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Mueller und die Tote in der Limmat

Mueller und die Tote in der Limmat

Titel: Mueller und die Tote in der Limmat
Autoren: Raphael Zehnder
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Sonne gehen unter, aber von hier aus völlig unsichtbar, weil verdeckt und leichte Flussbiegung, hinter der Coop-Mühle, die jetzt modern «Swissmill» heisst. Schon dynamischer, wirklich angenehm. Und der Müller zwar Mitte vierzig, aber noch immer recht ansehnlich, vor allem Humor hat er, was ja bei Frauen immer gut ankommt.
    Aber heute keine Lust auf Bei-Frauen-gut-Ankommen. Nämlich wenn unter deinem Platz auf dem hölzernen Sonnendeck über dem, Achtung neu: «smaragdgrün» schimmernden Wasser der Limmat dir plötzlich eine Frauenleiche hervorstrudelt, das klemmt dir doch die Libido vollkommen ab. Kannst du mir glauben. Und Sex ist ohnehin masslos überschätzt, denkt der Müller. Darum driftet er fraglos allein in die Wohnung nach Wiedikon. Zuerst sofort Filzpantoffeln an wegen Nachbarin von unten. Reklamierte wegen «Trittschall» vom Müller. Dabei machen die Kinder vom Schulhaus gegenüber viel mehr Krach (aber nicht jetzt, weil mitten in der Nacht und sowieso Schulferien, weil immer Sommer). Er wirft den Computer an, schaut die Elektropost. Ist nichts Wichtiges, daher gleich die schlaue Suchmaschine reingeworfen und «Sandra Molinari» hineingegeben. Jetzt wird es nämlich konkret, und deshalb muss der Müller beim Ermitteln immer aufpassen. Man merkt jetzt, dass Kultur sogar in der Welt des Verbrechens wichtig ist. Da musst du zuerst nachdenken und kannst nicht einfach wild drauflosholzen wie Harry Callahan von «Dirty Harry». Nämlich in der wirklichen Polizeiarbeit geht es folgendermassen: Jeder Mensch hat neben dem Vornamen, mit dem ihn seine Eltern, Schwestern und Freunde rufen, auch noch einen Familiennamen, mit dem zitiert ihn der Chef ins Büro, das Steueramt vor Gericht und die Polizei auf den Posten. Oder eben der Müller in der Suchmaschine.
    Die schlaue Suchmaschine ist nicht auf den Kopf gefallen, findet etwas, und zwar das, was folgt. Achtung wichtig, Kostprobe aus dem vollelektronischen Internet auf der Welt. Es weiss viel, zum Beispiel:
    «Sandra Molinari, geboren 1978 …», also erst 34, rechnet der Müller und denkt sogleich: Gab einmal eine Zeit, wo ich das alt fand. Aber er hält sich nicht weiter mit Wehmut und Denken und so auf, weil grosser Schmerz, wenn das alles emporbricht wie Ätna aus U-Bewusstsein, also liest er weiter:
    «… in Zürich, Sängerin und Gitarristin in den frühen neunziger Jahren bei Hellhound und Spitfire , von 1994 bis 1999 ausschliesslich bei Spitfire . Nachfolgeprojekt Wiedikon scheitert nach einem Album (2000). Solo mit den Platten ‹Good Night› (1999), ‹Andersch› (2003), ‹Meh!› (2006), ‹No meh!› (2010) auf ‹HeHo›- Tonträger recht erfolgreich. Hitparadenplätze soundso, Auszeichnungen die und jene, finanziell Werkbeiträge soundso. Management: Johnny Maurer».
    Scheint dem Müller recht fruchtbare Laufbahn mit Wechsel Englisch → Dialekt. Was ziemlich typisch. Und er sucht noch ein bisschen weiter im Netz und kommt zum Schluss:
    Hellhound = Underground. Spitfire mehrmals und solo Sandra Molinari immer sogar etwas Hitparade. Gehört zu den bekanntesten Musikerinnen aus Zürich. Das alles aufgrund Internet: Du weisst nichts, und klickklickklick bist du schon fast Experte. Auch die Polizei, sie kennt sich aus. Sie hat auch Internet. Da tippt und sucht und fahndet sie, genau wie im Leben ausserhalb der Digitalelektronik. Da bist du nicht sicher, wenn du etwas Böses im Schilde führst. Das Internet ist zwar gross, und aber auch die Intelligenz der Polizei, zum Beispiel von Müller.
    Und der Müller weiter auf nächtlicher Recherche, sieht Symbol: « MP 3» zum Herunterladen und Anhören. Tut der Müller. Mit Kopfhörern wegen der Nachbarin von unten. «Information ist Gold» (Polizeigrundregel). Musik: gar nicht schlecht, denkt er. Und findet ein Foto, nicht schlecht, denkt Müller. Sah vorhin im Wasser trotz achtunddreissig Stunden im Wasser (aber das weiss er ja noch nicht, sondern erst nach Autopsie-Bericht von Dr. Brenda Marquardt), also richtig: sah vorhin im Wasser trotz wie vielen Stunden wohl im Wasser genau so aus, gut getroffen: so Augen, Nase, Mund, das Gesicht ist rund.
    Weiter weiss das Internet in dem Müller seiner Wohnung noch eine Menge Buchstaben und Sinneinheiten mehr, aber die Plattenfirmeninfos … (beachten Sie diese vielsagenden drei Punkte, die sind schärfste Branchenkritik) … die Plattenfirmeninfos … meist unlesbar und warmes Stürmchen: alles toll, toll, toll und Erfolg hoch zwei und spielte früher bei
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