Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mustererkennung

Mustererkennung

Titel: Mustererkennung
Autoren: William Gibson
Vom Netzwerk:
selbst beschützt.
    Riecht nach KGB, aber nur in dem Sinne, wie Putin selbst ein ehemaliger KGB-Mann ist: in erster Linie Jurist, dann erst Spion. Der andere, weitgehend eine Kreation von Kollegen von mir, ist weniger konventionell und arbeitet mehr mit dem Internet. Wiktor ist erst vor kurzem hinzugezogen worden, um einen schwerwiegenden Mangel an Verständigung, an Kom-munikation zwischen den beiden Apparaten auszugleichen.
    Daß Sie auf der Bildfläche erschienen sind, indem Sie die stellanor-Adresse herausfanden, zeigt nur zu deutlich, wo unsere Schwierigkeiten liegen.«
    »Aber was hat das alles mit meinem Vater zu tun?«
    »Auf Sie ist man dadurch gekommen«, sagt Bigend, »daß Sie
    in einem Posting die Überlegung geäußert haben, der Filmemacher könnte ein russischer Mafioso sein. Das war zwar nur als Beispiel gemeint, aber Sie haben damit einen Nerv getroffen.«
    »Nicht direkt bei uns«, sagt Sergej, »aber bei zwei amerikanischen Studenten, die wir angestellt hatten, um nach Kommen-taren über das Filmmaterial zu suchen, sie zu lesen und zu sammeln. Es hat sich schnell herausgestellt, daß auf Ihrer Site am meisten los ist und Sie das interessanteste Forum sind. Und das potentiell gefährlichste.«
    »Sie haben Leute bezahlt, um das F:F:F auszuspionieren?«
    »Ja. Praktisch von Anfang an. Wir hatten eigentlich die Regel aufgestellt, daß die beiden nicht posten dürfen, aber später haben wir entdeckt, daß einer sich doch einen Internetnamen zugelegt und sich ziemlich oft in die Diskussionen eingemischt hat.«
    »Wer?« fragt Parkaboy. Überlegt es sich dann aber. »Nein,
    ich will es lieber doch nicht wissen.«
    »Cayce«, sagt Sergej, »als wir auf Sie aufmerksam wurden,
    ging ein Bericht darüber an die traditionellere Gruppierung, und da kommt nun Ihr Vater ins Spiel. Über Ihre Postings, genauer gesagt, über Ihren Provider, sind wir Ihnen auf die Spur gekommen, haben Ihren Namen und ihre Adresse ermittelt und Sie registriert. Und da hat dann bei uns eine Glocke gebimmelt, und zwar eine ziemlich alte Glocke. Die Leute sind in Moskau ins Archiv gegangen und haben sich die Akte über Ihren Vater rausgesucht und sich vergewissert, daß Sie tatsächlich seine Tochter sind. Und da sie nun mal Traditionalisten sind« – er hält grinsend inne – »oder ich sollte wohl sagen, da sie nun mal Russen sind, vertiefte sich ihr Mißtrauen daraufhin noch mehr und nahm noch barockere Züge an: der Name dieses brillanten Mannes, eines alten Widersachers, der vermeintlich längst im Ruhestand war, taucht plötzlich wieder auf … Aber sie können den Mann nicht aufspüren. Er ist weg.
    Verschwunden. Am elften September. Doch ist er wirklich tot?
    Oder nicht? Wo ist der Beweis? Es wurden gewisse Maßnahmen ergriffen.« Sergej macht eine Pause. »Man ist in Ihre Wohnung eingedrungen und hat Vorrichtungen installiert, um Ihr Telefon und Ihre E-Mail zu überwachen.«
    »Wann war das?« fragt Parkaboy.
    »In der Woche nach dem Posting, das die Aufmerksamkeit
    erregt hatte.«
    »Irgendwer ist in den letzten vierzehn Tagen in meiner
    Wohnung gewesen«, sagt Cayce.
    »Zur Kontrolle«, sagt Marchwinska-Wyrwal, »um nachzu—
    schauen, ob die Anlage nicht ›verbrannt‹ ist. Reine Routine.«
    »Man hat die Aufzeichnungen Ihrer Therapeutin kopiert«,
    fährt Sergej fort. »Sie hatte davon keine Ahnung. Einbruch ja, Bestechung nein. Aber all das war die Antwort der Traditionalisten, nicht unsere. Unsere bestand darin, Dorotea Benedetti einzustellen, damit sie Ihnen auf der Fährte bleibt, und zwar sowohl über das Forum als auch durch ihre kontinuierlichen Geschäftsbeziehungen mit Firmen, für die Sie in New York tätig waren.«
    »Warum gerade die?« fragt Parkaboy. Alle sehen ihn an. Er
    zuckt die Achseln.
    »Die Traditionalisten hatten irgendwie mit ihrem früheren
    Arbeitgeber zu tun gehabt«, sagt Sergej. »Sie hatten das Gefühl, zu verstehen, wie Dorotea tickt. Wir hatten das Gefühl, daß sie uns versteht.«
    »Sie war die Brücke zwischen den beiden Kulturen.« Bigend
    lächelt und trinkt einen Schluck Wein.
    »Genau. Und als dann vor kurzem klar war, daß Sie nach
    London kommen, um für Blue Ant zu arbeiten, da hat es abermals gebimmelt. Auf Mr. Bigend waren wir nämlich auch schon aufmerksam geworden, durch die höchst kreativen Forschungen auf dem Gebiet der Internetkultur, die bei Blue Ant im Zusammenhang mit den Clips betrieben wurden. Da sind wir
    dann schnell auf die Sigil-Software gekommen, die wir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher