich muss jetzt leider weg, weil ich einen Termin habe.« Ich gehe noch schnell zu meiner Mutter und lege ihr meine Hand auf die Schulter. »Ich komme später vorbei, dann reden wir«, versuche ich sie zu trösten.
    »Ja, ist schon gut. Geh nur!«, antwortet sie.
    Ich fühle mich schlecht. Eigentlich hätte ich bleiben müssen. Meine Eltern allein zu lassen ist falsch. Aber meine Arbeit ist wichtig für mich. So rede ich mir auf der Fahrt ein, dass bestimmt alles gut verlaufen wird. Mein Vater wird es doch schaffen, den Kaffee für die beiden zu machen.
    Der Umstand, dass meine Mutter ihre tägliche Arbeit nicht mehr erledigen kann, führt regelmäßig zu Unstimmigkeiten und letztendlich zum Streit zwischen ihr und meinem Vater, das wird mir mehr und mehr klar. Er hat immer weniger Geduld mit ihr, obwohl er sich zwischendurch wirklich bemüht.
    Am Abend gehe ich wie angekündigt zu meinen Eltern, um mit ihnen zu sprechen. Meine Mutter klagt mir ihr Leid. Vater sei so ungeduldig, und sie habe große Mühe mit manchen Verrichtungen im Haushalt. Wie immer sagt ihr Mann nichts dazu, sondern lacht nur kurz auf. Ich wittere meine Chance und schlage vor, eine Haushaltshilfe zu organisieren. Diese Idee hatte ich schon länger im Kopf, um auch mich etwas zu entlasten. Das Leben meiner Eltern und gleichzeitig das meiner Familie zu managen wird langsam zu einer riesigen Belastung. Gelänge es mir, eine Hilfe für die Eltern durchzusetzen, wäre das ein Zeitgewinn für mich.
    Mein Vorschlag stößt auf heftigen Widerstand, er kommt überhaupt nicht gut an. Damit habe ich nicht gerechnet. Meine Mutter fühlt sich persönlich angegriffen. Sie könne doch alles noch, wenn nicht dieses Zittern
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