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Mr. Sex

Mr. Sex

Titel: Mr. Sex
Autoren: Carolin Mueller
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und dass sie auf Frauen steht?“
    Wieder schüttelte ihn ein heftiger Weinkrampf. Ich kniete vor ihm und hielt seine Hände in meinen. Meine Daumen streichelten seine kühle Haut.
„Nein, Josh“, antwortete ich ehrlich, „ich wusste nicht, dass sie und Angelina...“
    Ich konnte den Satz nicht zu Ende sprechen. „Und ich bin mir sicher, dass sie dich liebt, Josh“, erklärte ich. „Aber irgendwie ist sie wohl im Moment - verwirrt. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie jetzt auf Frauen stehen soll. Sie hat noch nie, wirklich noch nie so etwas erwähnt. Und ich weiß, dass sie dich liebt.“
    Nach einer kurzen Pause sagte ich noch:
    „ Ich weiß auch nicht, was sie da geritten hat. Ich bin auch echt sauer auf sie und ...“
    Doch ich konnte sie auch verstehen. Wenn sie sich nur annähernd so zu Angelina hingezogen fühlte, wie ich zu Wigald, konnte es keine andere Entscheidung geben. Und doch konnte ich ihr Verhalten nicht gut heißen.
    „ Weißt du“, sagte Josh leise, „sie war so komisch in den letzten Wochen, so zurück gezogen. Ich schob es darauf, dass sie ein bisschen kalte Füße bekommen hatte wegen der Hochzeit. Ja, und ich glaube, nein, ich bin mir sicher, sie wollte mir in den letzten Tagen irgendetwas Wichtiges sagen. Aber ich bin nicht darauf eingegangen.“
    Wigald reichte ihm ein kühles Weizenbier und mir eine Cola. Wir gingen alle nach Drinnen, da die Nacht zu kühl wurde. Wir redeten noch über eine Stunde bis Josh irgendwann in seinem schönen Hochzeitsanzug auf der Couch eingeschlafen war. Ich zog ihm die auf Hochglanz polierten Schuhe aus und deckte ihn zu, den einsamen, unglücklichen,  gehörnten Bräutigam!
    Wigald sagte, er sei müde und gehe nach oben in seine Wohnung. Ich begleitete ihn noch bis zur Tür. Wir gaben uns einen langen Kuss. Wie gerne hätte ich heute Nacht in seinem Arm gelegen, mich an ihn gelehnt, ihn gespürt, ihn gerochen, Geborgenheit gefühlt. Aber es war wohl nicht der richtige Zeitpunkt.

„War ziemlich Scheißendreck-Hochzeit“, meinte Kemal, als wir die Treppe nach oben zu unseren Schlafzimmern gingen.“
„Das kannst du laut sagen“, erwiderte ich. „Schlaf gut und sei nicht allzu traurig wegen Angelina. Da kannst du einfach nichts machen.“
    „ Ne, kann ich nix machen“, antwortete er gähnend und begann sein Hemd aufzuknöpfen. „Bin zu haarig auf der Brust. Mag sie wohl nicht.“
    Er zupfte an seinen schwarzen, lockigen Brusthaaren und wir lachten frustriert.
    Meine Träume waren verwirrend, surreal und wenig erholsam.

Als ich am nächsten Morgen aufgestanden war, saß der total verkaterte Josh immer noch in unserem Wohnzimmer. Er wolle nicht nach Hause gehen, aus Angst, dass Lisa dort auftauchen könnte. Er durfte selbstverständlich bleiben und ich machte ihm einen großen Pott starken Kaffee.
Ich versuchte erfolglos Lisa auf dem Handy zu erreichen. Wo sie nur stecken mochte? Frau Süß und auch Joshs Mutter riefen bei uns an und fragten nach ihren jeweiligen Kindern. Kein Mensch wusste, wo Lisa und Angelina waren. Beide Mütter waren jedoch froh, dass Josh bei uns war und sich nichts angetan hatte. Wir wären tolle Freunde, sagten sie. Joshs Vater wollte ihn abholen, ab dieser weigerte sich: „Das kann ich mir jetzt echt nicht geben“, sagte Josh zu Kemal
und mir, „mein Vater, der mich nur zu labern und keinen Moment mal darauf hören würde, was ich zu sagen habe, wie ich mich fühle. Nein, das geht echt nicht. Ich will bei euch bleiben!“
„Du darfst so lange bleiben, wie du willst, mein Freund“, sagte Kemal und klopfte ihm die Schulter.
    „ Ich bin froh“, gestand Josh, „dass ich euch habe. Und dass ihr euch so um mich kümmert. Ich wüsste echt nicht, was ich ohne euch machen sollte.“ Und wieder fing er an zu weinen.

Wigald kam um 12.00 Uhr auf einen Kaffee vorbei. Auch er sah noch ziemlich müde aus.
    „ Ich wollte mich noch verabschieden. Ich fahre in zwei Stunden mit der siebten Klasse meiner Kollegin für fünf Tage auf Klassenfahrt.“ Bedauernd hob er die Schultern.
„Das wusste ich ja gar nicht“, antwortete ich entsetzt und war mir sicher, dass ich die Woche ohne ihn nicht überleben würde.
„Ich auch nicht.“
    Wigald streichelte mir über die Wange.
    „Meine Kollegin hatte gestern Abend einen Fahrradunfall und hat sich beide Arme gebrochen. Und wenn ich jetzt nicht einspringe, muss die ganze Fahrt abgesagt werden. Und du kannst dir vorstellen, was das für die Schüler bedeuten würde.
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