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Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz
Autoren: Terry Pratchett
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Wenn sich Oma nicht einmal zu einer bissigen Bemerkung herausfordern ließ, mußte sie Magrat wirklich vermissen.
    Zu Anfang hätte Nanny Ogg es nicht für möglich gehalten, aber jetzt stellte sich heraus, daß Magrat als Hexe nicht nur feucht, sondern klatschnaß hinter den Ohren war, was sie jedoch nicht daran hinderte, in einem wichtigen Punkt recht zu haben – die ideale Anzahl von Hexen belief sich auf drei.
    Und wir haben eine verloren, dachte Nanny Ogg. Nun, nicht direkt verloren. Magrat war jetzt Königin, und Königinnen verlegte man nicht so einfach. Aber es bedeutete, daß ihr Zirkel nur noch aus zwei Hexen bestand.
    Wenn es drei Hexen waren, konnte eine Streit schlichten. Darin hatte Magrat großes Talent bewiesen. Ohne sie liefen Nanny Ogg und Oma Wetterwachs Gefahr, sich immer stärker auf die Nerven zu gehen. Mit Magrat waren sie allen anderen Bewohnern der Welt auf die Nerven gefallen, was viel mehr Spaß gemacht hatte.
    Und sie konnten Magrat nicht zurückbekommen. Besser gesagt: Sie konnten sie noch nicht zurückbekommen.
    Der Grund dafür… Drei war zwar die geeignete Zahl für Hexen, aber es mußten die richtigen drei sein, die richtige… Art.
    Es machte Nanny Ogg verlegen, auch nur darüber nachzudenken, und das war bereits erstaunlich genug, denn sie tendierte ebenso zu Verlegenheit wie eine Katze zu Altruismus.
    Als Hexe glaubte sie natürlich nicht an okkulten Unsinn. Aber tief im Fundament jeder Seele steckten einige Grundwahrheiten, denen sich selbst Nanny Ogg nicht entziehen konnte. Dazu gehörte auch die Sache mit Maid, Mutter und… der anderen.
    Na bitte. Sie hatte es umschrieben.
    Natürlich war es nur ein alter Aberglaube, der aus jener dunklen Epoche stammte, als »Maid«, »Mutter« und… die andere… das Leben aller Frauen über zwölf bestimmten, abgesehen vielleicht von gewissen neun Monaten. Heutzutage mußte ein Mädchen nur zählen können und Nannys Rat beherzigen, um zumindest eine der drei Möglichkeiten zu vermeiden.
    Wie dem auch sei: Es handelte sich um einen alten Aberglauben. Er war älter als Bücher, älter als die Schrift… Solche Überzeugungen waren wie Gewichte auf der Gummifläche menschlicher Erfahrungen und neigten dazu, Menschen in ihren Einflußbereich zu ziehen.
    Seit drei Monaten war Magrat nun verheiratet, was bedeutete, daß sie nicht mehr zur ersten Kategorie gehörte. Nannys Gedanken verharrten kurz und glitten dann in eine neue Richtung… Sehr wahrscheinlich gehörte Magrat nicht mehr zur ersten Kategorie. O ja, mit ziemlicher Sicherheit. Immerhin hatte sich der junge Verence ein hilfreiches Buch bestellt, mit Bildern und numerierten Abschnitten. Nanny wußte davon, weil sie sich einmal, während eines Besuchs, ins königliche Schlafzimmer geschlichen und zehn aufschlußreiche Minuten damit verbracht hatte, einige Gestalten mit gezeichneten Schnurrbärten und Brillen zu versehen. Selbst Magrat und Verence mußten früher oder später verstehen, worauf es bei gewissen Dingen ankam… Ja, zweifellos wußten sie Bescheid, obwohl sich Verence angeblich danach erkundigt hatte, wo man falsche Schnurrbärte kaufen konnte. Vermutlich dauerte es nicht lange, bis Magrat für die zweite Kategorie in Frage kam, auch wenn sie und ihr Angetrauter langsame Leser waren.
    Natürlich wies Oma Wetterwachs immer wieder auf ihre Unabhängigkeit und Selbständigkeit hin. Aber um richtig unabhängig und selbständig zu sein, brauchte man jemanden, dem man es zeigen konnte. Leute, die keine anderen Leute brauchten, mußten anderen Leuten zeigen, daß sie Leute waren, die keine anderen Leute brauchten.
    Ähnlich sah es mit Eremiten aus. Welchen Sinn hatte es, sich etwas abzufrieren, während man auf irgendeinem Berg hockte und mit dem Unendlichen kommunizierte, wenn nicht gelegentlich leicht zu beeindruckende Frauen kamen und »Donnerwetter« sagten?
    Es mußten wieder drei sein. Es wurde richtig aufregend, wenn ein Hexenzirkel aus drei Hexen bestand. Dann gab es Streitereien und Abenteuer und Dinge, über die sich Oma ärgern konnte. Und Oma Wetterwachs war nur zufrieden, wenn sie sich ärgerte. Nanny glaubte sogar, daß ihr vor allem der Ärger ermöglichte, Oma Wetterwachs zu sein.
    Ja. Sie brauchten eine dritte Hexe.
    Die Alternative waren graue Flügel in der Nacht oder die zuknallende Backofenklappe.
     
    Das Manuskript fiel sofort auseinander, als Herr Ziegenberger danach griff.
    Es bestand nicht einmal aus richtigem Papier. Jemand hatte es auf leere
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