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Mut Proben

Mut Proben

Titel: Mut Proben
Autoren: Carsten Jasner
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losstapfen.
    Das ist dann ein Abenteuer. Ein Erlebnis, das an uns »herankommt« – lateinisch: advenire – und uns mächtig fordert.
    Das Wagnis beschreibt ganz schön den Prozess, bei dem wir vor und während eines Abenteuers immer wieder unsere Chancen abwägen: Werden wir es bestehen oder scheitern wir?
    Wenn wir beschließen, uns einer Herausforderung zu stellen, haben wir Mut. Wir strengen uns an – Mut ist mit Mühe verwandt. Wir sind »kühn« – das kommt von Können. Im ursprünglichen Sinn bedeutet Mut aber auch Erregung, Begehren. Damit sind wir wieder beim Anfang dieses kleinen Lexikons und dem Sinn dieses Buches: Das Ungewisse erregt, das Risiko hat seinen Reiz.

Eine Runde Helden. Abenteurer fühlen sich extrem gut und extrem sicher und leben lange. Wenn nichts dazwischenkommt
    Was wäre Eva heute? Ein Outdoorfreak, eine Schlangenbeschwörerin? Greenpeace-Aktivistin oder Chefin von Wikileaks? Vermutlich läge sie im Clinch mit Traditionalisten, mächtigen Konzernen und Behörden. Sie würde etwas Besonderes tun, wäre aufmüpfig, würde ans Limit gehen wie die Helden unserer Tage, Extremsportler oder Abenteurer. Viele schütteln über Evas Tat den Kopf, und ebenso viele halten die waghalsigen Akteure für verrückt, die Grenzen infrage stellen, die die Natur ihnen setzt. Die Parallelen sind verblüffend. Eva hat ihr Dasein im Paradies riskiert, Extremsportler setzen ihr diesseitiges Leben aufs Spiel: brettern mit bis zu hundertfünfzig Stundenkilometern eisige Pisten hinunter; tauchen ohne Atemgerät zweihundert Meter in die erdrückende Dunkelheit der Meere; besteigen reihenweise achttausend Meter hohe Berge oder rasen mit über dreihundert Sachen ums Rund. Eva hatte ihre Gründe, und auch diese Menschen sind gut vertraut mit einer verführerischen Schlange. Auch sie pflücken im übertragenden Sinne von einem »lustigen Baum, der klug macht«.
    Gerlinde Kaltenbrunner, vierzig, die ungefähr ein Dutzend Achttausender bestiegen hat, sagt: »Ich habe immer das gemacht, wozu ich am meisten Lust hatte.« 2 Beim Bergsteigen erlebe sie »Momente voller Zufriedenheit«.
    Michael Schumacher, zweiundvierzig, erfolgreichster Formel-1-Fahrer aller Zeiten, der zu seinen Hobbys Motorradfahren, Fallschirmspringen und Klettern zählt, sagt: »Ich lebe. Ich will Spaß haben. Und dazu gehören verrückte Dinge.« 3
    Der Freitaucher Herbert Nitsch, vierzig, dessen Lunge zweihundert Meter unter der Meeresoberfläche auf die Größe einer Orange schrumpft, erklärt: »Es ist ein großer Reiz, absolut an die eigenen Grenzen zu gehen.« 4
    Der Fallschirmspringer Felix Baumgartner, 42, dessen Hüpfer von der Christusstatue in Rio de Janeiro um die Welt ging, empfindet sich als »Rebell«. »Base-Jumpen ist ein permanentes Spiel mit der Legalität. Es macht mir Spaß, Regeln zu brechen.« 5
    Sie wagen viel, doch ihrer Ansicht nach nie zu viel. Keiner von ihnen betrachtet sich als »Hasardeur«, sie verwahren sich gegen den Vorwurf, sie seien auf der Jagd nach dem schnellen Kick. Im Gegenteil: »Im Rennsport hat Adrenalin nichts zu suchen, da braucht man Kontrolle und Ruhe«, sagt Schumacher. Der Reporter Sebastian Junger, der eine Befriedigung spürt, wenn er an der Frontlinie verschiedener Kriege entlangrobbt, beteuert: »Ich schnalle mich jedes Mal an, wenn ich Auto fahre.« Er suche keine Gefahr um ihrer selbst willen: »Ich halte das für selbstzerstörerisch.« 6 Base-Jumper Felix Baumgartner, der als erster Mensch aus sechsunddreißig Kilometer Höhe springen will: »Ich bin der größte Gegner von diesem Adrenalin-Junkie-Geschwätz. Ich habe keinen besonderen Spaß daran, mich in Gefahr zu begeben. Ich bin kein wilder Hund.«
    Alexander Huber, zweiundvierzig, klettert mit Vorliebe senkrechte Wände ohne Haken und Seil hinauf: »Ich bin nicht lebensmüde. Ich liebe mein Leben, und ich verteidige es mit Händen und Füßen.« 7
    Das klingt ein wenig widersprüchlich. Falls diese Leute tatsächlich ihr Leben lieben, warum riskieren sie es? Sie haben haarsträubende Geschichten zu erzählen, doch wenn man ihnen zuhört, lernt man eine Menge über Angst, wie man mit ihr umgeht, Freude, wie man sie erreicht, und: Sicherheit. Manchmal erkennt man sich sogar selbst wieder – aus freilich weniger spektakulären Situationen.
    Stellen wir uns vor, neun kernige Haudegen und eine mutige Gipfelstürmerin säßen in trauter Runde bei Keksen und einem Glas Rotwein – würden sie es anrühren? – und tauschten ihre Erfahrungen
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