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Mrs. Pollifax macht Urlaub

Mrs. Pollifax macht Urlaub

Titel: Mrs. Pollifax macht Urlaub
Autoren: Dorothy Gilman
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schmerzenden Striemen auf seinem Rücken. Trotzdem wünschte sie, er würde seinen Zorn zügeln.
»Kommen Sie!« forderte Ibrahim ihn nun ernst auf und öffnete die Zeltklappe, um sie beide einzulassen. Von einer kleinen Laterne abgesehen, war es dunkel im Zelt. Sie brannte neben einer Lagerstätte aus vielen Teppichen, auf der ein Mann schlief. Das Licht fiel nur auf eine Gesichtshälfte. Ein drahtiger schwarzer Bart war zu erkennen, eine markante Nase und graumeliertes schwarzes Haar.
Ibrahim sagte: »Jetzt werden Sie verstehen, weshalb die irakische Mukhabarat uns unbedingt finden mußte. Um uns zu töten.«
»Mein Gott!«, hauchte Farrell mit weit aufgerissenen Augen. »Dib Assen - und er lebt!«
Der Mann auf der Couch rührte sich, schlug die Augen auf und betrachtete sie verwirrt. »Wer...«, begann er. Dann wisperte er: »Das ist doch nicht möglich!« Und schon rief er begeistert: »Farrell!«
    Mrs. Pollifax legte die Hand sanft auf Ibrahims Arm. »Kommen Sie«, sagte sie leise und zog ihn aus dem Zelt in die Sonne. »Ich glaube, wir würden jetzt nur stören. Aber bitte erzählen Sie, Ibrahim. Er ist wie Lazarus von den Toten auferstanden! Erklären Sie mir bitte, wie? Sie müssen wissen, daß alle Zeitungen Europas und Amerikas über seinen Tod berichteten!«
    Die Sonne schmerzte nach der Dunkelheit im Zelt, und Ibrahims Stimme klang rauh. »Erklären? Erinnern? So viele Meilen zurück?« Er schüttelte den Kopf. »So viele Meilen zurück! Aber diese Auferstehung von den Toten, wie Sie sagen, bedarf einer Erklärung. Ja.« Er starrte stumm in die Wüste, als zwinge er sich, sich zu erinnern. »Sie waren so selbstherrlich«, begann er. »Wie könnte sich auch jemand in einem Land mit so vielen Denunzianten und Informanten verstecken oder fliehen? Noch dazu, wenn er so bekannt ist. Sie hatten ihn schon früher verhaftet, und Assen hatte sich nie versteckt. Aber es gibt noch ein paar anständige, mutige Menschen«, fuhr er leise fort. »Einer davon arbeitete bei... Nun, er kannte Assen... Aber mehr sage ich nicht.« Das Reden fiel ihm schwer. Er schien unendlich erschöpft zu sein. Sie hoffte, dergleichen nie erleben zu müssen, und wartete geduldig.
    Nach einer Weile fuhr er fort: »Sie waren so überheblich - so eingebildet! Sie gaben bekannt, daß sie ihn verhaftet hätten, noch ehe sie sich auf den Weg machten, es zu tun. Und warum auch nicht? Wohin hätte er fliehen können? Doch er war gewarnt worden - im letzten Augenblick. Minuten, ehe sie sein Haus erreichten, hatte er es verlassen. Drei von uns. Um zu fliehen. Können Sie sich ihre Wut vorstellen? Ihre Verlegenheit? Ihre Demütigung? Um ihr Versagen zu vertuschen - ihre Dummheit - und das war schlau von ihnen -, gaben sie seinen Tod bekannt. Natürlich waren sie der Meinung, daß er schon bald wirklich tot sein würde.«
    »Aber er hat überlebt.«
»Ja.« Sie schwiegen, dann sagte Ibrahim: »Er war dem Tod sehr nah, als wir gefunden wurden. Und er ist auch jetzt noch nicht kräftig - oder sicher.«
    »Geht es ihm gut genug, um das Lager zu verlassen?«
    Ibrahim gestikulierte hilflos. »Um wohin zu gehen? Die Mukhabarat hat einen langen Arm. Nach Amman? Es gibt viele Überläufer aus dem Irak in Jordanien - Tausende anständiger Menschen -, aber kann auch nur einer davon, kann überhaupt irgend jemand ihn vor der Geheimpolizei seines Heimatlandes beschützen?«
    »Sein Manuskript«, Mrs. Pollifax runzelte die Stirn, »enthielt es wirklich Geheiminformationen, die niemandem in die Hände fallen sollten?«
    Er nickte. »O ja. Ich hatte zwar nicht die Ehre, es zu lesen - es war versteckt gewesen, und wer kann schon in der Wüste lesen?
-, aber er erzählte mir bei unserem Marsch durch die Wüste, daß er die Handlung an echten Orten angesiedelt hatte, daß sich dort Fabriken befanden, die vor den Inspektoren der UNO versteckt wurden, und im Manuskript verwendete er einen Kode, um mitzuteilen, wo was hergestellt wurde. Botulismus-Erreger nahe einer Ortschaft und in einer anderen Rizin. Beides führt zu einem grauenvollen Tod. Jetzt, da es das Manuskript nicht mehr gibt, ist alles nur noch in seinem Gedächtnis vorhanden. Deshalb müssen sie ihn aufspüren und umbringen!«
    »Das muß unbedingt verhindert werden!« sagte Mrs. Pollifax leidenschaftlich. »Er muß in die Vereinigten Staaten kommen, nur...« Jetzt erst wurde ihr das Problem bewußt. »Wie bekommen wir ihn ohne Hilfe aus diesem Land, ja auch nur nach Amman, ohne ihn zu gefährden, ohne das
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