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Mr. Fire und ich, Band 5 (German Edition)

Mr. Fire und ich, Band 5 (German Edition)

Titel: Mr. Fire und ich, Band 5 (German Edition)
Autoren: Lucy Jones
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geschossen, obwohl diese Frau einige Jahre älter ist als ich und ich sie kaum kenne. Ich kann nicht erklären warum, aber sie gibt mir Vertrauen. Überhaupt haben wir uns von Anfang an geduzt.
    Die Antwort, die sie tippt, ist unverblümt:
    „Sie schlägt alle in die Flucht.“
    Von wem redet sie?
    Als hätte sie meine Gedanken erraten, tippt Agathe:
    „Erst ihren Sohn. Dann meinen Vater. Beide sind weggegangen. Schon vor langer Zeit.“
    „Daniel kommt oft nach Sterenn Park zurück!“
    „Ich spreche nicht von Daniel.“
    Jetzt bin ich ein bisschen verwirrt ...
    Doch bevor ich sie um weitere Erklärungen bitten kann, erscheint eine Frage auf dem Bildschirm:
    „Julia, kannst du mir helfen, meinen Vater wiederzusehen?“
    Daniel kommt in Agathes Zimmer, ohne anzuklopfen. Sein Lächeln ist breit und seine Stimme klingt aufgesetzt:
    „Agathe, darf ich Julia wieder haben? Wir wollten vor dem Abendessen noch einen Spaziergang am Meer machen.“
    Sie gibt ihrem Bruder ein unbestimmtes Zeichen mit der Hand und deutet auf die Tür. Agathe sieht mich nicht mehr an. Sie löscht den Inhalt unserer Diskussion. Bevor ich Daniel aus dem Zimmer folge, sehe ich ein letztes Mal zu ihr hinüber. Unsere Blicke kreuzen sich. Meine Lippen schaffen es gerade noch, ein lautloses „Ja“ zu formen, bevor Daniel mich hinauszerrt.

4. Irrungen und Wirrungen
    Daniel redet kein Wort mit mir, bis wir den Landsitz verlassen haben. Er ist sichtlich verärgert. Ohne es zu wollen, habe ich mich in ihre Beziehung eingemischt. Andererseits nehme ich an, dass Agathe nicht oft Gelegenheit hat, neue Leute kennenzulernen.
    Diese Familie ist wirklich kompliziert!
    Wir gehen die Landstraße entlang in Richtung Meer. Ich betrachte die Landschaft. Ich kenne weder die Bretagne noch England und finde diesen Ort wunderschön. Alles sieht genau so aus, wie ich es mir vorgestellt hatte, als ich die großen romantischen Tragödien las! Wir gelangen an einen Aussichtspunkt, der vermutlich nicht oft von Touristen genutzt wird, denn er ist sehr schwer zugänglich. Daniel muss mich ein paarmal an der Taille nehmen, damit ich nicht stürze. Dieser wohlige Kontakt einige Meter über dem Boden elektrisiert mich.
    Von unserem Standpunkt aus können wir mehrere kleine Inseln erkennen, auf denen Meeresvögel landen. In der Ferne steht ein Leuchtturm. Zu unseren Füßen schlagen unter lautem Tosen stürmische Wellen gegen die Felsen. Der Abend bricht herein und es wird langsam frisch. Ich möchte lieber nicht wissen, wie dieser Ort im Winter aussieht! Im Hochsommer ist er ideal für Treueschwüre und feurige Liebeserklärungen.
    „Was wollte Agathe?“
    Ja, ich träume auch nur von deinem Körper, Daniel, und bin entzückt, dass du dasselbe für mich empfindest ...
    „Mir ihre Arbeit zeigen“, erwidere ich, ohne ihn anzusehen.
    Das ist keine Lüge. Teilweise sage ich ja die Wahrheit.
    „Ist das alles?“, hakt er skeptisch nach.
    „Ja. Du hattest Recht: Deine Schwester hat ein unglaubliches Talent. Schade, dass sie den Landsitz nie verlässt ...“
    Bloß keine Fragen stellen. Ich möchte auf keinen Fall, dass er mich hier allein lässt, mitten in der Wildnis.
    „Das stimmt“, erwidert Daniel nachdenklich. „Sie könnte so viele Dinge tun ... Es ist ihre Entscheidung. Sie kann Menschenmengen, Unbekannte und längere Beziehungen mit anderen nicht ertragen. Hier fühlt sie sich sicher.“
    „Daniel ... da ist etwas, das Agathe mir gesagt hat ...“
    „Was? Sie hat gesprochen?“
    Was bin ich für ein Tollpatsch!
    Daniel wirkt beunruhigt und zugleich panisch. Er packt mich an den Schultern.
    „Nein, entschuldige ... Es tut mir leid. Wir haben die Chatfunktion genutzt, an ihrem Computer.“
    Er stößt einen Seufzer aus. Aus Erleichterung? Oder Enttäuschung? Schwer zu sagen. Was soll's. Trotzdem muss ich ihn etwas fragen. Zumindest habe ich dann Gewissheit:
    „Daniel, hast du einen Bruder?“
    „Wie bitte?“
    Meine Frage scheint ihn wirklich zu überraschen. Vielleicht habe ich Agathes Satz falsch interpretiert?
    Daniel lässt mich los und geht ein paar Schritte zurück.
    „Ich hatte einen Bruder. Er ist vor meiner Geburt gestorben.“
    Also wirklich, mein Kind, wann wirst du endlich lernen, deine Zunge im Zaum zu halten?
    „Daniel, das tut mir wirklich leid ... Ich wollte keineswegs ...“
    Er hebt beschwichtigend die Hand.
    „Agathe ist sieben Jahre älter als ich. Jérémie wurde geboren, als sie zwei war. Drei Jahre später ist er gestorben. Wir
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