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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)
Autoren: Matthias Falke
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Unverständlichkeit. Er spielte das Genie, das in seinem stummen Leiden bedauert werden wollte.
    Jennifer las mir meine Gedanken an der Stirne ab. Sie vertrug es nicht, wenn ich Reynolds zurechtwies. Die Gereiztheit in der Messe nahm immer mehr zu. Die Atmosphäre schien elektrisch geladen. Noch ein falsches Wort, und wir würden uns anschreien oder aufeinander losgehen. Es waren erst wenige Monate, seit wir uns in diese äußerste Einsamkeit geflüchtet hatten, und schon standen wir im Begriff, einen Gruppenkoller zu entwickeln, wie er für ein isoliertes Lagerleben charakteristisch war.
    »Warum bauen wir dann nicht einfach größere Sonden?«, fragte die Komarowa schnippisch.
    Sie räkelte sich an Wiszewskys Seite und weidete sich im Bewusstsein ihrer Unangreifbarkeit an der geladenen Stimmung, die sich zwischen uns ausbreitete.
    »Die Ressourcen an Bord dieses Schiffes sind begrenzt«, grunzte Rogers, der sich zum ersten Mal in die Debatte einschaltete. »Wir haben in den letzten Monaten bereits fünf Lambda-Sonden verloren. Wenn wir so weitermachen, wird das Kleine Drohnendeck verwaist sein, und es gibt keine Möglichkeit, auch nur ein Kilo Eisenerz oder Silizium aufzunehmen.«
    Der Commodore schob seine Gespielin von sich. Sie purzelte von der Seitenlehne seines schweren gravimetrischen Sessels, sprang auf die Füße und lehnte sich schmollend über das breite Rückenpolster.
    »Nun malen Sie mal den Teufel nicht an die Wand«, herrschte er den Obersten Planetologen an. »Dieses Schiff ist für Jahrzehnte autark. Nur weil wir ein paar Sonden verschossen haben, müssen wir nicht den Notstand ausrufen.«
    Erstaunlicherweise fühlte sich Reynolds, der durch die Bemerkung in Schutz genommen werden sollte, zu einer Rechtfertigung herausgefordert.
    »Mir ist bewusst«, sagte er, »dass diese Experimente kostspielig sind und dass sie bislang noch nicht zu den Ergebnissen geführt haben, die wir uns alle wünschen würden. Aber die genaue Analyse des heutigen Ereignisses wird uns mit Sicherheit wieder ein gutes Stück voran bringen.«
    »Wie lange?«, fragte Rogers nur.
    Reynolds zuckte mit den Achseln.
    »Wir sind uns«, meinte Dr. Frankel, »doch wohl einig, dass der Faktor Zeit in unserer Situation keine Rolle spielt. Deshalb sollten wir die Berechnung lieber in der erforderlichen Präzision durchführen und den nächsten Versuch um einige Wochen ...«
    Er kam nicht dazu, seinen Satz zu Ende zu bringen.
    »Ich teile Ihre Prämisse nicht«, knurrte sein Vorgesetzter kategorisch. »Wir wissen nicht, was in den letzten Monaten auf der Erde geschehen ist und wie die nächsten Schritte der Sineser aussehen. Jeder Tag, den wir verstreichen lassen, kann das Schicksal bereits besiegeln.«
    Man hörte das feine Klirren einer Teetasse.
    »Mit Verlaub«, mischte Laertes sich ein. »Mit der Entscheidung, uns in diese abgelegene Region zu begeben, haben wir darin eingewilligt, die Menschheit sich selbst zu überlassen. Wir sollten diesen Schritt auch innerlich vollziehen und uns nicht einreden, dass wir noch für das dortige Geschehen verantwortlich wären.« Er goss sich Tee nach und ließ zwei Stückchen Diamantzucker in die Porzellantasse fallen. »Wenn wir so tun, als hätten wir einer neuerlichen sinesischen Aggression etwas entgegenzusetzen, können wir andererseits nicht erklären, warum wir uns überhaupt davongemacht haben.«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte Dr. Rogers kalt.
    In seinen eisgrauen Augen funkelte der Zorn des Generals a.D., der Widerspruch seit einigen Jahrzehnten nicht mehr gewohnt war.
    »Darauf«, sagte Laertes konziliant, »dass wir uns mit unserem Exil hier abfinden sollten. All’ das Getue um die Sonden entspringt doch nur der Langeweile und der Neugier. Wir haben schon so lange keine Nachrichten mehr von daheim gesehen! Aber was würden wir denn machen, wenn wir einen Hilferuf auffingen, dass die Sineser mit Annihilationswaffen angreifen?«
    »Das können wir entscheiden, wenn es soweit ist«, schaltete Wiszewsky sich aufgebracht ein.
    Der Vorwurf der Passivität traf ihn besonders schmerzlich, seit er mit dem größten Schiff, über das die Menschheit verfügte, im Neptun-Orbit festgesessen war und sich nicht an den Evakuierungsmaßnahmen für die bedrohte Menschheit hatte beteiligen können. »Wir sollten das Sondenprogramm zügig vorantreiben, um mit der Erdbevölkerung in Kontakt treten zu können.«
    Reynolds und Frankel nickten zufrieden. Das bedeutete, dass ihnen weiterhin sämtliche
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