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Mr. Shivers

Mr. Shivers

Titel: Mr. Shivers
Autoren: Robert Jackson Bennett
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Zivilisationen beobachtet hatten.
    Da verzerrte sich sein Gesicht vor Wut. Graue nadelspitze Zähne blitzten im Feuerschein auf. »Nein!«, brüllte er. »Ich lasse nicht zu, dass du das tust! Ich lasse nicht zu, dass du das tust!«
    Er sprang auf die Füße, und Connelly schoss, aber es war zu spät. Der Schuss ging daneben und durchschlug nur den Mantel des Narbenmannes. Lehm und Knochen zerplatzten hinter ihm, als die Kugel den Höhlenboden traf. Das Silbermesser stach zu, und Connelly hob den Arm, um es abzuwehren, aber es fuhr quer über seine Rippen. Er schrie auf, und der Narbenmann versuchte, es weiter nach oben in seine Brust zu stoßen. Aber Connelly bekam ihn zu fassen und stieß ihm den Kopf ins Gesicht. Wo seine Stirn mit dem entstellten Mund seines Gegners zusammenprallte, flammte der Schmerz dutzendfach auf. Dann stieß er den Narbenmann zurück und hielt sich die Wunde in der Seite; sofort tropfte Blut von seinen Knöcheln.
    Der Narbenmann warf sich wieder auf ihn, zog die Klinge über Connellys Schulter, dann über Hals und Wange. Er schien nur aus Mantel und Zähnen und Messer zu bestehen. Schmerz flammte an Connellys Handgelenk und Knie auf. Er stolperte zurück und sah die eiskalte Messerspitze erneut durch die Luft auf sich zurasen. Ohne nachzudenken, drückte er die Pistole wieder ab, der Mündungsblitz warf Schatten auf die Höhlenwand, und der Narbenmann keuchte auf und griff sich ans Bein. Dann knurrte er, täuschte einen Seitwärtssprung an und hechtete wieder nach vorn. Connelly verspürte einen lähmenden Schmerz in seinem Bein, sackte auf ein Knie, als das Bein unter ihm nachgab, und kämpfte darum, nicht umzukippen. Er hielt den linken Arm wie einen Flügel nahe an den Leib, den Körper von tausend Wunden gezeichnet. Der letzte Schuss schien seinen Gegner erschüttert zu haben, aber er sammelte seine Kraft und warf sich knurrend wie ein Tier nach vorn. Connelly stieß mit dem Rücken gegen die Felswand, stemmte den Revolverlauf in die Höhe und feuerte.
    Stille trat ein. Connelly wartete darauf, dass ihn das Messer traf, sich an seinen Rippen vorbeigrub und sein Herz zerfetzte, bis es kalt war. Aber dazu kam es nicht. Da war nichts außer dem Gestank von verbranntem Schießpulver in der Luft und den Schmerzen in seinen Beinen und seiner Seite. Der Revolver ruhte heiß und schwer auf seinem Bauch. Irgendwo in der Höhle atmete jemand langsam aus.
    Connelly schlug die Augen auf und sah, dass der Narbenmann wieder auf den Boden gesunken war. Das Silbermesser lag jetzt neben ihm. Er hielt sich den Bauch, atmete vorsichtig, nahm die Hand weg und starrte auf den Fleck auf seiner Handfläche.
    Dunkelrot. Rot genug, um fast schon schwarz zu sein.
    »Hab ich dich«, sagte Connelly leise. »Endlich hab ich dich.«
    Der Narbenmann schüttelte den Kopf. Sein Mund öffnete und schloss sich wie bei einem Fisch, der auf dem schlammigen Ufer gestrandet war und von der Luft erstickt wurde. »Narr«, sagte er leise. »Nichtsnutziger Narr.« Dann versuchte er aufzustehen. Das erste Mal scheiterte er und trat die Laterne um. Das primitive Glas brach, und Feuer blutete auf den felsigen Boden. Dann kämpfte er sich auf die Füße und stolperte unsicher zurück, bis er an der Wand lehnte, die Hand noch immer auf den Bauch gedrückt. »Du gottverdammter Narr«, keuchte er.
    »Hab ich dich, du Scheißkerl«, sagte Connelly.
    »Du wolltest ja nicht zuhören. Wolltest einfach nicht zuhören.«
    Die Feuerpfütze breitete sich aus. Das veränderte die Helligkeit in der Kammer. Dann glaubte Connelly einen Augenblick lang anstelle von Shivers den jungen blonden Mann in der Höhle stehen zu sehen. Der junge blonde Mann aus seinen Träumen. Dann veränderte sich das Licht erneut, und er war wieder Shivers, aber trotzdem konnte Connelly irgendwo unter all den uralten Narben und dem ewigen Zorn noch immer dieses traurige junge Gesicht ausmachen, die rot gesalbte Stirn …
    »Hast du … hast du wirklich geglaubt, du wärst der Erste?«, fragte der Narbenmann. Der Atem pfiff tief aus seiner Brust. Er hustete, und seine Zähne funkelten rötlich. »Oder ich? Sieh dich doch um. Sieh sie dir an. Hast du … Wie konntest du nur …« Dann hustete er wieder und stieß sich von der Wand ab. Er stolperte in den dahinterliegenden Tunnel und wurde von der Finsternis verschluckt.
    »Nein! Nein!«, sagte Connelly und rief seinen zerschundenen Körper zur Ordnung, stand auf und trat über die Flammenpfütze. Er warf einen Blick
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