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Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz
Autoren: Terry Pratchett
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Erdreich.
    »Bei der Oper kommst du gut zurecht, oder?« fragte sie. »Obwohl… Ich kenne mich da natürlich nicht aus. Aber es freut mich immer, wenn junge Leute versuchen, in der großen Stadt ihr Glück zu machen.«
    Oma hob mit einem freundlichen Lächeln den Kopf.
    »Hast auch abgenommen.« Unschuld klebte an ihren Worten wie Zuckerwatte an einer Lippe.
    »Ich… bewege mich viel«, erwiderte Agnes.
    »Oh, Bewegung kann gewiß nicht schaden«, sagte Oma und grub weiter. »Obwohl es heißt, daß man auch zuviel davon haben kann. Wann kehrst du zurück?«
    »Ich… weiß noch nicht.«
    »Nun… es hat nicht immer Sinn, alles im voraus zu planen. Vermeide es, dir selbst Fesseln anzulegen, so lautet mein Motto. Wohnst bei deiner Mutter, nehme ich an?«
    »Ja«, bestätigte Agnes.
    »Magrats Hütte steht noch immer leer. Du würdest allen einen Gefallen tun, wenn du dort ein wenig lüftest. Du weißt schon… solange du hier bist.«
    Agnes schwieg. Ihr fiel keine passende Antwort ein.
    »Komische Sache«, sagte Oma und hackte mit dem Spaten in eine Baumwurzel, die hartnäckigen Widerstand leistete. »Normalerweise spreche ich nicht darüber, aber neulich fiel mir ein, daß ich mich in meiner Jugend einmal Endemonidia nannte…«
    » Tatsächlich ? Wann?«
    Oma rieb sich mit der verbundenen Hand die Stirn und hinterließ einen roten Striemen.
    »Oh, nur drei oder vier Stunden lang«, entgegnete sie. »Manche Namen sind einfach nicht von Dauer. Man lege sich nie einen Namen zu, mit dem man nicht auch den Boden schrubben kann.«
    Sie warf den Spaten aus dem Loch. »Hilfst du mir hoch?«
    Agnes reichte ihr die Hand, und kurze Zeit später stand Oma Wetterwachs neben dem Loch. Sie klopfte sich Schmutz von der Schürze und versuchte, den Lehm von den Stiefeln zu stampfen.
    »Zeit für eine Tasse Tee. Meine Güte, du siehst wirklich gut aus. Liegt sicher an der frischen Luft. Im Opernhaus fand ich’s zu stickig.«
    Agnes versuchte vergeblich, in Omas Augen etwas anderes zu entdecken als Ehrlichkeit und guten Willen.
    »Ja, das stimmt«, sagte sie. »Äh… hast du dich an der Hand verletzt?«
    »Oh, das heilt früher oder später. Wie viele andere Dinge auch.«
    Oma legte sich den Spaten über die Schulter und schritt zur Hütte. Auf halbem Weg blieb sie stehen und drehte sich um.
    »Wenn du mir eine Frage gestattest, als Nachbarin, die Anteil nimmt, ich meine, das ist doch nur menschlich…«
    Agnes seufzte. »Ja?«
    »Hast du an deinen Abenden viel zu tun?«
    Es steckte gerade noch genug Rebellion in Agnes, um ihrer Stimme sarkastische Schärfe zu verleihen. »Ach? Bietest du mir an, mich etwas zu lehren?«
    »Dich etwas zu lehren?« wiederholte Oma Wetterwachs. »Nein. Dafür fehlt mir die Geduld. Aber vielleicht lasse ich dich etwas lernen.«
     
    »Wann werd’n wir drei uns wiedersehen?«
    »Wir sind doch noch gar nicht zusammengetroffen.«
    »Natürlich sind wir das. Schon sehr oft. Ich meine, wir kennen uns seit mindestens…«
    »Ich meine, wir drei sind noch nicht zusammengetroffen. Zumindest nicht offiziell.«
    »Na schön… Wann werd’n wir drei uns… sehen?«
    »Wir sind schon hier.«
    »Na gut. Wann werd’n…«
    »Sei still und hol das Brot. Agnes, gib Nanny das Brot.«
    »Ja, Oma.«
    »Und verbrenn mir  meine Scheiben nicht.«
    Oma lehnte sich zurück. Es war eine klare Nacht, obwohl die Wolken am mittwärtigen Horizont Schnee in Aussicht stellten. Das Feuer prasselte, und Funken stoben den Sternen entgegen.
    Oma Wetterwachs sah sich stolz um.
    »Ist das nicht nett?« fragte sie.
     
     
     

* Für die Bewohner von Lancre war Heirat ein sehr wichtiger Schritt im Leben. Sie vertraten die Ansicht, daß man dabei besser keine Fehler machen sollte, und übten deshalb viel.
    * Was nicht bedeutete, daß Oma Wetterwachs oft aus dem Fenster sah. Sie hatte in die Kaminflammen gestarrt, als Jarge Weber kam. Aber hier ging es ums Prinzip.
    * Zumindest sehnte sie sich nach einem Stück Schokolade.
    * Damit ist folgendes gemeint: Die Leute gingen zur gleichen Zeit schlafen wie die Hühner, und sie erwachten zur gleichen Zeit wie die Kühe. Ungenaue Ausdrucksweisen können erhebliche Verwirrung stiften.
    * Alkohol zu brennen war in Lancre verboten. Andererseits hatte König Verence schon vor einer ganzen Weile den Versuch aufgegeben, eine Hexe an den Dingen zu hindern, mit denen sie sich beschäftigen wollte. Deshalb bat er Nanny Ogg nur darum, ihre Brennerei an einem Ort unterzubringen, wo sie nicht so sehr
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