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Mutter des Monats

Mutter des Monats

Titel: Mutter des Monats
Autoren: Gill Hornby
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jahrein, jahraus, doch sie fand es immer noch schwer, sie auseinanderzuhalten. Gut, das entsprach nicht ganz der Wahrheit: Seit letztem Jahr, als Colettes Ehe in die Brüche gegangen war und sie ihren inneren Teenager freigesetzt hatte, kannte Rachel Colette genauer. Gerüchte ließen sich nur schwer ignorieren, auch wenn man sich bemühte, und es wurde gemunkelt, dass jeder Typ im weiteren Umkreis Colette ebenfalls näher kennengelernt hatte. Sharon und Jasmine hingegen konnte wohl auch sonst keiner unterscheiden, darauf würde sie wetten. Wenn die ihr Leben tauschten, würden weder ihre Männer noch ihre Kinder etwas merken. Selbst wenn, wäre es ihnen vermutlich egal. Die beiden trieben zusammen Sport, kauften zusammen ein, dachten und sprachen sogar gleich. Rachel war sich nicht sicher, ob sie ihre Urlaube gemeinsam verbrachten, aber dass beide zu viel Sonne abbekommen hatten, war offensichtlich, denn sie sahen aus wie zwei schrumpelige Rosinen.
    Das war das Auffallende am ersten Schultag: Obwohl die Kinder, geschniegelt, gestriegelt und auf Hochglanz poliert, bereits in ihre Klassenzimmer getrottet waren, standen die Mütter immer noch vor der Schule und sahen aus wie Robinson Crusoe nach ein paar Jahren auf der Insel. Rachel erkannte die meisten nicht wieder. Doch in ein paar Wochen, nach dem obligatorischen Besuch beim Frisör und bei der Kosmetikerin, würden sie ein völlig anderes Bild abgeben: Dann wären die Kinder zerzaust und schmuddelig, die Erwachsenen hingegen sauber, nett und adrett. Abgesehen von Heather natürlich. Heather hatte nichts übrig für Glanz und Gloria. Seit sechs Jahren hatte sie dieselbe unverwechselbare Figur und trug dieselben unverwechselbaren Klamotten. Im Moment stand sie auf Zehenspitzen – das war auch nötig –, schob die rechte Hand mithilfe der linken noch höher in die Luft und fuchtelte damit herum, wobei ihr die Brille gefährlich weit die Nase hinuntergerutscht war.
    »Ja, gut, ähm … Heather, richtig? Vielleicht könntest du …« Bea blickte ratlos drein, dann kam ihr plötzlich eine Idee. »Ich weiß! Du könntest das Protokoll bei unseren Versammlungen führen. Einen Versuch ist es allemal wert. Ich kann dir aber nichts versprechen, okay? Mal sehen, wie du dich machst.«
    Heather lief vor Begeisterung rot an. Schade, dachte Rachel mit ehrlichem Mitgefühl, dass Heather nicht öfter Erfolgserlebnisse hatte. Mit rosigen Wangen sah sie entschieden weniger tragisch und verhuscht aus.
    »Ach ja.« Beas Stimme hatte auf einmal einen leicht hinterlistigen Ton angenommen. »Georgina und Joanna.«
    Georgina, die zu jeder Jahreszeit aussah wie eine Schwester Robinsons, versuchte gerade, sich unbemerkt zu verdrücken. Nach mehreren Wochen Ferien war ihr Haar noch zerzauster als sonst, aber Rachel fand sie immer noch ziemlich hübsch. Was sie auch anstellte, Georgina konnte ihre natürliche Attraktivität und ihre schlanke Figur nicht verbergen. Joanna, kompakt und stark, stand neben ihr wie ein Bodyguard.
    »Gibt’s noch was Wichtiges?« Georgina blieb seufzend stehen und wandte sich Bea zu.
    »Der neue Rektor ist fest entschlossen, die absolut unverschämten Kürzungen des Budgets von St. Ambrose in diesem Jahr auszugleichen – einfach skandalös , was da geschehen ist. Wir können uns glücklich schätzen, einen Experten mit fundiertem Wissen im Finanzwesen in unserer Mitte zu wissen –, und er hat mich gebeten, ein, ähm, ein Wohltätigkeitskomitee ins Leben zu rufen. Es wäre schön, wenn ihr beiden euch daran beteiligen würdet. Ausnahmsweise.«
    »Ich? Nee. Tut mir leid. Echt. Würd ja gern, kann aber nicht.« Georgina hob das neben ihr krabbelnde Kind vom Boden und präsentierte es wie ein Attest. »Ich muss mich um Hamish kümmern …«
    »Aber Georgina, er ist doch kein Baby mehr! Du hast mehr Kinder in dieser Schule als alle anderen.« Mit diesen Worten wandte sich Bea lächelnd in die Runde.
    »Aber du kannst mich gar nicht gebrauchen. Ehrlich, ich kann das überhaupt nicht.« Sie rückte näher an Joanna heran. »Wir können das beide nicht.«
    »Genau.« Joanna nickte eifrig. »Wir sind echte Nieten.«
    »Na also. Schön, dass ihr mitmacht.« Bea notierte sich Georginas Namen. »Und du auch, Joanna.« Noch ein Name auf der Liste. »Hervorragend.« Die beiden zogen sich verärgert murmelnd zurück.
    Rachel hatte nicht vor, sich wie alle anderen zu melden. Das hatte sie nicht nötig. Stattdessen wollte sie Bea gerade mit einem unauffälligen, ironischen
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